Kuendigungsfristen und BGB 193

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Hallo "DerCAM",

wenn Sie danach fragen, ob § 193 BGB auch auf Kündigungsfristen für Miet-, oder Arbeitsverhältnisse anzuwenden ist, so ist dies zu verneinen (vgl. BGH NJW 2005,1354, 1355). Es findet weder ummittelbar, noch analog eine entsprechende Anwendung statt. Ist also z.B. spätestens am Fünfzehnten eines Monats für den Ablauf dieses Monats zu kündigen, wie in den §§ 573 c Abs. 3 BGB und 621 Nr. 3 BGB bestimmt, bleibt es bei dieser Frist auch dann, wenn der Fünfzehnte ein Sonntag, Sonnabend oder Feiertag ist (vgl. BGHZ 59, 265, 268).

DerCAM 
Fragesteller
 10.01.2014, 12:02

Es geht mir aber nicht um den Zugangstermin der Kuendigung (hier waere BGB 193 tatsaechlich nicht anwendbar) sondern die Leistung, die spaetestens am letzten Tag der Kuendigungsfrist zu erbringen ist (z.B. Rueckgabe der Mietsache). Damit hat sich der BGH im angefuehrten Fall aber gar nicht beschaeftigt.

WillLoman  10.01.2014, 12:14
@DerCAM

Entschuldigung, da habe ich Ihre Frage Mißverstanden.

Wenn Sie nach dem Zeitpunkt zur Rückgabe der Mietsache fragen, so gilt Folgendes: Die Beendigung des Mietverhältnisses richtet sich hauptsächlich nach § 542 BGB. Danach ist die Mietsache nach Beendigung des Mietverhältnisses zurückzugeben. Endet das Mietverhältnis mit Ablauf eines Tages, ist die Sache am darauf folgenden Tag zurückzugeben. Dies ergibt sich aus dem des klaren Wortlaut der Bestimmung des § 546 BGB. Ist der auf das Ende des Mietverhältnisses folgende Tag ein Samstag, Sonntag oder gesetzlicher Feiertag, wird die Rückgabe nach § 193 BGB am darauf folgenden Werktag fällig (vgl. auch Bieber in Münchener Kommentar BGB, Stand 6. Auflage 2012, § 546 Rn. 15).

Silverstring  10.01.2014, 16:31
@DerCAM

sondern die Leistung, die spaetestens am letzten Tag der Kuendigungsfrist zu erbringen ist (z.B. Rueckgabe der Mietsache)

Die Mietsache gibt man nicht am letzten Tag der Kündigungsfrist zurück, sondern mit Ablauf des Vertrages ;o)

Gerhart  10.01.2014, 16:59
@Silverstring

Das kann so gehändelt werden - aber das BGB spricht eindeutig von der Rückgabe der Mietsache NACH Beendigung des Mietverhältnisses, was wohl dann verpflichtend für die Parteien gelten muss.

Silverstring  11.01.2014, 07:29
@Gerhart

Ja, eben: Nach Beendigung des Mietverhältnisses, nicht (spätestens) am letzten Tag der Kündigungsfrist.

WillLoman  02.03.2014, 09:09
@DerCAM

Vielen Dank für die Auszeichnung.

Ein zu einem bestimmten Datum fristgerecht gekündigter Arbeitsvertrag läuft mit dem Beendigungsdatum ab, egal was für ein Wochentag.

Ich zitiere Dir mal aus dem Kommentar zum Kündigungsschutzrecht von Kittner/Däubler/Zwanziger:

"Für die Fristberechnung gelten die §§ 186 ff. BGB. Allerdings ist § 193 BGB, der sich mit den Auswirkungen von Samstag, Sonntag und gesetzlichen Feiertagen befasst, nicht anwendbar (BAG 5.3.1970, AP Nr. 1 zu § 193 BGB)." Der Tag des Zugangs der Kündigung, der die Frist auslöst, wird nicht mitgezählt (§ 187 Abs. 1 BGB). Daher läuft die Frist an dem Tag ab, der in der maßgeblichen Woche oder dem maßgeblichen Monat in seiner Bezeichnung dem Tag entspricht, an dem die Kündigung zugeht. Gibt es diesen Tag bei einer Monatsfrist nicht, ist der letzte Tag des Monats maßgeblich."

Mehr Begründung kann ich Dir leider nicht liefern.

Nein, der § 193 BGB findet keine Anwendung. In den entspr. §§ zur Kündigung heißt es immer "zum Monatsende". Das kann dann auch ein Feiertag oder Sonntag sein. Darauf haben sich die Vertragsparteien einzustellen, Etwas anderes kann natürlich vereinbart werden. Du wirst nirgendwo im BGB oder in der Rechtsprechung bezüglich Wohnraumkündigung etwas anderes finden. Im Gegenteil, es wird bekräftigt, dass so zu verfahren ist, dass das Monatsende für die Beendigung gilt. Bei Mietbeginn ist es ähnlich. Fällt dieser auf einen Sonn- oder Feiertag, so muss der Vermieter sich drauf einrichten, spätestens an diesem Tag die Wohnung zu übergeben. Macht er das nicht, darf der Mieter fristlos kündigen. Beispiel Mietbeginn 1. Januar 2014. Ist ein Feiertag, Vermieter hat keine Lust die Wohnung an diesem Tag an den Mieter zu übergeben, also darf dieser fristlos kündigen.

§ 193 BGB

Ist an einem bestimmten Tage oder innerhalb einer Frist eine Willenserklärung abzugeben oder eine Leistung zu bewirken...

Das Ende eines Arbeits- oder Mietvertrages ist weder eine Willenserklärung, noch eine Leistung, sodass § 193 BGB hier nicht anzuwenden ist.

anitari  10.01.2014, 11:24

Eine Kündigung ist eine Willenserklärung.

HH1887  10.01.2014, 11:33
@anitari

Eine Kündigung ist eine Willenserklärung

Damit hast du Recht. Aber das Ende eines Mietvertrages nicht. Die Willenserklärung (Kündigung) ist in der Regel drei Monate vor Ende des Mietvertrages ergangen. Auf diese ist dann auch § 193 BGB Anwendbar. Das faktische Ende ist dagegen keine Willenserklärung mehr!

DerCAM 
Fragesteller
 10.01.2014, 11:36
@HH1887

Nein, auf den Zugang der Kuendigung ist BGB 193 gerade nicht anwendbar weil dieser weder innerhalb einer bestimmten Frist noch an einem bestimmten Tag erfolgen muss.

HH1887  10.01.2014, 13:09
@DerCAM

Damit hast du Recht.

Trotzdem bedarf eine Kündigung des Zugangs. Und dieser wird (zumindest wenn sie nicht persönlich ausgesprochen wird) nur angenommen, wenn der Brief zur "üblichen Leerungszeit" in den Briefkasten gelangt. Am Sonn- und Feiertag geht die Kündigung demnach nicht zu, was am Sonn- und Feiertag faktisch genau die selben Auswirkungen hat, als ob der § 193 BGB anwendbar wäre.

Über eine "übliche Leerungszeit" am Samstag kann man jetzt gerne streiten... ;-)

DerCAM 
Fragesteller
 10.01.2014, 11:34

Na ja, zumindest beim Mietvertrag bestuende die zu erwirkende Leistung in der Rueckgabe der Mietsache. Diese muesste doch dann im angegebenen Beispiel (Monatsletzter ist ein Samstag) nach meinem Verstaendnis des BGB 193 erst am 2. des Folgemonats erfolgen (sofern dies kein Feiertag ist).

Ich mag das zwar nicht so recht glauben, finde aber einfach keine Rechtsgrundlage dafuer, dass die Mietsache in einem solchem Fall dennoch bereits an dem betreffenden Samstag zu uebergeben ist.

Beim Arbeitsvertrag bestuende die zu erbringende Leistung in der Uebergabe des Arbeitsplatzes sowie der Arbeitsmittel. Die wird aber i.d.R. wohl sowieso nicht an einem Sonntag erfolgen.

HH1887  10.01.2014, 11:39
@DerCAM

Na ja, zumindest beim Mietvertrag bestuende die zu erwirkende Leistung in der Rueckgabe der Mietsache.

Du hast Recht. Ich mache mich mal schlau...

HH1887  10.01.2014, 11:51
@HH1887

Also nach kurzer Recherche ist es wohl so:

Auf das Ende des Mietvertrags selber hat § 193 BGB keine Auswirkung. Ist zum 31. gekündigt, so endet der Mietvertrag an diesem Tage, egal welcher Wochentag ist.

§ 546 Abs.1 BGB

Der Mieter ist verpflichtet, die Mietsache nach Beendigung des Mietverhältnisses zurückzugeben.

Das Mietverhältnis endet am 31. um 24:00, die Rückgabepflicht beginnt also ab dem 01. 0:00 (Was eigentlich die selbe Uhrzeit ist...) Auf diesen Termin ist § 193 BGB anwendbar! Es kommt also nicht darauf an, ob der letzte Tag der Mietvertrags ein Sams-, Sonn- oder Feiertag ist, vielmehr ob der Tag danach ein solcher ist! Ist der 1. ein solcher Tag, verschiebt sich die Herausgabepflicht auf den nächsten Werktag!

DerCAM 
Fragesteller
 10.01.2014, 11:55
@HH1887

Upps! Demnach muesste der Wohnraum erst am 3. des Folgemonats zurueckgegeben werden, wenn der Monatsletzte ein Freitag ist. Das kann ich jetzt aber noch weniger glauben.

HH1887  10.01.2014, 12:04
@DerCAM

Ich war gerade auch ein wenig überrascht, da ich mir über die praktische Relevanz in dem Fall noch nie Gedanken gemacht habe, aber nach dem Gesetzestext ist dies die Lösung. Eine Sondervorschrift ist mir hier nicht bekannt!

HH1887  10.01.2014, 12:56
@HH1887

Wobei mir gerade aufgefallen ist, dass auch praktisch kein Problem besteht. Der Mietvertrag des Nachmieters beginnt zwar am. Sa, den 01. aber die Gewährung der Mietsache nach § 535 Abs.1 BGB ist aber eine Leistung, auf die § 193 BGB anzuwenden ist. Beginnt der Mietvertrag also an einem Sams-, Sonn- oder Feiertag, so ist die Mietsache auch erst am nächsten Werktag zu übergeben!

Hier schließt sich der Kreis: Der Altmieter muss erst am ersten Werktag des Monats Übergeben und der Neumieter hat erst am ersten Werktag des Monats einen Anspruch auf Übergabe. (Über die konkreten Uhrzeiten dürfen sich die Parteien dann streiten...)

Silverstring  10.01.2014, 16:33
@DerCAM

die zu erwirkende Leistung ...

Auch hier noch einmal: Das Ende einer Frist ist nicht das Ende eines Vertrages!

Mikkey  16.01.2014, 20:04
@HH1887

Mit dieser Ansicht befindest Du Dich m.E. im Irrtum. Die Hauptpflicht des Vermieters besteht im Gewähren des ungehinderten Zugangs während der Mietdauer - ich habe vorsichtshalber doch nachgesehen:

Durch den Mietvertrag wird der Vermieter verpflichtet, dem Mieter den Gebrauch der Mietsache während der Mietzeit zu gewähren

Dies ist keine Leistung, die am 1. des Monats zu erbringen ist, sondern eine Leistung, die während der gesamten Mietdauer zu erbringen ist.

HH1887  16.01.2014, 21:02
@Mikkey

Die Hauptpflicht des Vermieters besteht im Gewähren des ungehinderten Zugangs während der Mietdauer

Richtig, aber zur Gewährung des Gebrauchs ist die Verschaffung der Sachherrschaft nötig. Dies ist eine Leistung, auf die § 193 BGB anwendbar ist.

Ich gehe (...) davon aus, dass (...) ein fristgemaess zum Monatsende gekuendigter (...) Mietvertrag auch dann am Monatsletzten endet, wenn dies ein Samstag, Sonntag oder Feiertag ist. Aber warum ist das so bzw. ist es tatsaechlich so?

Die Bestimmung des § 193 BGB dient dem Schutz und den Interessen desjenigen, der die Willenserklärung abzugeben hat. Wer innerhalb einer Frist eine Erklärung abgeben muß, soll davor bewahrt werden, daß das ihm zustehende Recht, die Frist bis zum letzten Tag auszunutzen, wegen der Arbeits- und Behördenruhe am Wochenende und an den Feiertagen verkürzt wird.

Bei Mietverträgen gilt dies aber nicht. Denn hierbei bedeutet, dass ein Mietverhältnis, dass mit einer Frist zu einem bestimmten Tag, dem Monatsletzten gem § 573 c I BGB, gekündigt werden kann weder, daß die Willenserklärung an einem bestimmten Tag abzugeben ist, noch, daß die Kündigung innerhalb einer Frist abgegeben werden müßte, wie es § 193 BGB voraussetzt :-)

Diese differenzierende Kasuistik nach Vertragsformen hat der BGH mit Urteil III ZR 172/04 bestätigt.

G imager761