Kann man als Privatperson auch jemanden (juristisch) diskriminieren?

2 Antworten

Strafbar - ein Verstoß gegen das AGG (Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz) ist nicht strafrechtlich relevant; es gibt auch keine Bußgelder - hier können die Betroffenen einen zivilrechtlichen Anspruch gerichtlich geltend machen.

Sachlich bezieht sich das Gesetz nach § 2 Abs. 1 AGG auf

  • die Bedingungen für den Zugang zu Erwerbstätigkeit sowie für den beruflichen Aufstieg, einschließlich Auswahlkriterien und Einstellungsbedingungen,
  • die Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen einschließlich Arbeitsentgelt und Entlassungsbedingungen,
  • den Zugang zu Berufsberatung, Berufsbildung, Berufsausbildung, beruflicher Weiterbildung sowie Umschulung und praktischer Berufserfahrung,
  • Mitgliedschaft und Mitwirkung in Gewerkschaften und Arbeitgebervereinigungen und Vereinigungen, deren Mitglieder einer bestimmten Berufsgruppe angehören,
  • den Sozialschutz, einschließlich der sozialen Sicherheit und der Gesundheitsdienste,
  • die sozialen Vergünstigungen,
  • die Bildung,
  • den Zugang zu und die Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, einschließlich von Wohnraum [allerdings nur abgestuft].

Das Grundgesetz bindet nur den Staat, seine Mitarbeiter während der Ausübung ihrer Tätigkeit und seine Institutionen. es gilt nicht bei Beziehungen zwischen Privatpersonen.

Im reinen höchstpersönlichen privaten Bereich, gilt weder das AGG noch das GG.

Ob man rechtlich benachteiligt wird, ist nicht immer so ganz klar - umgangssprachlich wird das zudem inflationär gebraucht und gefühlsmäßig hält man vieles für eine Benachteiligung, die aber rechtlich keine ist.

Beispiele, um den Unterschied deutlich zu machen:

In einem Verein sieht die Satzung vor, daß nur ein Mann Vorsitzender sein kann. Hier liegt keine Benachteiligung nach AGG vor, da ein Verein in die private Sphäre gehört und nicht von § 2 erfaßt wird.

Beschlüsse der Mitgliederversammlung sind nicht durch das AGG eingeschränkt, sofern es sich nicht um Angelegenheiten handelt, die in § 2 aufgeführt sind.

Dieser Verein ist nun der einzige Verein in einem Dorf im Umkreis von 100 km - hier kann nun ausnahmsweise das AGG greifen, weil der Verein eine Monopolstellung hat, und die Frau keine Alternativen zur Verfügung hat.

Der Verein möchte keine Frau als Bürokraft beschäftigen - hier liegt eine Benachteiligung gem. AGG vor, weil der Verein nun Arbeitgeber ist.

Ein vom Finanzamt anerkannter gemeinnütziger Verein nimmt keine Frauen als Mitglieder auf - hier liegt ein Verstoß gegen die Gemeinnützigkeitsregeln vor, denn gemeinnützige Vereine müssen jeden aufnehmen, sofern keine besonderen Gründe dagegen sprechen - die Gemeinnützigkeit müsste entzogen werden. Aber es wäre kein Verstoß gegen das AGG.

Dieser Verein müsste nun die Frau aufnehmen - nehmen wir an, es wäre ein Ruderverein - per Satzung könnte aber wiederum geregelt werden, daß die Frauen nicht rudern, sondern nur die Boote reinigen dürfen - das wäre wiederum keine rechtliche Benachteiligung.

Ein von Finanzamt anerkannter mildtätiger oder kirchlicher Verein nimmt keine Frauen als Mitglieder auf - das wäre keine Benachteiligung, da bei mildtätigen oder kirchlichen Zwecken der Zugang nicht jedem gewährt werden muß.

Eine Privatperson möchte keinen privaten Umgang mit einem Ausländer haben - das ist kein Verstoß gegen das AGG, da rein privat.

Ein Beamter im Dienst gibt einem Kollegen, der einen Migrationshintergrund hat, nicht die Hand bei der Begrüßung, wie allen anderen Kollegen - das wäre ein Verstoß gegen das AGG, weil das innerhalb eines Dienst-/Arbeitsverhältnisses geschieht.

Ein Angestellter beim Jobcenter gewährt Ausländern generell keine Bewerbungskostenerstattung - das wäre, neben einem Verstoß gegen dienstliche Vorschriften, ein Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot des GG aber kein Verstoß gegen das AGG.

Einem dunkelhäutigen Menschen wird eine Wohnung nicht vermietet und der Vermieter wohnt im selben Haus - das ist kein Verstoß gegen das AGG (Schutz des Eigentums gem. GG)

Ein Vermieter mit mehr als 50 Wohnungen weist ihn ab - das ist ein Verstoß gegen das AGG, weil es sich hier um ein Massengeschäft handelt.

Ein Vermieter, der nur eine Mietwohnung hat und nicht im Haus wohnt, lehnt ihn ab - das wäre ein Verstoß gegen das AGG - hier gilt aber der Schutz nur vor den Diskriminierungstatbeständen "Rasse" oder "ethnische Herkunft" - Homosexuelle können abgewiesen werden - sie wären nicht durch das AGG geschützt.

Ein Vermieter lehnt einen Ausländer als Mieter für Geschäftsräume ab - das wäre ein Verstoß gegen das AGG, weil es hier die berufliche Sphäre betrifft.