Jäger müssen keine Warnschilder aufstellen?


09.02.2022, 22:41

Nicht falsch verstehen - habe kein Problem damit, wenn da gejagt wird und man freundlich gebeten wird den Wald zu verlassen.

Mein Problem ist: Wieso stellt man auf den Hauptweg (und einzigen Zuweg) kein Warnschild auf? Klar kann man nicht alles Naslang ein Schild hinstellen - aber auf den Hauptweg?!? Wären ja auch gar nicht in den Wald gegangen, wäre da ein Schild gewesen.

5 Antworten

war letztens (bissel her) im Wald unterwegs um Pilze zu suchen - und plötzlich stand da ein Jäger vor uns mit seinem Gewehr, der "empört" war, dass wir gerade da waren...(war sehr unfreundlich und hat uns "verjagt")....die Sache ist aber - es war nirgends eine Absperrung oder ein Warnschild.

Es müssen in dem Fall keine Warnschilder aufgestellt werden. Es gibt keinerlei Gesetz dass das aktuell fordert und das war auch bisher nicht so.

Stehen denn an allen Straßen immer und überall Schilder "Vorsicht Autos" gefolgt von einem weiteren Schild "Vorsicht Radfahrer"?
Nein, denn das ist volkommen normal, das Du da jederzeit mit Autos und Radfahrern zu rechnen hast. – Und genauso normal ist es auch, das Du in der unbefriedeten Landschaft immer und überall mit einem Jäger zu rechnen hast. Auch wenn das heute vielen Menschen die abseits der Jagd groß geworden sind nicht mehr bewusst zu sein scheint.

Der Jäger ist quasi täglich und zu jeder Tageszeit immer mal wieder im Revier. Und wenn es nur mal eben für einen kurzen, täglichen Kontrollgang ist, zu dem er aber durchaus (falls sich die Gelegenheit dazu ergibt ein entsprechendes Stück Wild zu erlegen) seine Waffe dabei haben kann. Du musst also immer davon ausgehen in der Natur auch den dort zuständigen Jäger zu treffen.

Aber das er Dich / Euch verjagt hat, das war so (wenn es war wie Du es schilderst) natürlich auch nicht in Ordnung. Da müsste man dann die Vorgeschichte und die genauen Umstände kennen, um das zu bewerten.

 

Wie kann sowas erlaubt sein? Das stellt doch eine enorme Gefahr da, oder nicht?

Nein, stellt es nicht dar. Warum sollte das auch so sein?

Der Jäger schiesst nur, wenn

  • er niemanden in der Schussrichtung sieht ("das Schussfeld frei ist"),
  • er das Wild vorher "korrekt angesprochen hat" (also überprüft hat um was für ein Tier es sich da genau handelt und ob es z.B. irgendwelche bestimmten Merkmale, Krankheitssymptome etc. hat - er schiesst also nicht "einfach auf irgend etwas")
  • und wenn dort hinter dem Wild ein "Kugelfang gegeben ist", die Kugel also sicher gestoppt wird und nicht unkontrollierbar quer durch den Wald oder über das Feld weiter fliegt (falls versehentlich doch mal vorbei geschossen wird oder die Kugel den Wildkörper durchschlägt und dann theoretisch noch weiter fliegt).

Und ja, das ist eine große Verantwortung. Aber dessen ist sich jeder Jäger bewusst und entsprechend wird da auch drauf geachtet.

Und was die Wahrscheinlichkeit angeht "dass da versehentlich doch mal was passiert":

Versicherungsgesellschaften führen Statistiken über die verschiedenen Wahrscheinlichkeiten von Unfällen (das machen sie, da sie die benötigen um zu berechnen wie hoch die jeweiligen Versicherungsbeiträge sein müssen um die Schäden abdecken zu können).

Dabei hat mal jemand die ganzen verschiedenen (und teils absurden) Arten mit einander verglichen, wie schonmal jemand bei einem Unfall zu Tode gekommen ist.

Und bei diesem Vergleich kam heraus, das es in Deutschland wahrscheinlicher ist von einer aus dem Himmel herabfallenden Schildkröte erschlagen zu werden (kein Witz!) als von einem Jäger bei der Jagd versehentlich erschossen zu werden.

Soviel also zu der "Gefahr". Die ist quasi nicht vorhanden.

 

Wieso stellt man nicht einfach ein Schild mit "Achtung - Heute Jagd" auf?

Weil das Schild dann sowieso ständig da stehen würde, Tag und Nacht, 365 Tage im Jahr. In jedem Wald, auf jedem Feld und auf jeder Weide/Wiese.

Entsprechende Schilder werden nur bei großen Jagden mit etlichen Jägern aufgestellt (Treib- und Drückjagden). Da aber auch, weil da großflächig im gesamten Gebiet gejagt wird und mit vielen Jägern gleichzeitig und weil auch das Wild dann viel stärker in Bewegung ist.

Bei einem (einzelnen oder ggf. mit einem zweiten Jäger gemeinsam) durch das Revier pirschenden oder auf einem Hochsitz sitzenden Jäger ist das weder nötig noch ist da die Gefahr für andere Besucher in irgend einer Form höher. Wie oben beschrieben.

 

Wären ja auch gar nicht in den Wald gegangen, wäre da ein Schild gewesen.

Dann dürftest Du, Deiner eigenen Logik zufolge, nie durch den Wald gehen.
Denn, wie gesagt, gejagt wird immer. ;-)

 

myotis  10.02.2022, 12:08

Sorry. Die Bestätigung sollte dein Beitrag bekommen, Anzeige sprang aber um...

0DerFragende0 
Fragesteller
 10.02.2022, 16:17

Vielen Dank für Deine Ausführliche Antwort :)
Hat mir sehr gut weitergeholfen :)

Von Experte myotis bestätigt

Sehr merkwürdig.

Wenn bei uns Jagden stattfinden, werden an allen Zugängen zum Jagdbebiet (bei und sind das Kiefernwälder), also Wege, Fußwege usw., Warntafeln aufgestellt: eine Dreieckstafel, Spitze nach oben und ein Schild drunter "Achtung Jagd".

Ich kenne das hier gar nicht anders.

Vielleicht solltest Du mal bei der Ordnungsbehörde (Gemeindeverwaltung) nachfragen.

0DerFragende0 
Fragesteller
 09.02.2022, 22:34

Fand es auch sehr merkwürdig. Hätte nämlich auch zumindest auf den (einzigen) Weg, der dort in den Wald führt, solche Schilder erwartet.

Habe ja kein Problem damit, dass gejagt wird. Aber plötzlich ein Gewehr "vor der Nase" zu haben ist schon befremdlich - so ganz ohne Warntafeln :/

Waldmensch70  09.02.2022, 23:37
Wenn bei uns Jagden stattfinden, werden an allen Zugängen zum Jagdbebiet (bei und sind das Kiefernwälder), also Wege, Fußwege usw., Warntafeln aufgestellt: eine Dreieckstafel, Spitze nach oben und ein Schild drunter "Achtung Jagd".

Das ist nur bei großen Treib- oder Drückjagden so.

Das macht der Jäger sicher nicht jeden einzelnen Tag, wenn er alleine mit seinem Gewehr auf den Hochsitz geht.

Du schreibst ja selber "wenn mal Jagden stattfinden". Das sind dann die (nur ein paar mal im Jahr stattfindenden, großen Treib- oder Drückjagden).

Der zuständige Revierjäger ist aber oftmals sogar täglich im Revier unterwegs und das auch zum Zwecke der Jagd. Und die Schilder stehen da ja nicht jeden Tag.

Bei Treibjagden wird das auch gemacht. Ist der Jäger allein in seiner eigenen Parzelle, seinem Revier unterwegs, muss er das nicht.

Gruß S.

0DerFragende0 
Fragesteller
 09.02.2022, 22:51

Danke für deine Antwort.
Weißt du auch, wieso das da nicht gemacht werden muss?

Sirius66  10.02.2022, 06:13
@0DerFragende0

Weil es "seins" ist, er allein und nicht in Bewegung ist. Er muss einige Auflagen erfüllen und gut.

Im Jagdrecht des jeweiligen Bundeslandes nachzulesen.

Sirius66  10.02.2022, 06:17
@Sirius66

Und wenn die Menschen quer durch den Wald und sein Revier laufen - was ohnehin nicht ganz unproblematisch ist - steht ihm seine Ermahnung zu.

Nein, müssen sie nicht. Man muß sich auch nicht doof anmachen lassen. Die Wälder sind offen für alle. Und wenn du nicht kiloweise Pilze raus schleppst und vermarktest, dann ist auch alles i.O.

Du wirst ihm den Ansitz versauert haben. Die Jäger oder Jagdpächter bereiten sich akribisch vor. Legen Futter aus, schmieren Buchenteer und legen sich Stunden bevor ein Wild zu erwarten ist auf die Lauer. Um blos keine Moleküle von sich zu verbreiten. Und dann kommst du unbedarft, voller Menschenzellen, Gerüche und Schweiß daher getrabt. Vielleicht läufst du noch über die Futterstelle und unter dem Hochsitz entlang. Du kannst es als Laie nicht erkennen.

Dann ist der Abend für den Jäger gelaufen. Er sucht einen Schuldigen und tja. Natürlich könnte er jeden 2. Abend, oder wenn der Wind aus der richtigen Richtung kommt, ein Schild aufstellen. Welch ein Aufwand.

0DerFragende0 
Fragesteller
 09.02.2022, 22:54

Danke erstmal für die Antwort :)
Aber wo der Aufwand sein soll ein schlichtes Schild auf den Hauptweg zu stellen weiß ich jetzt nicht. Wenn er sowieso da ist, kann er das ja kurz machen. Dann verdirbt ihm auch niemand die Jagt.

Habe aber in der Nacht noch ein paar Schüsse gehört. So schlimm war es in diesem Fall also für ihn wohl dann doch nicht

BenniXYZ  09.02.2022, 23:07
@0DerFragende0

Und was steht auf dem Schild? Hier wache ich? Lach.

Ein Schild braucht Standfestigkeit. Einen angespitzten Balken und darauf Brett mit Schrift. Wer soll das jeden 2. Abend aufstellen oder umlegen? Und ist es überhaupt am 3. Tag noch an alter Stelle?

0DerFragende0 
Fragesteller
 09.02.2022, 23:10
@BenniXYZ

"Vorsicht - Jagt" wäre doch ausreichend.
Einen kleinen Ständer bekommt man schon gebastelt. Kennst du diese kleinen Blöcke, in denen man Wäschespinnen und Sonnenschirme macht? Die dürften als Befestigung reichen

BenniXYZ  09.02.2022, 23:12
@0DerFragende0

Ja, kein Problem. Das Schild steht dann dort Jahre. Bis es durchgefault ist.

Waldmensch70  09.02.2022, 23:34
@0DerFragende0
Aber wo der Aufwand sein soll ein schlichtes Schild auf den Hauptweg zu stellen weiß ich jetzt nicht.

Für jeden einzelnen kurzen Gang durch das Revier? Jeden Tag? Auf alle Hauptwege des Waldes, aus jeder Richtung die in den Wald führt?

Nicht böse gemeint, aber das ist kaum praktikabel.

Siehe meine Antwort.

0DerFragende0 
Fragesteller
 10.02.2022, 16:19
@Waldmensch70

Danke :)
Hätte gedacht, dass die nur wenige male im Jahr mit dem Gewehr im Wald unterwegs sind und sonst halt normalerweise nur ohne um sich eben um den Wald zu kümmern

Waldmensch70  10.02.2022, 16:27
@0DerFragende0

Nein, das ist tatsächlich nicht so. :-)

mightydubman  08.05.2022, 15:16

dafür hat man aber bestimmt ein leben gerettet.

Von Experte Waldmensch70 bestätigt

Kleine Könige in ihrem Reich...

Fakt ist dass er das Jagdausübungsrecht hat (oder in dessen Auftrag unterwegs ist).

Und du hast ein freies Betretungsrecht im Wald.

Das eine schließt das andere nicht aus - hatte der eine oder andere "König" aber gerne ...

Wie @Waldmensch schon ausgeführt hat, hat der Jäger so oder so eine besondere Sorgfaltspflicht (u. a. weil Besucher ja auch von anderen Seiten wie vom weg aus kommen oder sich nicht an Schilder halten...)

Daher ist ein Schild a) weder rechtlich zulässig (würde das Betretungsrecht in die Entscheidung des Jägers legen) noch b) praktisch sinnvoll (20 Schilder an allen Richtungen für jeden Ansitz = spätestens dann hat's auch das dümmste Reh gerafft und sich getrollt...)

Schilder gibt's nur bei Drückjagden und sowas, wo ein größeres Gebiet bejagt wird...

Woher ich das weiß:Berufserfahrung
Waldmensch70  10.02.2022, 12:49

Danke! 👍

Ich lese hier gerade ein Buch, das ich jedem Interessierten aber auch jedem Jäger ans Herz legen kann (den Jungjägern, aber auch denen die schon länger dabei und vielleicht "gehobenen Alters" sind und noch etwas "altertümliche Ansichten" haben):

"Der kleine Jägerknigge" von Christian Teppe

Darin schreibt er auf Seite 15 f. so schön:

Mit Abschluss des Jagdpachtvertrages erwerben die Jäger das Recht, die Jagd auf fremden Flächen auszuüben, sie dürfen also dem Wild nachstellen, es erlegen und sich aneignen.
Es bedeutet aber mitnichten, dass man berechtigter Besitzer der gepachteten Flächen wäre oder gar eine eigentümerähnliche Stellung innehätte. Der Jagdpächter darf sich auf fremden Flächen aufhalten und jagen. Die Belange der Eigentümer (…) sind dabei selbstverständlich ebenso zu berücksichtigen wie die Interessen anderer Menschen in der Natur, die die Jäger eben nicht aussperren dürfen.
Jägerinnen und Jäger müssen aber auch gemeinsam zum Wohle der Natur, der Verantwortung dem Wild gegenüber und dem Erhalt der Jagd als solche agieren. Dieses Arrangement schließt den despektierlichen Umgang mit den anderen aus; auch wenn der Landwirt wegen der vielen Sauen um sein Getreide bangt, der Jagdnachbar den kapitalen Zukunftsbock an der Grenze erlegt, die Joggerin noch in der Dämmerung am Einstand vorbeiläuft oder der Hund auch zur Brut- und Setzzeit nicht an der Leine geführt wird.

Und:

Jäger sind gut beraten, wenn sie Jagdrecht nicht als Besitzrecht an ihrem Revier verstehen und sich schon gar nicht als Umweltpolizei oder Ranger aufführen. Der Jäger ist einer unter gleichen Nutzern der Natur und muss sich mit allen anderen arrangieren.

Ich wünschte, alle unsere Weidgenossen würden sich diese Worte zu Herzen nehmen, alleine schon einer größeren Akzeptanz in der Bevölkerung zuliebe.

0DerFragende0 
Fragesteller
 10.02.2022, 16:24
@Waldmensch70

Danke für diesen Textauszug :)

cg1967  12.04.2022, 01:15
@Waldmensch70

Für diejenigen, welche es interessiert: Christian Treppe ist auf Facebook aktiv.

0DerFragende0 
Fragesteller
 10.02.2022, 16:24

Danke fürs antworten :)