Gibt es unter Umständen eine Pflicht zum Antrag auf Bafög?
Hallo, ich bin Vater von einer 18 jährigen Tochter sowie einer 6 Jährigen, die beide nicht in meinem Haushalt leben und zahle für beide nach der Düsseldorfer Tabelle Unterhalt. Meine 18 Jährige hatte nach dem Schulabschluss der Mittleren Reife ein soziales Jahr eingelegt und seit ende letzten Jahres eine zweijährige Schulung an einer Berufsschule begonnen ohne eine Bezahlung eines Arbeitgebers zu erhalten und wird anschließend drei weitere Jahre eine Berufsschule besuchen, um anschließend den Beruf der Erzieherin wahrzunehmen und soll jedoch in dieser gesamten Schulungszeit keine Bezüge/Lohn erhalten. Jetzt zu meiner Frage: muss ich während des gesamten Schulungszeitraum den vollen Unterhalt weiter zahlen oder kann ich auf einen Antrag auf Bafög meiner Tochter bestehen, um dann den Bafög-Beitrag an meinem Unterhalt anrechnen zu lassen?
2 Antworten
Bafög muss vorrangig beantragt werden. Wird keines beantragt, kann es fiktiv angerechnet werden.
Bafög zählt wie Kindergeld als eigenes Einkommen des Kindes und mindert im gewährten Umfang die Bedürftigkeit, also den Anspruch auf Unterhalt von den Eltern.
Das Bafög vorrangig vor Unterhalt ist, wurde schon mehrfach Obergerichtlich entschieden. Relativ akruell folgendes Urteil: Oberlandesgericht Hamm, Beschluss vom 26.09.2013 - 2 WF 161/13
Ein weiters Urteil mit detailierter Begründung findest du hier:
http://www.treffpunkteltern.de/news/bafoeg-muss-vorrangig-beantragt-werden_463.php
Seit ihrer Volljährigkeit sind für die 18-jährige beide Eltern barunterhaltspflichtig, also auch die Mutter der Tochter. Letztere hat deshalb selbst keinen Anspruch mehr auf Zahlungen von dir für die volljährige Tochter.
Die Tochter selbst (da für sie ja kein Sorgerecht bzw. Sorgepflicht mehr besteht) muss ihren Unterhaltsanspruch darlegen und den Unterhalt bei den Eltern einfordern, tut sie das nicht, bräuchte ihr auch Niemand etwas zahlen....
Einen Unterhaltsanspruch hätte sie nur, wenn sie entweder noch eine reguläre Schule besucht oder sich in ihrer ersten Ausbildung befindet. Wäre sie während des FSJ bereits volljährig gewesen, hätte sie in dieser Zeit keinen Unterhaltsanspruch an die Eltern gehabt. (Dieser Anspruch hätte nur im "Ausnahmefall" bestanden, wenn das FSJ direkt als Vorbereitung der anschließenden Berufsausbildung absolviert worden wäre....) Befindet sie sich jetzt in der ersten Berufsausbildung, so hat sie dafür einen Unterhaltsanspruch, während der zweiten Ausbildung dann aber nicht mehr...
Auf ihren Unterhaltsanspruch wird nun ihr Kindergeld in voller Höhe angerechnet.
Wenn sie noch im Haushalt der Mutter lebt, errechnet sich ihr Anspruch am Gesamteinkommen beider Eltern und jeder Elternteil zahlt anteilig je nach Höhe seines eigenen Einkommens.
Auch wenn die Mutter ihren Unterhaltsanteil in Form von Kost und Logis statt Bargeld gewähren könnte..., muss sie ihre Einkommensverhältnisse zur Berechnung ihres Anteils offenlegen.
Da die Tochter keine "reguläre Schule" (Real/ Gymnasium) mehr besucht, gilt sie nicht mehr als "privilegiert".
Das bedeutet: jeder Elternteil hat ihr gegenüber nun einen erhöhten Selbstbehalt von jeweils 1200 Euro, muss ihr also überhaupt erst Unterhalt zahlen, wenn ihm nach Abzug vorrangiger Unterhaltsansprüche (für minderjährige Kinder - bei dir also die Sechsjährige - und ggf. neuen Ehepartner mit geringem Einkommen oder Ex-Ehepartner) noch mehr als 1200 Euro zur Verfügung stehen...
Wären die Eltern dann nicht "leistungsfähig" (s. Selbstbehalt) müsste die Tochter BAB oder BAFöG beantragen, um davon leben zu können....