Erbengemeinschaft 2-Familienhaus: Einzug?

9 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Für

Erbschaften als Eigentum des Nachlasses, z.B. Hauses, ist zu beachten:

Sie sind nur Eigentümer im Rahmen einer Gesamthandsgemeinschaft, d.h. keinem Miterben gehört auch nur ein Gegenstand des Nachlasses alleine. Allen gehört jeder Nachlassgegenstand gemeinsam.

Hieraus folgt auch direkt, was dies für die Benutzung von Nachlassgegenständen bedeutet: grundsätzlich kann kein Miterbe einfach einen Gegenstand in Besitz nehmen und diesen alleine nutzen.

Beispiel: Man kann nicht einfach in die Eigentumswohnung oder das Haus einziehen.

Aber: Grundsätzlich kann jeder Miterbe einen Anspruch auf Nutzung erheben. 

Ausgenommen von der Verfügungsgewalt sind im Übrigen Nachlassgegenstände - und damit auch Immobilien (§ 2033 Absatz 2 BGB). Entscheidungen, die Nachlassgegenstände betreffen, obliegen laut Erbrecht der Auseinandersetzung über den Nachlass und können nur von der Erbengemeinschaft gemeinsam beschlossen werden. Denn die Verwaltung des Nachlasses obliegt allen Miterben zu gleichen Teilen.

Handelt es sich beim Nachlassgegenstand um eine Immobilie, gilt jedoch nach §§ 2038 Abs.2 i.V.m. 743 Abs.2 BGB:

Jeder Miterbe ist zum Gebrauch der Immobilie insoweit befugt, als nicht der Mitgebrauch der übrigen Miterben beeinträchtigt wird. Wenn also Deine Tochter parallel ebenfalls das Haus zur Miete nutzen könnte, spricht nichts gegen die Nutzung durch ihren Miterben.

Bevor man also alleinigen Zugriff auf einen Nachlassgegenstand hat, muss darüber eine Vereinbarung unter den Miterben geschlossen werden. In der Regel kann diese mit Mehrheit der Stimmanteile an der Erbengemeinschaft erfolgen, Einstimmigkeit ist nicht erforderlich - was es bei zwei Erben schwierig macht, hier müssen sie sich über jedes Detail der Veränderung oder Nutzung einigen.

Bei einer sogenannten "ungeteilten Erbengemeinschaft" wie im vorliegenden Fall bedarf es großer Vernunft, Umsicht und Kompromissbereitschaft von beiden Seiten, sonst können sich beide bis zur völligen Handlungsunfähigkeit blocken und damit die Nutzung oder auch nur Erhaltung der Erbsubstanz (Renovierung, notwendige Reparaturen) verhindern.

Liegt keine so genannte Nutzungsvereinbarung vor, die eindeutig bestimmt, wem innerhalb der Erbengemeinschaft die Nutzung eines Nachlassgegenstandes zusteht, kann jeder Miterbe einen Anspruch auf Nutzung erheben.

Möchte Deine Tochter das Haus nicht ebenfalls zur Miete nutzen, kann sie sich mit dem Miterben darauf einigen, dass er bei Einzug (falls sie dem Einzug zustimmt) an sie so genannten Nutzungsersatz zahlt – in der Praxis die ortsübliche Vergleichsmiete.

Eine totale Verweigerungshaltung DeinerTochter zahlt sich jedenfalls am Ende nicht aus. Jeder Miterbe kann nämlich, sofern nicht die Verwaltung und Benutzung durch einvernehmliche Vereinbarung oder durch Mehrheitsbeschluss geregelt werden kann, eine dem Interesse aller Teilhaber nach billigem Ermessen entsprechende Verwaltung und Benutzung der Immobilie verlangen, § 745 BGB.

Dieser Anspruch eines jeden Miterben kann nötigenfalls auch vor die staatlichen Gerichte getragen und dort entschieden werden.

Was die Beiden z.B. machen könnten:

Da sich das Haus z.B. bei den zwei Miterben in zwei abgeschlossene Wohnungseinheiten aufteilen lässt, ließen sich Streitigkeiten in der Erbengemeinschaft dadurch verhindern, dass die Erben eine Teilungserklärung beim Notar beurkunden und Wohnungseigentum begründen. Jedem Miterben kann dann eine Wohneinheit zum alleinigen Eigentum zugewiesen werden, die er in eigener Verantwortung verwaltet und nutzt.

Viel Erfolg!

kabbes69  14.07.2019, 10:14

ich vermute Fragesteller = Tochter.

Ein Erblasser stellt selten Fragen ;-)

EyeQatcher  14.07.2019, 10:24
@kabbes69
Ein Erblasser stellt selten Fragen ;-)

Ooops, ja 🙈. Danke für den Hinweis 👍.

Majorie22  14.07.2019, 11:44

Wie immer, eine Top-Antwort von dir.

EyeQatcher  14.07.2019, 12:28
@Majorie22

Dankeschön für die positive Ressonanz ☺.

Mit den richtigen Argumenten kann man gegen fast alles klagen. Mit welchem Erfolg entscheidet dann der Richter. Unter Umständen „außer Spesen nix gewesen“

Im Moment investiert der Bruder eigenes Geld in einen idealen Halbanteil. Oder wollte er dir eine Rechnung schreiben?

Verkaufen könnt ihr nur gemeinsam.

Bleibt also die Möglichkeit

a) Bruder bezahlt dich aus und wird Alleineigentümer.Kann er dies nicht, muss er einen Kredit aufnehmen. Da es immer ums liebe Geld geht: bestimmt der Wert ein Gutachter. Hätte der Erblasser gewollt, dass hier irgendwelche Dinge aus der Vergangenheit abgerechnet werden, hätte er dies entsprechend niedergeschrieben.

b) Alternativ ihr beide einigt euch auf einen Mietvertrag ( der Bruder 0,5 Vermieter und 1,0 Mieter des DG), verkauft das Haus an einen Dritten,. Bruder behält sich evtl zum Schutz der Eigenbedarfskündigung ein Vorkaufsrecht vor. Der Wertverlust geht auf seinen Halbanteil.

c) ihr beurkundet einen Mietkaufvertrag. Nach Zeitraum X ist Bruder Alleineigentümer. Für dich ein Gespräch mit dem Steuerberater.

d) du betreibst die Teilungsversteigerung und ihr macht beide Verlust.

e) es bleibt so wie es ist und ihr macht nur den Mietvertrag. = in meinen Augen schlechteste Variante in der eh schon vorhandenen Streitkonstellation.

Der Bruder kann als einzelner Erbe nicht wie gewünscht über die Immobilie verfügen, denn die Schwester besitzt einen Erbanteil daran, auch an der DG-Wohnung.

Kein Erbe kann ohne den anderen handeln. Warum das hier scheitert, ist nicht nachvollziehbar. Will die Schwester keine vorgeschlagene Teilung, etwa die EG-Wohnung (zur Vermietung) überlassen bekommen oder scheitert Übernahme des anderen Miteigentumsanteils durch Auszahlung, bleibt nur der freihändige Verkauf oder Teilungsversteigerung, die mit deutlichen Verlusten verbunden wäre.

Vielleicht sollte man sich einmal darüber verständigen,wer was möchte,bevor die Erbengemeinschaft heilos zerstritten ist und nur noch die damit befassten Anwälte auf ihre Kosten kommen.

Sorry, aber ich kann beim besten Willen nicht verstehen, warum die Tochter nicht möchte, dass der Sohn in die Wohnung ein zieht!

Sie sollte sich schämen, über dem Grab ihres Vaters einen Streit vom Zaun zu brechen!