Bin ich verpflichtet, Nachzahlungen für bereits gezeichnete Genossenschaftsanteile zu zahlen, obwohl laut Satzung eine Nachschusspflicht ausgeschlossen ist?

2 Antworten

Du vermischt hier zwei vollkommen verschiedene Dinge:

1) Nachschusspflicht: normalerweise besteht eine solche Pflicht bei Insolvenz der Genossenschaft. Diese ist in deinem Vertrag ausdrücklich ausgeschlossen worden und somit musst du im Falle einer Insolvenz keinen Nachschuss leisten.

2) Nachzahlung Genossenschaftsanteile: Der Wert / Kosten eines Genossenschaftsanteiles wurde von 153,- auf 160,- Euro erhöht. Dieser Wert kann natürlich nicht ohne einen reellen Barwert erhöht werden, d.h. entsprechend der erhöhten Anteile sind die fehlenden monitären Beträge auch in die Genossenschaft einzuzahlen. In deinem Fall 8*7=56,- Euro.

Die Forderung fälliger Genossenschaftsanteile hat also Nichts mit der Nachschusspflicht zu tun und wenn dazu Nichts anderes vereinbart wurde, dann sind die erhöhten Kosten gemäß der erhöhten Bewertung der jeweiligen Genossenschaftsanteile von den Mitgliedern zu zahlen.

Userausberlin 
Fragesteller
 20.10.2015, 18:01

@ rotreginak02

Vielen Dank für deine Antwort!

Eigentlich habe ich es nur bedingt vermischt, daher fragte ich ja bewusst mit meiner zweiten Frage, ob die Forderung meiner Genossenschaft eine Forderung eines Nachschusses im juristischen Sinn der Nachschusspflicht ist. Denn das Wörtchen „auch“ im Satz „…dass die Mitglieder auch im Falle einer Insolvenz der Genossenschaft keine Nachschüsse zu leisten haben“ lässt (für einen Laien ohne juristische Ausbildung) die Vermutung zu, dass die Nachschusspflicht auch, aber nicht nur bei einer Insolvenz Bedeutung hat. Um Unklarheiten meinerseits zu beseitigen, erlaube folgende Frage: Bezieht sich der TerminusNachschusspflicht ausschließlich auf das Nachschießen bei einer Insolvenz, und das Wörtchen „auch“ ist in der Satzung schlicht verwirrend formuliert?

Zu 2.

Das der Wert pro Anteil nur durch einen reellen Barwertgegeben ist, ist klar. Was nicht klar ist, auf welcher Grundlage bereits gezeichnete Anteile einer Erhöhung anzupassen sind. Der neue, erhöhte Wert kann sich doch ebenso nur auf jetzt zu erwerbende Anteile beziehen. Wenn man heute eine Aktie zeichnet, welche morgen ihren Wert steigert, muss man doch auch nicht eine Differenz nachzahlen. Mir ist klar, dasseine Aktie nicht 1:1 vergleichbar mit einem Anteil zu sein scheint. Aber wiegesagt, ich bin nur ein Laie, darum frage ich.

Oder einfacher: Kannst du die gesetzliche Grundlage teilen,welche aussagt, dass bei Erhöhung des Wertes eines Anteils in jedem Fall die Differenz bei zuvor gezeichneten Anteilen zu Zahlen ist? Denn in meiner Satzung finde ich weder etwas, was dieses bestimmt, noch etwas, was es ausschließt.

Noch mal vielen Dank für deine Antwort und deine Bemühungen!:)    

rotreginak02  20.10.2015, 23:18
@Userausberlin

Hallo Userausberlin,gern geschehen...ich wollte auch nicht “oberlehrerhaft” klingen, sondern dir nahe bringen, dass deine eigentliche Frage, so wie ich sie verstanden habe, nichts mit der Nachschusspflicht zu tun hat ;-)
In der Tat ist das Wörtchen "auch" bezogen auf die Nachschuss-pflicht in der Satzung verwirrend, denn meist findet die Nachschusspflicht bei der Insolvenz Anwedung.

2) Wie du schon richtig anmerkst, ist ein Genossenschaftsanteil nicht mit einer Aktie zu vergleichen, wirklich nicht (auch wenn das oft laienhaft als "ähnlich" bezeichnet wird). Eine Aktie ist ein Anteil an einem börsennotierten Wirtschaftsunternehmen, dessen Ziel ist, gewinnbringend zu agieren und die Gewinne abzuschöpfen. Hier liegt genau der Unterschied zu einer (Bau-)Genossenschaft, deren Ziel nicht Gewinnmaximierung ist, sondern ein Zusammenschluss von Mitgliedern ist, um gemeinsam und auf dem Prinzip der "Gegenseitigkeit" beruhend ein Ziel zu verfolgen, hier: günstig Wohnraum zu schaffen bzw. zu erhalten und zu bewohnen. Etwaige Gewinne werden nicht abgeschöpft, sondern reinvestiert, für Rücklagen verwendet und teils in kleinen Dividenden an die Mitglieder ausgeschüttet.Genossenschaftsanteile sind Bestandteil des Eigenkapitals, das also in deinem Fall nun erhöht werden soll (wozu und warum wurde sicherlich in der Versammlung erläutert.). Da alle Mitglieder gleichbehandelt werden müssen und bei Kündigung der Mitgliedschaft die Genossenschaftsanteile gemäß des festgesetzten Wertes (nun 160,- pro Stück) ausbezahlt werden müssen, müssen alle Mitglieder denselben Betrag pro Anteil bezahlt haben...daher deine Nachzahlungsforderung, die – egal wann du die Mitgliedschaft kündigst---deinen geldwerten Anteil jetzt erhöht und später ausbezahlt wird. [auch anders als bei Aktien, da ist der Zeitpunkt des Verkaufs entscheidend, ob man Gewinn oder Verlust macht]

Grundsätzlich sind Wohnungs/Baugenossenschaften einerseits an das Genossenschaftsgesetz ( GenG) gebunden, andererseits auch an die eigene Satzung, die den Mitgliedern sehr viel Spielraum ermöglicht. Das GenG bietet den Rahmen, z.B. in §16 Änderung der Satzung unter 2: Erhöhung des Geschäftsanteils. Die Details werden tatsächlich durch Abstimmungen in der Mitgliederversammlung festgelegt.

Userausberlin 
Fragesteller
 21.10.2015, 14:10
@rotreginak02

Abermals vielen Dank!!! Deine Antwort hat erneut für mehr Durchblick meinerseits gesorgt, besonders auch durch deinen Verweis auf den §16GenG, aber, von deiner Hilfe ganz unabhängig, auch neue Unklarheiten zu Tagegebracht. :)

So wurden wir z.B. lediglich informiert, dass eine Vertreterversammlung die Erhöhung beschlossen hat und diese in der neuen Satzung einfließt, jedoch nicht, warum diese Erhöhung denn nötig war und ob bei der Abstimmung auch die gesetzlich (§16, Absatz 2) geforderte ¾- Mehrheiterzielt wurde. Des Weiteren wurde es nicht durch eine Mitgliederversammlung beschlossen, sondern durch eine Vertreterversammlung, obwohl in §16, Absatz 1 die Rede von einer Generalversammlung ist, welche nötig wäre, um den Beschlusseiner Erhöhung durch Stimmenmehrheit zu entscheiden (auch hier bin ich als Laienicht in der Lage zu wissen, ob im juristischen Sinn Generalversammlung mit Vertreterversammlung gleichzusetzen ist, vermute aber eher nicht). Ist dies deiner Einschätzung nach bedenklich?

Nur nebenbei und weil du von Dividenden geschrieben hast;Solange ich hier wohne und demzufolge Mitglied bin, gab es weder eine Ausschüttung von Dividenden (die Satzung sieht da bis zu max. 4% vor), noch eine Aufklärung warum es keine gab (z.B. wegen Reinvestition). Müsste man da, ganz unabhängig vom Ergebnis, nicht einmal pro Jahr informiert werden (Bilanz etc.)?

Zum besseren Verständnis eine Sache über mich: Es geht mir nicht darum, auf Teufel komm raus die 56,-Euro zu sparen. Es geht nur darum, nicht einer Willkür aufzusitzen, zumal unsere Genossenschaft im letzten Jahr mitteilen musste, dass Teile des Vorstandes in Aktionen verwickelt wahren, die man als „Taschenvollstopfen“ bezeichnen kann. Ein Mann musste gehen. Dies sorgt natürlich nicht für Vertrauen.

Btw; „Oberlehrerhaftigkeit“ konnte ich bei deiner Antwort nicht feststellen, denn ich sehe ja, dass du bemüht bist mir bei meinen Zweifeln und meiner Unwissenheit mit kompetenten Antworten zu helfen, was nicht selbstverständlich ist und wofür du ja mehr als nur deine Zeit opferst. Darum noch mal vielen Dank, ich weiß das wirklich sehr zu schätzen!!!

rotreginak02  23.10.2015, 08:57
@Userausberlin

Hallo Userausberlin, 
der Teufel steckt wie immer im Detail...und was du bzgl. deiner Genossenschaft schreibst (Taschen vollstopfen), wirft in der Tat kein gutes Licht auf diese.....zu deinen neuen Fragen:

1) die Generalversammlung kann durch eine Vertreterversammlung ersetzt werden, die Satzung der Genossenschaft ist hier wieder mal entscheidend: ab einer Mitgliederzahl von 1500 dürfen von den Mitgliedern gewählte Vertreter die Generalversammlung bilden, wenn dies in der Satzung so geregelt ist. Wenn die also mindestens 50 gewählte Vertreter dorthin geschickt haben, dann ist das nicht bedenklich. Der juristische Rahmen dafür ist in § 43a GenG geregelt.

2) Bezüglich der zu verteilenden Gewinne (und auch der Verluste) auf die Mitglieder und die Art und Weise der Bekanntmachung: da regelt das GenG wieder nur den Rahmen, nämlich, dass zu beiden Punkten eine Pflicht besteht. Wie und in welcher Weise das geschieht, regelt die Satzung.

Gerade bei großen Genossenschaften ist es für die einzelnen Mitglieder umso schwieriger, sämtliche Infos zeitnah und verständlich zu erhalten.....(man könnte annehmen, dass das auch so gewollt ist..)
Wenn du also nicht "freiwillig" durch ein Infoblatt regelmäßig und detailliert informiert wirst, so hast du aber in jedem Fall das Recht, dich an die Geschäftsstelle der Genossenschaft zu wenden, dort muss man den Mitgliedern sowohl Einsicht in die Satzung, Beschlüsse,  als auch die Namen der Vertreter nennen.

Ich hoffe, ich konnte deine Fragen etwas klären......wenn du weitere hast, hier auf dieser Juristenseite findest du den juristischen Hintergrund und auch Urteile dazu:
http://dejure.org/gesetze/GenG/

Viele Grüße rotreginak02

 

Deine Genossenschaft hat in der Satzung die Höhe des Geschäftsanteils von 153 € auf 160 € erhöht. Also musst du pro Anteil 7 € dazu zahlen. Das Geld ist aber nicht verloren. Du bekommst es bei Ausscheiden aus der Genossenschaft wieder zurück. Aber natürlich nur, wenn die Genossenschaft nicht pleite ist oder Verluste gemacht hat, die einen Teil der Geschäftsguthaben aufgebruacht haben.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung