Berufsalltag beim Finanzamt/ Diplom-Finanzwirt*in (gehobener Dienst)?

3 Antworten

Wie sieht ein typischer Tagesablauf aus...

Veranlagen. Grade in der Ausbildung. Eigentlich vor allem in der Ausbildung. Später kann es dann sein, dass du in die Betriebsprüfung kommst, doch in erster Linie ist es Veranlagen. Also Leute reiche Steuererklärungen ein, der Computer zeigt dir irgendwelche Problemfelder in diesen Steuererklärungen an, du löst die Probleme, änderst die Sachen ggf. und schließt sie dann ab (oder lässt sie abschließen).

Hat mir Recht auch nicht immer was zu tun, meist geht es dann darum was im Bezirk so vorherrschend ist.

Bin ich zufrieden? Nein. Ich hab die Ausbildung gemacht bzw. muss noch zwei Klausuren nachschreiben, hab dann den Titel und bin froh, dass ich nie wieder dorthin muss. Es gab genau EINE Stelle, die mir Spaß gemacht hat und darauf werde ich aufbauen. Und zwar bei einer anderen Verwaltung in einem anderen Bundesland.

Was nervt mich... da gibt es einiges. Die Technik ist erstmal desolat. Dann war es bei uns so, dass die es irgendwie die letzten 30 Jahre verpennt haben, dass die Babyboomer Jahrgänge auch mal in Rente gehen, weswegen enorm viele Leute eingestellt wurden. Die Betreuungs und Ausbildungssituation in der Praxis war dementsprechend miserabel, die Leute in den Bezirken waren genervt.
Die Organisation im Allgemein ist in der Ausbildung nicht besonders gut und ich hab von mehreren Leuten von verschiedenen Ämtern gehört, dass die Ausbildungsbezirke Hölle sind.

Dann ist Denken in der Regel nicht gefragt, es muss so abgearbeitet werden wie es im Bezirk Regel ist... nur ist sich niemand darüber im Klaren wie es im Bezirk eigentlich laufen soll, sodass von 10 Seiten 10 verschiedene Sachen kommen. Bei mir gab es ständig irgendwelches Gelästere über Kollegen (und über mich, teilweise wenn ich 2 Meter nebendran stand), in jedem Büro hängt etwas, das nennt sich Teamcharta, was das Landesamt aufdiktiert hat, doch niemand hält sich dran. Probleme mit anderen Leuten oder irgendwelche Differenzen werden nicht besprochen oder auch nur Hinweise gegeben, sondern verbreiten sich per Flüsterpost erst im ganzen Amt und landen dann bei den Chefs... kein gutes Klima und keine guten Arbeitsbedingungen, um ehrlich zu sein.
Im Ausbildungsbezirk herrscht eine Knallharte 'Der Boss hat immer Recht' Mentalität. Wenn du versuchen willst eine Stellungnahme irgendwie richtigzustellen mach dich auf versehentlich gelöschte Mails und totales Blocken seitens Erwachsener Menschen, die es eigentlich besser können müssten bereit.

Die Theoretische Ausbildung... die war aber okay. Bis darauf, dass zu Anfang in vielen Fällen Blätter aus den Gesetzen gerissen wurden, weil... Konkurrenzdenken? Keine Ahnung... Corona lief nicht so gut, aber man hat sich Mühe gegeben und denen das negativ anzurechnen wäre in meinen Augen auch nicht fair.

Ansonsten mochte ich auch nicht wie teilweise über die Steuerpflichtigen gesprochen wurde...

Warum habe ich das gemacht? Ich war jung und dumm, habe mich für Recht interessiert und die waren die ersten, die mir eine Zusage geschickt haben. Für Recht interessiere mich immer noch, aber inzwischen weiß ich, dass DAS nichts für mich ist.

Würde ich ein duales Studium empfehlen... jein. Also das hier ist natürlich nur meine Meinung und bei mir lief es halt ziemlich suboptimal. Das Studium an sich ist SEHR Anspruchsvoll, aber damit hatte ich tatsächlich keine Probleme. Es ist halt auch nicht für jedermann was und wenn du merkst du kommst mit dieser juristischen Leseart nicht klar, würde ich dir auch empfehlen ehrlich zu dir selbst zu sein und abzubrechen bevor du zu lange dabei bist und dann die 3 Jahre durchmachst, so wie ich.
Ansonsten... ich würde es glaube ich nicht unbedingt weiterempfehlen. Also als Grundlage für spätere Sachen ist es denke ich ganz toll, um dann später beim Finanzamt zu arbeiten wäre mir meine geistige Gesundheit zu lieb und zu schade.

Sorry, das war sehr negativ... du kannst mir gerne per PN schreiben, wenn du genauere Fragen hast :)

Der Tagesablauf ist sehr unterschiedlich, da es sehr viele verschiedene Tätigkeiten beim Finanzamt gibt, allein z.B. Innendienst und Betriebsprüfung unterscheiden sich erheblich.

Das Studium ist sehr anspruchsvoll, du wirst keine Langeweile haben, dafür blickst du in viele Bereiche rein, wie z.B. Firmenrecht, Erbrecht, Vermietung, etc

Und wenn es einem im Finanzamt nicht gefällt kann man hinterher die Steuerberaterprüfung ablegen, die theoretischen Voraussetzungen hat man schon erfüllt.

Ist auf jeden Fall erstmal eine gute Wahl, wenn dich das Thema Steuern interessiert, weil das duale Studium die beste Ausbildung in dem Bereich ist und du danach auch ohne Probleme in die freie Wirtschaft wechseln kannst (kenne viele, die das gemacht haben).

Mir hat zB die typische Veranlagung (Einkommensteuer) noch nie Spaß gemacht, im Gegenteil - ich fand es furchtbar. Aber das ist nur meine (unbedeutende) Meinung, es gibt viele, die das gerne machen. Was ich eigentlich sagen will ist, dass es beim FA viele unterschiedliche Stellen gibt, ich konnte dann auf eine andere wechseln, die mir echt Spaß macht und zum Glück absolut nichts mit Einkommensteuer zu tun hat. Momentan bin ich dabei, mich parallel anderweitig umzuschauen, um evtl beim Finanzamt aufzuhören. Möchte aber im öffentlichen Dienst bleiben, was auch kein Problem ist, weil es ja auch andere Ämter gibt.

Hab aber im Laufe der Zeit supernette Kollegen kennengelernt und besuche meine alten Kollegen ab und zu noch (hab nach dem Studium das Amt gewechselt). Kann also nicht bestätigen, dass gelästert wurde oder so - im Gegenteil, bei uns gab es immer was zu lachen und ich bin eigentlich mir dem ganzen Amt super klargekommen. Das kommt halt stark auf das jeweilige Amt an und unsympathische Leute gibts überall.

Danke sehr für deine Antwort:).

Wenn man nach den drei Jahren in die freie Wirtschaft wechseln wollen würde...welche Berufe kämen für einen z.B. in Frage und müsste man das Geld, das man während des dualen Studiums bekam, zurückzahlen?

Verpflichtet man sich mit Aufnahme des dualen Studiums eine gewisse Mindestzeit im Finanzamt zu arbeiten?

Viele Grüße

@Gast099

eMan verpflichtet sich nicht für eine bestimmte Zeit, man muss dann aber tatsächlich einen bestimmten Betrag zurückzahlen, wenn man innerhalb von 5 Jahren in die freie Wirtschaft wechselt. Kenne aber niemanden, der das selber zahlen musste, weil das dann oft von den Unternehmen übernommen wird, wenn sie dringend Leute suchen, die sich mit Steuern auskennen.

Wenn man im ÖD bleibt und zB zur Stadt wechselt, muss man nichts zurückzahlen.

Was ich auch noch Fragen wollte:

In welchem Bereich des öffentlichen Dienstes arbeitest du jetzt, der dir mehr Spaß macht? Warum macht er dir so viel Spaß?

@Gast099

Ich bin momentan noch immer beim Finanzamt, aber eben auf einer Stelle, die nichts mit Einkommensteuer zu tun hat. Das Finanzamt ist ja zB auch noch für andere Steuerarten zuständig. Während dem Studium durchläufst du aber alle Stellen, die es beim Finanzamt gibt und siehst, was dir Spaß macht und was eben nicht.

Schaue zur Zeit immer mal wieder, was es bei der Stadt / Gemeinde für Stellen gibt, um dann evtl zu wechseln. Da gibts ja auch Stellen, die mit Steuern zu tun haben (zB Gewerbesteuer,...).