Arbeitsvertrag Mehrarbeit?

9 Antworten

1 - Zu Überstunden allgemein (Klausel 7):

Was hat das für eine genaue Bedeutung? Ist es nicht rechtswidrig?

Die Klausel 7 zur Leistung von Überstunden wäre zunächst einmal nicht zu beanstanden.

Du würdest Dich damit verpflichten, Mehrarbeit zu leisten. Das heißt selbstverständlich nicht, dass Du trotz vereinbarter 38,5 Stunden-Woche regelmäßig Überstunden bis zur gesetzlichen Grenze von 48 Wochenstunden machen müsstest, sondern nur auf jeweilige Anordnung des Arbeitgebers bei (dringender!) betrieblicher Notwendigkeit.

Aber: Nach dem reinen Wortlaut der Formulierung könnte man meinen, dass der Arbeitgeber genau das von Dir verlangt: regelmäßig Überstunden bis zur gesetzlichen Grenze leisten.

Da das hier also völlig unklar ist, bedeutet das, dass die Klausel aufgrund der Bestimmung des Bürgerlichen Gesetzbuchs BGB § 307 "Inhaltskontrolle" unwirksam ist.

2 - Zur pauschalen Abgeltung von Überstunden (Klausel 8):

Was bedeutet zumutbarer Rahmen in dem Fall?

Das weiß keiner (außer, es würde ein Richter konkretisieren).

Zwar erlaubt die Rechtsprechung Vereinbarungen, wonach Überstunden mit dem vereinbarten Entgelt bereits abgegolten sein sollen, es also keinen Anspruch auf Ausgleich in Geld oder Freizeit dafür geben soll, aber es muss genau angegeben werden, um wie viele Überstunden es sich handeln soll.

Ohne eine solche Präzisierung wäre die Klausel 8 unklar, hielte der AGB-Inhaltskontrolle nach dem Bürgerleichen Gesetzbuch BGB § 307 "Inhaltskontrolle" nicht stand und würde den Arbeitnehmer somit unangemessen benachteiligen.

Hierzu der Leitsatz zu einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts BAG vom 01.09.2010, 5 AZR 517/09:

Die AGB-Klausel "erforderliche Überstunden sind mit dem Monatsgehalt abgegolten" genügt nicht dem Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB), wenn sich der Umfang der danach ohne zusätzliche Vergütung zu leistenden Überstunden nicht hinreichend deutlich aus dem Arbeitsvertrag ergibt.

Die Anzahl der pauschal abgegoltenen Überstunden muss in einem angemessenen Verhältnis zur vereinbarten wöchentlichen/monatlichen Arbeitszeit, wobei die Rechtsprechung von 10 - 15 % ausgeht. Alle darüber hinausgehenden weiteren Überstunden müssen dann bezahlt werden.

Ein Anspruch auf die Bezahlung von Überstunden besteht nur nicht bei Einkommen, die über der Beitragsbemessungsgrenze zur gesetzlichen Rentenversicherung liegen (ab 01.01.2022: 6.750 Euro/Monat, 81.000 €/p.a. Ost, 7.050 Euro/Monat, 84.600 €/p.a. West) und bei "Diensten höherer Art" (z.B. Architekten, Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer).

Da in der von Dir zitierten Klausel nur unklar von "gebotener Mehrarbeit im zumutbaren Rahmen" die Rede ist, die mit dem vereinbarten Entgelt bereits abgegolten sein soll, ist diese Formulierung eben unklar und intransparent im oben genannten Sinne und damit unwirksam/nichtig.

Im Endeffekt heißt das:

Beide Klauseln sind aus den genannten Gründen unpräzise, unbestimmt, intransparent, damit also unwirksam/nichtig - selbst wenn Du sie unterschreibst. Du musst also überhaupt keine Überstunden leisten (außer bei tatsächlichen Notfällen wie Katastrophen), wenn Du sie aber leistest, müssen sie bezahlt werden.

Dein Problem wird aber sein, dass Du Dich in der konkreten Situation (neues Arbeitsverhältnis) damit wohl kaum gegen den Arbeitgeber durchsetzen können wirst.

Wenn Du diesen Job aber unbedingt haben willst, kannst Du ihn mit Unterschreiben des Arbeitsvertrags trotz dieser Klauseln antreten, dann aber nach dem Ende der 6-monatigen Wartezeit (nach der erst das Kündigungsschutzgesetz KSchG anzuwenden ist - es sei denn, es handelt sich um einen Kleinbetrieb mit nicht mehr als rechnerisch 10 Vollzeitkräften) Überstunden verweigern mit Verweis auf die Unwirksamkeit dieser Klauseln.

Ob duz Dich dann damit gegen den Arbeitgeber durchsetzen kannst oder willst, kann ich nicht beurteilen - "Recht haben" und "Recht bekommen" sind ja leider viel zu oft zwei sehr verschiedene Dinge ...

Unwirksam, da intransparent und einseitige Benachteiligung des ArbN - das kann ruhig im Vertrag stehen und Du kannst das auch unterschreiben ---> Deine Unterschrift ändert nichts an der Unwirksamkeit = AGB-Kontrolle

Jurafuchs  27.05.2022, 12:55

Was sollte daran unwirksam sein?

DerSchopenhauer  27.05.2022, 12:56
@Jurafuchs

keine Angabe einer Stundenzahl; "zumutbarer Rahmen" --> intranspartent

Jurafuchs  27.05.2022, 13:02
@DerSchopenhauer

"zumutbarer Rahmen im gesetzlichen Umfang der Mehrarbeit" = Höchstgrenze des ArbZG.

Sehe hier keinerlei Intransparenz. Benenn doch mal ein Gesetz, welches das verbietet.

Familiengerd  27.05.2022, 14:29
@Jurafuchs

Diese Vertragsklausel IST unwirksam, weil nicht klar festgelegt ist, in welchem konkreten Umfang Mehrarbeit mit dem vereinbarten Entgelt bereits abgegolten sein soll! Und die Formulierung "Mehrarbeit im zumutbaren Rahmen" ist alles Andere als präzise, klar und eindeutig. Diese Klausel zur pauschalen Abgeltung von Mehrarbeit (Nr 8) ist damit intransparent, stellt eine unzumutbare Benachteiligung des Arbeitnehmers dar und ist darum unwirksam!

Die Aussagen von DerSchopenhauer sind völlig zutreffend und stützen sich richtigerweise auf das Bürgerliche Gesetzbuch BGB § 307 "Inhaltskontrolle". Es gibt dazu im Übrigen eine eindeutige Rechtsprechung.

jim2511 
Fragesteller
 27.05.2022, 12:57

Danke für die Antwort und du bist dir da auch sicher?

Will nicht mit dem Arbeitgeber streiten, bevor ich überhaupt dort angefangen habe

DerSchopenhauer  27.05.2022, 13:00
@jim2511
  • Vereinbart werden darf - wegen der Vorgaben des ArbZG - nur eine Arbeitszeit inklusive Überstunden bis 48 Stunden pro Woche (BAG, Urt. v. 28.9.2005, 5 AZR 52/05).
  • Es erfolgt eine klare Festlegung der Zahl/des Umfangs der abgegoltenen Überstunden (BAG, Urt. v. 22.2.2012, 5 AZR 765/10).
Jurafuchs  27.05.2022, 13:02
@jim2511

Die Antwort des Experten ist völliger Quatsch.

jim2511 
Fragesteller
 27.05.2022, 13:05
@Jurafuchs

eine klare Aussage wäre gut

Das ist ein wenig schwierig zu beurteilen , denn niemand kennt hier die vereinbarte Grundarbeitszeit ( Stunden auf wie viele Tage verteilt ) pro Monat .

Der Mitarbeiter verpflichtet sich, im gesetzlichen Umfang Mehrarbeit zu leisten.

Bei einer vertraglich vereinbarten 5-Tage-Woche wären nach dem Arbeitszeitgesetz im Mittel max. 40 Stunden pro Woche zulässig , und bei einer regelmäßigen 6-Tage-Woche wären es max. 48 Stunden pro Woche .

Gleichzeitig legt der Gesetzhgeber im Arbeitszeitgesetz ebenfalls fest , dass die gemittelte tägliche Arbeitszeit 8 Stunden nicht überschreiten darf . Es darf in Einzelfällen zwar auch mal bis zu 10 Stunden am Tag erweitert werden , aber das wäre dann entsprechend zeitnah durch bezahlte Freizeit auszugleichen .

Von daher hätten wir hier durchaus schon einen definierbaren "Rahmen" .

jim2511 
Fragesteller
 27.05.2022, 13:13

Vielen Dank für deine Antwort, meine Arbeitszeit sind 38,5 Std bei einer 5 Tage Woche.

verreisterNutzer  27.05.2022, 13:34
@jim2511

Dann würde ich mich an Deiner Stelle dann noch mal explizit in Rückfrage zu Punkt 7 zusammensetzen und klar festlegen / ergänzen lassen , dass weder Wochenendarbeit ( oder mehr als gemittelt 5 Tage pro Woche ) , noch noch insgesamt mehr als 40 Arbeitsstunden pro Woche maximal im Mittel verlangt werden nach dem Arbeitszeitgesetz .

DerSchopenhauer  27.05.2022, 13:21
Der Mitarbeiter verpflichtet sich, im gesetzlichen Umfang Mehrarbeit zu leisten.

Ich halte die Formulierung für intransparent, da das Arbeitszeitgesetz (das ist das Entscheidende) nicht explizit genannt wird, auch wenn die Formulierung einen gewissen Rahmen absteckt - der ArbN muß m. E., ohne selbst erst große Recherchen nach den gesetzlichen Bestimmungen anzustellen, darauf hingewiesen werden.

Sicherer geht man als ArbG immer, wenn eine konkrete Stundenzahl oder ein Prozentsatz der wöchentlichen Arbeitszeit (im Rahmen des Zulässigen) genannt wird.

DerSchopenhauer  27.05.2022, 13:28
@DerSchopenhauer

Zudem wird hier der Begriff der "Mehrarbeit" verwendet:

Unter Mehrarbeit wird die Überschreitung der gesetzlich zulässigen Höchstarbeitszeit verstanden (§ 3 Arbeitszeitgesetz).

Hier sind aber wohl Überstunden gemeint.

Mehrarbeit im Sinne des Arbeitszeitgesetzes ist die Arbeitszeit, die über die tägliche Höchstarbeitszeit von 8 Stunden hinausgeht und innerhalb von 24 Wochen ausgeglichen werden muss (siehe Tägliche Arbeitszeit). Mehrarbeit bezieht sich in diesem Fall immer auf das Arbeitszeitrecht und hat keinen Bezug zur Vergütung.

Der Begriff „Überstunden“ beschreibt die Arbeitszeit, die über die vertraglich vereinbarte oder tarifrechtliche regelmäßige Arbeitszeit hinausgeht und vom Vorgesetzten entweder angeordnet oder geduldet wird. Überstunden betreffen damit häufig tarifliche oder betriebliche Regelungen zur Vergütung von Arbeitszeit, die über die eigentlich vereinbarte Arbeitszeit hinausgeht.

verreisterNutzer  27.05.2022, 13:28
@DerSchopenhauer

Deine persönliche Meinung hast Du in Deinem eigenen Antwortthread dahingehend zur Genüge vertreten , und deswegen gehe ich in "meinem" Thread auch darauf nicht weiter ein .

Ich kritisiere Deine Meinung dazu nicht grundlegend und sage auch nicht "richtig oder falsch" , aber ich möchte DIESE Nebendiskussion hier nicht in meinem Thread haben und fortführen .

Das bedeutet, dass du Überstunden machst, die nicht bezahlt werden.

Eigentlich müsstest du dann schon viel verdienen.

So was schreibt man rein, wenn z.B. Ärzte eingestellt werden.

Familiengerd  27.05.2022, 15:42

Die Klausel ist schlicht und einfach nichtig/unwirksam!

Schau mal hier, das sind die gesetzlichen Regelungen.

https://www.arag.de/rechtsschutzversicherung/arbeitsrechtsschutz/arbeitszeit/

8. Ist Scheiße, denn die Mehrarbeit wird bei einem Festgehalt nicht vergütet oder anderweitig (zusätzliche freie Tage bspw) angerechnet.

jim2511 
Fragesteller
 27.05.2022, 12:53

Das ist bei dem Gehalt auch Ok, aber nicht wenn ich 20 Std pro Monat mehr machen muss

Wiesel1978  27.05.2022, 12:58
@jim2511

Deswegen ist Punkt acht eben absolut nachteilig

Familiengerd  27.05.2022, 15:40
@Wiesel1978

Erst ist schlicht und einfach nichtig/unwirksam!