Werbungskosten eines ALG II-Empfängers?


06.07.2021, 03:12

Gibt es noch andere Antworten? Andere Erfahrungen damit?

1 Antwort

Das A) Einkommenssteuergesetz und dessen Durchführungsvorschriften folgt anderen Kriterien als das B) Sozialgesetzbuch II.

Bei A) schießt der Staat kein Einkommen dazu, sondern zieht Steuern ab. Weniger Steuern abzuziehen wegen eines Geschenks zwecks Werbung ist etwas anderes als sich vom Staat Geschenke sponsorn zu lassen - alleine schon quanititativ: Bei 20 Prozent Steuern verliert der Staat an einem Buch für 20,- lediglich 4,-, muss also keine 20,- hinblättern.

Und qualitativ sieht es so aus: Der Staat sagt, "Was der Mann nicht mehr hat, muss er auch nicht versteuern! Dann hat er halt einfach weniger Einkommen!" Außer dann, wenn er überwiegend privaten Nutzen von der Ausgabe hat - dann kann eine angebliche (Re-)Investition in ein Unternehmen auch als Steckenpferd gewertet werden.

Beim Empfänger von ALG II muss der Staat dann aber selbst 100 Prozent Geld zuschießen, wenn Ausgaben von den Einnahmen abgesetzt werden (was er bei der Einkommenssteuer aber weiterhin darf - wobei er aber in der Regel ohnehin keine entrichten muss, weil er unter den Grundfreibeträgen bleibt - wie auch bei der Umsatzsteuer, wenn er auf Kleinunternehmer plädiert ;-).

Deshalb können auch selten Werbungs-Geschenke und Geschäftsessen abgesetzt werden von SGB II § 11 Zu berücksichtigendes Einkommen abgesetzt werden, sondern laut § 11b Absetzbeträge Absatz 1 Satz 1 lediglich

" 5. die mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Ausgaben".

Zwar sollen Geschenke die Freundschaft erhalten, ob aber auch die Kundschaft, da muss man dem Jobcenter schon im Einzelfall plausibel machen, dass man sonst Einkommen X gar nicht hätte generieren können, weil einem sonst dieser Kunde weggelaufen wäre.

Und selbst bei einer Werbe-Anzeige könnte ein solcher notwendiger direkter Zusammenhang plausibel gemacht werden müssen, während es dem Finanzamt vielleicht genügt, dass eine Anzeige vielleicht zunächst nur die Bekanntheit erhöht und das Ansehen verbessert, um dann in fünf Jahren vielleicht mehr Aufträge oder gar den großen Auftrag zu generieren.

Gruß aus Berlin, Gerd

Regina3 
Fragesteller
 06.07.2021, 03:11

Danke Dir, Gerd!

GerdausBerlin  06.07.2021, 21:52

Kleiner rechnerische Korrektur: Wenn der Leistungsempfänger 20,- € Werbungskosten von seinem Einkommen abziehen möchte im Sinne von SGB II § 11b Absetzbeträge Absatz 1 Satz 1 Nr. 5, "(1) Vom Einkommen abzusetzen sind [...] die mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Ausgaben",

muss das Jobcenter nicht diese 20,- € mehr ALG II erbringen, sondern in der Regel lediglich 16,- € mehr, da 20 Prozent von den 20,- € Einkommen ja ohnehin anrechnungsfrei wären laut Absatz 3 Satz 2 Nr. 1 SGB II § 11b.

Aber das ist dennoch ein erheblicher Unterschied zum Nicht-Leistungsbezieher, der 20,- Werbekosten von seinem Einkommen bereinigen möchte, da dieser bei einem Einkommenssteuer-Satz von z. B. 20 Prozent nur 4,- € vom Staat "geschenkt" bekommt für ein Buch, das er verschenkt.