Umbau am Arbeitsplatz wie sieht es mit meinem Lohn aus?

4 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Deine Überlegungen sind völlig richtig!!

Zum Annahmeverzug:

Es gehört, neben der Bezahlung des Entgelts, zu den arbeitsvertraglichen Hauptpflichten des Arbeitgebers, den Arbeitnehmer für die vertraglich vereinbarten oder üblicherweise zu leistenden Arbeitsstunden zu beschäftigen und zu bezahlen. Beschäftigt der Arbeitgeber ihn aber nicht ausreichend oder nicht wie vereinbart/angeordnet - gleichgültig, aus welchen Gründen (ob er nicht kann, z.B. weil es keine Arbeit gibt oder weil wegen einer defekten Maschine oder eines Umbaues nicht gearbeitet werden kann - es kommt also jedenfalls nicht auf ein "Verschulden" des Arbeitgebers an), fallen die Konsequenzen aus der Nicht-Beschäftigung dem Arbeitgeber zur Last.

Der Mangel an Arbeit/Aufträgen, eine zu geringe Einteilung zur Arbeit, die Unmöglichkeit, zu arbeiten wegen einer defekten Maschine oder eines Umbaues im Betrieb (und was es sonst noch für Gründe gegen kann), fällt in die Verantwortung des Arbeitgebers oder ist sein Betriebsrisiko, das er nicht auf den Arbeitnehmer abwälzen darf!

Rechtliche Grundlage hierfür ist das von dir bereits angeführte Bürgerliche Gesetzbuch BGB § 615 "Vergütung bei Annahmeverzug und bei Betriebsrisiko":

Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. [...] [Das gilt] entsprechend in den Fällen, in denen der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt.

Also:

Wenn der Arbeitgeber die Arbeitskraft des Arbeitnehmers nicht annehmen (ihn also nicht beschäftigen) kann oder will, ihn für weniger Stunden beschäftigt als vereinbart oder überhaupt nicht, verstößt er - ob verschuldet oder nicht - gegen seine Vertragspflichten; er muss den Arbeitnehmer dann trotzdem so bezahlen, als würde der normal weiterarbeiten.

Der Arbeitnehmer muss die tatsächlich aber nicht gearbeiteten Stunden auch nicht nacharbeiten oder mit eigenen Ansprüchen (Entgelt, Überstunden, Urlaub) verrechnen lassen.

Strenggenommen ist aber Voraussetzung (eigentlich), dass der Arbeitnehmer diesen Zustand (dass der Arbeitgeber ihn wegen des Mangels an Arbeit/Aufträgen nicht beschäftigt kann/will und ihn nach Hause schickt) nicht widerspruchs- oder kommentarlos hinnimmt, sondern seine Arbeitskraft auch anbietet (obwohl auch das nicht immer zwingend erforderlich ist)!

Auch das ist gesetzlich festgelegt im BGB § 293 "Annahmeverzug" in Verbindung mit § 294 "Tatsächliches Angebot". Aber vielleicht/wahrscheinlich ist dem Arbeitgeber diese Voraussetzung auch überhaupt nicht bekannt.

Zum Urlaub:

Dein Urlaub wurde noch nicht genehmigt?

In der Urlaubsfrage ist der Arbeitgeber der Schuldner des Arbeitnehmers, der diesbezüglich kein Weisungsrecht hat (bis auf ganz bestimmte Ausnahmen). Der Arbeitnehmer bestimmt, wann er Urlaub nimmt, und der Arbeitgeber hat dem zu entsprechen, wenn nicht berechtigte Grunde zur Versagung nach dem Bundesurlaubsgesetz BUrlG § 7 "Zeitpunkt, Übertragbarkeit und Abgeltung des Urlaubs". Beide Punkte (Arbeitnehmer bestimmt, und berechtigende Gründe zur Versagung müssen vorliegen) ergeben sich dort aus Abs. 1 Satz 1:

Bei der zeitlichen Festlegung des Urlaubs sind die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen, es sei denn, daß ihrer Berücksichtigung dringende betriebliche Belange oder Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer, die unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienen, entgegenstehen.

Alleine die Tatsache, dass ihr "stark ausgelastet mit der Neueröffnung" seid, berechtigt denn Arbeitgeber noch nicht zu einer Verweigerung Deines Urlaubs in dieser Zeit. Die betriebliche "Auslastung" durch die Neueröffnung muss schon so stark sein, dass Dein Urlaub zu einer für den Arbeitgeber nicht mehr zumutbaren Belastung in personeller, organisatorische und wirtschaftlicher Hinsicht führen würde; den Nachweis dafür hat dann der Arbeitgeber zu erbringen (und im Streifall - Leistungsklage beim Arbeitsgericht - hättest Du dann den Gegenbeweis vorzutragen).

Ob Du Dich mit Deinem "guten Recht" in der konkreten Situation aber gegen den Arbeitgeber behaupten kannst oder das überhaupt willst, kann ich nicht beurteilen; "Recht haben" und "Recht bekommen" sind leider viel zu oft zwei sehr verschiedene Dinge ...

Ulman611tu 
Fragesteller
 31.05.2022, 15:28

Hey,

vielen vielen Dank für diese super ausführliche Antwort sie hat mir sehr weitergeholfen und ich schätze die Zeit die du investiert hast. Ja leider würde mein Ausfall ihn in eine sehr sehr belastende Situation führen, nur denke ich halt es könnte ja auch passieren dass man erkrankt, dann müsste er ja auch irgendwie zu recht kommen in der Theorie. Also sollte es auch möglich sein Urlaub zu nehmen. Ich finde es halt nur doof dann mein Urlaub erst im Winter nehmen zu können, weil es betrieblich gesehen sonst nicht möglich sein wird. Aber wenn ich kundigen wurde ware fur ihn ja auch ein Problem da. Ich denke ist ein Risiko mit so wenig Personal.

Mir ist nur wichtig dass ich hier nicht über den Tisch gezogen werde, weil ich unerfahren bin und ihm im ersten Moment zugestimmt habe mir den genannten Betrag zu überweisen in der Angst sonst bekomme ich garnichts- und ich habe auch nun mal Rechnungen zu zahlen. Ich werde ihn mal drauf ansprechen. Mich wundert nur dass er mit seinem Steuerberater Rücksprache gehalten haben soll und ihm nicht gesagt wurde dass ich Anrecht auf mein gesamten Lohn habe?! Oder wurde das bewusst ignoriert? Daher werde ich ihn mal fragen was er davon weiß.

vielen Dank nochmals

Familiengerd  31.05.2022, 22:21
@Ulman611tu
Mich wundert nur dass er mit seinem Steuerberater Rücksprache gehalten haben soll und ihm nicht gesagt wurde dass ich Anrecht auf mein gesamten Lohn habe?!

Das liegt sicher daran, dass Steuerberater vom Arbeitsrecht meistens keine Ahnung haben.

Ist ein Tarifvertrag anzuwenden, in dem etwas von Ausschlussfristen steht; oder steht dazu etwas im Arbeitsvertrag? Wenn nicht, dann solltest Du - wenn Du dort bleiben willst - erst einmal "die Füße stillhalten", bis Du die ersten 6 Monate (eine Probezeit spielt diesbezüglich keine Rolle, weil die nur wegen der kurzen Kündigungsfrist relevant ist) des Arbeitsverhältnisses, in denen das Kündigungsschutzgesetz KSchG, noch nicht anzuwenden ist, überstanden hast Oder handelt es sich um einen Kleinbetrieb mit nicht mehr als rechnerisch 10 Vollzeitkräften (Teilzeitkräfte also anteilig)? Dann ist das Kündigungsschutzgesetz überhauzpt nciht anzuwenden, auch nciht nach den ersten 6 Monaten "Wartezeit".

Ohne eine vereinbarte Ausschlussfrist von meist 3 oder 6 Monaten gilt für Forderungen aus dem Arbeitsverhältnis die gesetzliche Verjährungsfrist von 3 Jahren nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch BGB § 195 "Regelmäßige Verjährungsfrist", für Forderungen aus 2022 also bis zum 31.12.2025. Dann kannst Du das Geld für diese zeit des Umbaus, das Dir vorenthalten wurde, später immer noch einfordern, wenn es mit diesem Arbeitgeber nicht "klappen" sollte.

Viel Glück!🍀

Ulman611tu 
Fragesteller
 02.06.2022, 05:34
@Familiengerd

Gekündigt weil ich das angesprochen habe 😂 Wenn man sich nichtmal für sein Recht einsetzen darf scheint es mir sowieso etwas heikel

Gibt es in D keine Arbeitnehmervertretung? Hier in Ö würde ich mit meinen Unterlagen zur Arbeiterkammer pilgern. Dort bekommt man kostenlose Beratung.

Familiengerd  29.05.2022, 17:04

So etwas wie die Arbeitnehmerkammer in Österreich gibt es in Deutschland nur in den Bundesländern Bremen und Saarland.

Ansonsten muss sich hier ein Arbeitnehmer zur Beratung an die Gewerkschaft wenden (wenn er denn Mitglied ist), an den Betriebsrat (sofern es den im Betrieb denn gibt) oder einen (teuren, wenn er keine Arbeitsrechtsschutzversicherung hat) Anwalt.

Anwalt nehmen.

Ich habe deinen Text nicht ganz gelesen, aber egal...

Für den Umbau kannst du nix und du hast mit Sicherheit Recht auf normales vollständiges Gehalt.