Straftat unter Medikamenteneinfluss straffrei?

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Hallo YavuzIzmir,

der Schlafwandler wird nicht bestraft, weil

  • nur vorsätzliches Handeln strafbar ist und
  • nur fahrlässiges Handeln strafbar ist, wenn das Gesetz fahrlässiges Handeln unter strafe stellt.

Der Schlafwandler der Jemanden im Schlaf umbringt, handelt aber weder vorsätzlich, noch fahrlässig sondern unbewusst, was eine Strafbarkeit ausschließt.

Aber auch Jemand der durch Medikamente bei Begehung der Tat  wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln ist tatsächlich Schuldunfähig nach folgender Rechtsgrundlage

§ 20 StGB - Schuldunfähigkeit wegen seelischer Störungen

Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen Schwachsinns oder einer schweren anderen seelischen Abartigkeit unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.

Das heißt, aber nicht, dass er gar nicht bestraft werden kann. Er kann zwar nicht wegen des Mordes bestraft werden, aber unter Umständen nach folgender Rechtsgrundlage:

§ 323a StGB - Vollrausch

(1) Wer sich vorsätzlich oder fahrlässig durch alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel in einen Rausch versetzt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn er in diesem Zustand eine rechtswidrige Tat begeht und ihretwegen nicht bestraft werden kann, weil er infolge des Rausches schuldunfähig war oder weil dies nicht auszuschließen ist.

(2) Die Strafe darf nicht schwerer sein als die Strafe, die für die im Rausch begangene Tat angedroht ist.

(3) Die Tat wird nur auf Antrag, mit Ermächtigung oder auf Strafverlangen verfolgt, wenn die Rauschtat nur auf Antrag, mit Ermächtigung oder auf Strafverlangen verfolgt werden könnte.

Zudem könnte die Unterbringung in der Psychiatrie nach dem Psychisch-Kranken-Gesetz des Bundeslandes in dem der Täter wohnt angeordnet werden, wenn er  eine Gefahr für sich oder andere darstellt.

Eine Haftstrafe ist bis auf bei Mord immer zeitlich begrenzt, das heißt bei einer Verurteilung zu einer Freiheitstrafe weiß man wann man spätestens wieder auf freien Fuß ist.

Eine Unterbringung in der Psychiatrie hingegen, dauert solange an, bis ein Gutachter entscheidet, dass keine Gefahr mehr von der Person ausgeht. Das kann also unter Umständen Jahrzehnte dauern bis eine Entlassung aus der Psychiatrie erfolgt.

Schöne Grüße
TheGrow

Grundsätzlich ist zu unterscheiden, ob derjenige sich bewusst in den Zustand begeben hat (zB wenn er sich vor einer Straftat "Mut antrinkt") oder unbewusst (also dein Schlafwandlerbeispiel).

Für den Fall des bewussten Vollrausches wurde die Rechtsfigur Actio libera in causa erfunden, welche nach der herrschenden Meinung, grob gesagt, die Strafbarkeit auf den Zeitpunkt des Betrinkens verschiebt. 

Wer also in der Absicht jemanden umzubringen sich betrinkt, hat den Totschlag bereits zum Zeitpunkt des Betrinkens begangen.

Natürlich nur, wenn er letztlich den Totschlag auch wirklich durchführt. 

Wenn du bewusst etwas einnimmst, um dein Strafmaß zu senken, so wie die Einbrecherbanden, die sich vorher besaufen und vor Gericht dann auf verminderte Schuldfähigkeit plädieren, dann war das eine bewusste Entscheidung und macht somit keineswegs schuldunfähig.

Wenn du ein Medikament nimmst, das dich aggressiv macht, ändert dieses i.d.R. nichts an deinen geistigen Fähigkeiten. Wenn du so außer Kontrolle gerätst dass du tatsächlich aggressiv wirst, muss entweder das Medikament abgesetzt oder der Patient von der Öffentlichkeit ausgesperrt werden... Letzteres meint ne geschlossene Station in der Psychiatrie. Aber wenn etwas passiert, war es trotzdem deine eigene Entscheidung, dich nicht zurückzuhalten.

Schöne Antworten und leider auch richtig, dass man "schuldunfähig" sein kann, wenn...

Warum eigentlich? Wenn ein Mensch unter Drogen, Akohol etc. (immer wieder) ausrastet, dabei Menschen verletzt oder sogar tötet, dann geht von ihm eine deutlich höhere (Wiederholungs-) Gefahr aus, als von einem Menschen, der vielleicht völlig vorsätzlich ein bestimmtes Opfer "ermordete".

Die Annahme, dass ein Psychomörder therapierbar sei, halte ich für eine Fiktion und sichert lediglich die Arbeitsplätze der Psychologen/Psychiater und weiterer Personen. Diese spielen dann Herrgott und Zukunftsdeuter und behaupten, der Täter sei (von ihnen) geheilt (worden) und wäre keine Gefahr mehr für andere.

Für mich wären also die Maßnahmen in solchen Fällen genau gegenläufig zur jetzigen Praxis.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung

Im Endeffekt zählt, ob der "Täter" irgendwann zwischen der Entscheidung, etwas zu tun (es reicht hier ein abstrakter Entschluss) und der Tat selbst in der Lage war zu erkennen, dass es "unschöne" Folgeerscheinungen geben kann.