Schwarzfahren bei Minderjährigen - Muss ich zahlen?

9 Antworten

Schwarzfahren bei Minderjährigen - Muss ich zahlen?

Nein. Solltest du aber.


Richtigerwesie ist deine Tochter gem. § 2 BGB i. V. m.  § 106 BGB beschränkt. geschäftsfähig. Der Beförderungsvertrag mit eurem stillschweigenden Einverständnis verpflichtete sie zwar zur Entrichtung des Fahrgeldes, die Vereinbarung eines erhöhten Beförderungsentgeltes durch euch kann aber nicht angenommen werden, da es eurer Tochter ein hohes Risiko aufbürden würde; §§ 305, 307 BGB.

Insoweit stimmt es zwar, dass ihr nur den Fahrpreis nachentrichten müsstet.

Dummerwesie setzt es fatal falsche erzieherische Anreize, das Fahrgeld künftig ruhig sparen zu können, da Schwarzfahren ja sanktionslos ist.

Dummerweise kann der Verkehrsbetrieb Ersatz der Verdienstausfallkosten seines angestellten Kontrolleurs beanspruchen, § 280 i. V. m. § 241II; 823, 828 BGB i. V. m. § 6 EFZG.

G imager761





uni1234  29.01.2017, 17:51

Auf welcher Grundlage soll hier ein vertraglicher SE-Anspruch mit dem Kind (!) bestehen? Auch ein Anspruch aus § 823 macht keinen Sinn. 

Eltern können nicht für die Straftaten ihre Kinder verantwortlich gemacht werden. Jenes auch nach dem Jugendstrafrecht nicht belangt werden kann, da sie wie du selber schon sagtest strafmündig ist. Allerdings können Familien-rechtliche Sanktionen drohen. Hier jetzt aber mal außen vor lasse. 

Die fahrscheinkontrolleurin hat ihr dann eine Strafe in Höhe von 60€ ausgehändigt

Die Kontrolleurin hätte deiner Tochter überhaupt kein Ticket (erhöhtes Beförderungsentgelt) ausstellen dürfen, da ihre Rechtsgeschäfte nur dann gültig sind, wenn diese ihr lediglich Vorteile bringen. So urteilte unter anderem das Amtsgericht Jena (Az. 22 C 21/01) in einem ähnlichen Fall bereits 2001. 

Kurz gesagt, das erhöhte Beförderungsentgelt musst du nicht zahlen! Jedoch darauf hinweise, das wir dir hier keine rechtsverbindliche Auskunft geben können oder dürfen. Dies dürfen nur qualifizierte Fachpersonen und Juristen. 

LG medmonk 

smellyselly  29.01.2017, 04:15

Heißt es also, dass alle Minderjährigen im Prinzip schwarzfahren können, ohne mit Konsequenzen rechnen zu müssen?

medmonk  29.01.2017, 04:22
@smellyselly

Heißt es also, dass alle Minderjährigen im Prinzip schwarzfahren können, ohne mit Konsequenzen rechnen zu müssen?

Nein, auch dem ist nicht so. Kinder können zwar auf Grund ihrer Strafmündigkeit nach dem Jugendstrafrecht nicht belangt werden, jedoch kann so etwas Familien-rechtliche Sanktionen nach sich ziehen. Was im schlimmsten Fall die Unterbringung in einer staatlichen Betreuungseinrichtung ist. 

Bley1914  30.01.2017, 12:41
@medmonk

Hier ist gang und Gäbe wenn die Eltern nicht zahlen,das Jugendamt einzuschalten, weis jedoch nicht ob das rechtens ist?

Mit freundl.  Bley 1914

verständlich da es eine Straftat ist...

Nur wenn dies vorsätzlich geschehen ist (§ 265a StGB). Beweislastig wäre der Staatsanwalt, entfällt hier aber, da sie mit 13 nicht strafmündig ist. Eine Anzeige würde ins Leere laufen.

Muss ich in diesem Falle diese 60€ Euro bezahlen?

Nein, du bist ja nicht schwarz gefahren, also hast du selbst damit nichts zu tun.

Die 60,- € haben auch nichts mit der strafrechtlichen Wertung zu tun, sondern sind eine zivilrechtliche Konventionalstrafe.

Da aber durch dich wohl kein Einverständnis zum Schwarzfahren vorlag, ist das erhöhte Beförderungsentgelt nicht zu zahlen. Minderjährige können ohne elterliches Einverständnis keine Rechtsgeschäfte schließen durch die sie nicht ausschließlich bevorteilt sind.

Überweise dem Verkehrsbetrieb die Kosten für eine einfache Fahrt. Widerspreche allem weiteren.

medmonk  29.01.2017, 03:31

Da aber durch dich wohl kein Einverständnis zum Schwarzfahren vorlag, ist das erhöhte Beförderungsentgelt nicht zu zahlen. Minderjährige können ohne elterliches Einverständnis keine Rechtsgeschäfte schließen durch die sie nicht ausschließlich bevorteilt sind.

Genau so sieht es aus! Daher nur dick unterstreichen kann. 

Ja. Musst du. Steht groß in den Zügen drauf. Du musst dadurch sorgen, dass dein Kind ein gültiges Ticket hat. Hat sie das nicht und gerät in eine Kontrolle, hat sie hier eine Leistung erschlichen und somit sind die 60€ berechtigt. Wird nicht gezahlt, kommt es zu einer Anzeige wegen Erschleichen von Leistungen. Kauft euch das nächste Mal eine Monatskarte und dann ist alles gut.

MfG
BVB565

medmonk  29.01.2017, 09:53

Wird nicht gezahlt, kommt es zu einer Anzeige wegen Erschleichen von Leistungen.

Ob erhöhtes Beförderungsentgelt bezahlt oder nicht, mittlerweile viele Verkehrsbetrieb Schwarzfahrten sofort anzeigen.

uni1234  29.01.2017, 10:16

Nö muss sie nicht. Und eine Anzeige bei einer 13
Jährigen führt zu nix.

Ob es eine Straftat ist, steht nicht fest. Nicht jeder, der ohne Fahrschein fährt ist ein Straftäter. 

Und selbst wenn: Das hat mit Strafmündig nichts zu tun. Das erhöhte Beförderungsentgelt ist eine zivilrechtliche Forderung und keine strafrechtliche Ahndung. Es passiert oft genug, dass der Betroffene einerseits das erhöhte Beförderungsentgelt zahlt und er trotzdem wegen Leistungserschleichung belangt wird. 

Selbst bei der Konstruktion, dass eine Minderjährige aufgrund einer beschränkten Geschäftsfähigkeit überhaupt keinen gültigen Beförderungsvertrag abgeschlossen hat, bestünde gegen die Minderjährige ein Schadenersatzanspruch von Seiten des Beförderungsunternehmers = es läuft letztlich auf das Gleiche hinaus.

M.E. kommt deine Tochter nicht um die Zahlung rum, man könnte allenfalls um die Höhe des erhöhten Beförderungsentgelts streiten. 

Btw: der Nickname "Mary2003" lässt vermuten, dass nicht du als Mutter, sondern als Tochter schreibst.Geburtsjahr 2003? 

Btw: nicht die Eltern, die 13-jährige haftet ganz alleine. 

medmonk  29.01.2017, 09:45

Es passiert oft genug, dass der Betroffene einerseits das erhöhte Beförderungsentgelt zahlt und er trotzdem wegen Leistungserschleichung belangt wird. 

Kann ich leider nur bestätigen. Seit der Gesetzesänderung bzw. Erhöhung des Beförderungsentgelts (2015) viele Verkehrsbetrieb Schwarzfahrten sofort anzeigen. Richtig teuer wird es dann, wenn es zum Strafverfahren nach § 265a des StGB kommt. Spreche da aus leidiger Erfahrung. 

Für zwei Fahrten ohne Ticket, die á 3,50 € gekostet hätten, am ende mit allem drum dran knapp 1.500,-€ zahlen durfte. Man habe ich mich darüber gefreut. Danach unbewusst falsch gestempelt. Egal, nochmal knapp 1.500,-€ aufgebrummt bekommen. Jetzt vor jeder Fahrt doppelt und dreifach mein Ticket prüfe, ob alles seine Richtigkeit hat. 

RobertLiebling  29.01.2017, 10:42

Selbst bei der Konstruktion, dass eine Minderjährige aufgrund einer beschränkten Geschäftsfähigkeit überhaupt keinen gültigen
Beförderungsvertrag abgeschlossen hat, bestünde gegen die Minderjährige ein Schadenersatzanspruch von Seiten des Beförderungsunternehmers = es läuft letztlich auf das Gleiche hinaus.

Das sehe ich ausnahmsweise anders. Es würde dem Schutzzweck des Minderjährigensrechts widersprechen, wenn hier die - nicht durchsetzbare - vertragsrechtliche Haftung durch die deliktische Haftung ersetzt würde.

M.E. nach ist die Forderung des Verkehrsunternehmens hier nicht durchsetzbar.

furbo  29.01.2017, 10:57
@RobertLiebling

Stimmt, du hast Recht... Asche auf mein Haupt.😣

... und Danke für die Richtigstellung.

uni1234  29.01.2017, 17:49
@RobertLiebling

Genau. Abgesehen davon besteht gar kein ersatzfähiger Schaden, solange das Unternehmen nicht nachweisen kann, dass durch die Mitnahme des Kindes ein anderer Fahrgast nicht mitgenommen werden konnte. Es besteht allenfalls ein Anspruch aus § 812 BGB in Höhe des Fahrpreises (vgl. BGHZ 55, 128 = BGH NJW 1971, 609 ff).