Monatliche erbauszahlung was darf das jobcenter antechnen?

Richi008  21.08.2020, 15:26

Was genau ist deine Frage ?

SirJerryLee 
Fragesteller
 21.08.2020, 15:35

Sorry komme hier noch nicht so zurecht

7 Antworten

Manche Leute erben ein Haus, das sie nicht sofort verwerten können, also vermieten, verpachten, beleihen oder verkaufen. Und manche Leute haben Erbstreitigkeiten, oft mit ihren Geschwistern, und können deshalb ihr Erbe nicht sofort verwerten. Und manche kriegen von einem Nachlass-Verwalter regelmäßig Geld aus ihrem Erbe ausgezahlt, oft für eine Ausbildung. So ähnlich scheint es dir zu gehen.

Aber allen Erben geht es so, wie in erbrecht-heute m. E. zutreffend beschrieben wird:

Mit dem Ableben eines Erblassers tritt ein Erbfall ein, in dessen Rahmen das Hab und Gut des Verstorbenen an den/die Erben übergeht. Dem deutschen Erbrecht entsprechend geht zu diesem Zeitpunkt das gesamte Vermögen des Verstorbenen, das in diesem Zusammenhang den Nachlass bildet, als Ganzes auf den Alleinerben bzw. die Erbengemeinschaft über. Der Gesetzgeber hat dies in § 1.922 Absatz 1 BGB definiert und somit juristisch verankert.

Ab dem Todeszeitpunkt warst du also Erbe des "Vermögens" - und nicht erst ab Verkündigung eines Testaments oder ab Auszahlung des Vermögens!

In diesem Moment ist dir also bei deinem Bedarf an ALG II § 11 Zu berücksichtigendes Einkommen zugeflossen - falls du damals bereits einen Antrag auf ALG II gestellt hast, der später positiv beschieden worden war.

Das Erbe war zu diesem Zeitpunkt kein regelmäßiges (z. B. Monats-)Einkommen wie Gehalt, Rente usw., sondern eine "(3) Einmalige Einnahme", wie in Absatz 3 § 11 SGB II beschrieben wird:

(3) Einmalige Einnahmen sind in dem Monat, in dem sie zufließen, zu berücksichtigen. Zu den einmaligen Einnahmen gehören auch als Nachzahlung zufließende Einnahmen, die nicht für den Monat des Zuflusses erbracht werden. Sofern für den Monat des Zuflusses bereits Leistungen ohne Berücksichtigung der einmaligen Einnahme erbracht worden sind, werden sie im Folgemonat berücksichtigt. Entfiele der Leistungsanspruch durch die Berücksichtigung in einem Monat, ist die einmalige Einnahme auf einen Zeitraum von sechs Monaten gleichmäßig aufzuteilen und monatlich mit einem entsprechenden Teilbetrag zu berücksichtigen.

Und erst nach sechs Monaten wäre die Einnahme dein § 12 Zu berücksichtigendes Vermögen.

Da aber aus dem Erbe kaum etwas "zufließen" tut, greift diese Sechs-Monats-Regel in deinem Fall nur bedingt.

Was aber auf jedenfall greift, jedenfalls spätestens nach sechs Monaten, nach denen eine einmalige Einnahme als Vermögen gilt, ist Absatz 5 in SGB II § 24 Abweichende Erbringung von Leistungen :

(5) Soweit Leistungsberechtigten der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung von zu berücksichtigendem Vermögen nicht möglich ist oder für sie eine besondere Härte bedeuten würde, sind Leistungen als Darlehen zu erbringen. Die Leistungen können davon abhängig gemacht werden, dass der Anspruch auf Rückzahlung dinglich oder in anderer Weise gesichert wird.

Dies gilt für Vermögen wie deines, also die Erbschaft, die wohl ein Notar verwaltet und an die man gesamt (noch) nicht heran kommt, genauso wie für ein (noch) nicht verkaufbares (oder vermietbares, verpachtbares oder beleihbares) Haus oder Grundstück und ein umstrittenes Erbe:

Du solltest ab sofort ALG II nur noch als Darlehen erhalten, und zwar so lange, bis quasi deine Gesamt-Erbschaft unter deine Freibeträge nach Absatz 1 § 12 SGB II gesunken ist.

Dieser Teil deiner Gesamt-Erbschaft steht (später) dem Jobcenter zu, soweit das Amt dir Darlehen ausreicht. Dir stehen die Freibeträge zu (Lebensjahre mal 150,- € plus 750,- € pauschal für einmalige Anschaffungen) und dann wieder ALG II als Zuschuss statt als Darlehen, sobald das ALG II als Darlehen die Höhe des "zu berücksichtigenden Vermögens" erreicht hat.

Gruß aus Berlin, Gerd

PS. Anders sieht es aus, wenn du gar kein Vermögen geerbt hast mit dem Ableben des Erblassers (und das nun von einem Nachlass-Verwalter stückweise ausgereicht wird), sondern aus irgendeinem Fond eine monatliche Zuwendung erhältst, einem Fond, der halt eben zufällig durch eine Erbschaft gespeist wird - wie etwa eine Stiftung!

Dann greift genau das, was isomatte hier geschrieben hat: Du hast einen monatlichen Freibetrag auf das Einkommen, auf die monatliche Zuwendung, der Rest wird angerechnet auf deinen Bedarf an ALG II (falls du nicht noch "riestern" tust oder dergleichen ;-).

SirJerryLee 
Fragesteller
 22.08.2020, 11:19

Als erstes danke für diese ausführliche Antwort und Erklärung.

Nun, was soll ich dazu sagen ausser.... Ich versteh nur noch Bahnhof irgendwie.

Also mein Vater ist 2008 verstorben, zu diesem Zeitpunkt habe ich noch keine Leistungen bezogen. Ich musste ersteinmal ausfindig gemacht werden. Vor 3-4 Jahren bekam ich dann ein Schreiben vom Gericht und wollte diesbezüglich meine Unterschrift da noch meine halbschwester und deren Mutter zu den erben gehören. Nun erhalte ich seid September 2019 87,50€ aus dem nachlass meines Vaters.

GerdausBerlin  23.08.2020, 00:03
@SirJerryLee

Das monatliche Einkommen aus einem Bedürftigentestament ist anzurechnen auf den Bedarf an ALG II im Sinne von SGB II § 11 Zu berücksichtigendes Einkommen, aber erst nach Anrechnung der § 11b Absetzbeträge. Ohne Riestervorsorge usw. bleibt im wesentlichen der pauschale Versicherungs-Freibetrag von 30,- im Monat.

SirJerryLee 
Fragesteller
 22.08.2020, 18:06

.... Und wie verhält es sich bei einer erbgemeinschaft oder einem bedürftigentestament? Hab gelesen, daß man im Prinzip nix zu befürchten hat.

GerdausBerlin  22.08.2020, 23:56
@SirJerryLee

Bei einem Bedürftigentestament - wenn also oder insbesondere wenn der Erbe ein "nicht befreiter Vorerbe" ist - hat dieser in der Tat keinen Zugriff auf das Vermögen, sondern nur auf den Ertrag, den sein Erbteil abwirft - also etwa Zinsen. Dann wird das Erbe auch nicht als § 12 Zu berücksichtigendes Vermögen eingestuft.

Und wenn im Testament zudem noch bestimmt ist, dass ein Testamentsvollstrecker darüber bestimmt, wieviel des Ertrags dem Erben wann erhält und in welcher Form ausgeschüttet wird - also etwa wenig Geld jeden Monat wie bei dir, oder gar nur Naturalleistungen wie Kinokarten und Hobby-Ausrüstungen, die gar nicht auf den Bedarf an Sozialleistungen angerechnet werden -, dann hat das Erbe keinen oder nur geringen Einfluss auf die Höhe des ALG II oder der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII.

Mehr dazu unter

https://www.advocado.de/ratgeber/erbrecht/testament/beduerftigentestament.html

http://erbrecht-blog.blogspot.com/2016/04/das-bedurftigentestament-wann-ist-ein.html

SirJerryLee 
Fragesteller
 24.08.2020, 05:23

Also muss das jobcenter dies als Vermögen rechnen, da mein Vater 2008 verstab und noch keine Leistungen bezogen habe. Also müsste es doch so sein, daß die den Grundfreibetrag (150€ pro Lebensjahr) frei geben müssen. Also dann auch die 87,50 erst dann verrechnen bis das Ende vom Grundfreibetrag ausgeschöpft ist, oder? Ich lebe zudem in einer bedarfsgemeinschaft also wird es auch mal zwei gerechnet wie ich gelesen habe. Werden dann meine Lebensjahr mal zwei gerechnet oder die von jedem einzelnen?

GerdausBerlin  24.08.2020, 10:10
@SirJerryLee

Nein. Als Vermögen gilt zwar der Zufluss von Werten (oder von Rechten an Werten, die man rechtlich durchsetzen kann), der passiert ist, bevor man ALG II beantragt hat. Dies wäre bei einem normalen Erbfall der Fall, wie ich ihn in meinem ersten Posting geschildert habe.

In meiner Antwort auf deine Nachfrage ging ich aber auf den Fall ein, dass ein Bedürftigentestament vorliegt und der Erbe nur Vorerbe ist, der höchstens über den Ertrag des vererbten Vermögens verfügen kann, und gar ein Testamentsvollstrecker Besitzer des Vermögens ist, der nur Teilbeträge des Ertrags an den bedürftigen Vorerben ausschüttet.

In diesem Fall zählt die Erbschaft überhaupt nicht als verwertbares Vermögen des bedürftigen Erben, sprach sinngemäß das Bundessozialgericht, siehe die beiden Links oben.

Falls aber kein Bedürftigentestament vollstreckt wird und das Erbe tatsächlich mit dem Erbfall = Tod des Erblassers an den Erben, also an dich, übergegangen ist, war es zu diesem Zeitpunkt dein Vermögen - und damit anrechenbar auf deinen Bedarf an ALG II (nach Abzug der Freibeträge laut SGB II § 12 Zu berücksichtigendes Vermögen).

Zum Vermögen aller Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft heißt es hier https://www.hartziv.org/was-zaehlt-als-vermoegen.html ):

"Sollte der Grundfreibetrag eines Mitglieds der Bedarfsgemeinschaft nicht voll ausgeschöpft sein, so kann dieser auf andere Mitglieder übertragen werden, da er grundsätzlich mit dem Freibetrag des Partners in der Bedarfsgemeinschaft zusammengerechnet wird.

Eine Übertragbarkeit ist aber nicht bei dem Freibetrag des minderjährigen Kindes möglich (Bundessozialgericht, Urteile vom 13.05.2009 AZ. B 4 AS 58/08 R und B 4 AS 79/08 R). Dieser Grundfreibetrag vom Vermögen ist auch ausschließlich für das Vermögen des Kindes gedacht."

SirJerryLee 
Fragesteller
 26.08.2020, 10:06
@GerdausBerlin

Wie verhält es sich denn nun mit dem WBA, wenn ich dies nun mit angebe. Kann das JC den Bezug der Leistungen gãnzlich einstellen bis zur Klärung?

Mein, da hängt ja auch Miete und Lebensmittel dran.

Und wenn dies soweit geklärt ist, wie ist das mit der Sanktion wovon ich ausgehe von 30%. Werden die nur auf den regel Satz angerechnet oder den Gesamtbetrag mit der Miete?

Und wird dies dann auf die BG angerechnet oder nur auf den Antragsteller, also mich?

SirJerryLee 
Fragesteller
 28.08.2020, 13:02
@SirJerryLee

Hallo auch,

Also es gibt neue Informationen.

Es sieht so aus (hoffe habe es richtig verstanden)

Meine grossmutter (2006 verstorben) hat in ihrem testerment verfügt, das nach dem Ableben meines Vaters an die Abkömmlinge geht also mich, meiner halbschwester sowie deren Ehefrau.

Eine Besonderheit meiner Meinung nach ist, daß mein Vater sich in einem Insolvenz Verfahren befand welches vorranig erst getilgt werden musste.

Die Zahlungen monatlich enden im Laufe kommendes Jahr.

Wenn ich es richtig verstanden habe bin ich demnach garkein Erbe. Mein Vater hatte auch nie irgendein testerment

Wie ist nun meine Lage bezüglich des JC und den Zahlungen seid Sep. 2019

Ist es in irgendeiner Art ein Vermögen oder doch ein Einkommen.?

Wenn die Auszahlung des Erbes über einen Notar geregelt wird, dann ist das sicher auch gesetzlich korrekt so.

Dann käme es unter anderem darauf an ob du noch anderes Einkommen hast, auf das dir schon zustehende Freibeträge berücksichtigt würden.

Wäre das nicht der Fall, dann könntest du jeden Monat von den 87,50 € ( ab 18 Jahren), was dann sonstiges Einkommen wäre, also kein Erwerbseinkommen auf die du dann die Freibeträge nach § 11 b SGB - ll geltend machen könntest ( erst einmal 100 € Grundfreibetrag ) min.30 € Versicherungspauschale geltend machen, es dürften dann max.57,50 € als Einkommen angerechnet werden.

Das mit deiner einmaligen Anrechnung eines Erbes geht hier ja gar nicht, wenn dir jeden Monat diese 87,50 € zufließen und nur darauf kommt es an, dass ganze nennt sich deshalb auch Zuflussprinzip.

Hallo zusammen.

Also folgendes, ich bekomme seid ein paar Monaten monatlich 87,50€ aus einem Erbe ausbezahlt. Ich bin nun verwirrt, ich weiß, das ein Erbe nur einmal angerechnet wird eigentlich aber wie schon gesagt... Ich bekomme einen gewissen Zeitraum 87,50€. Weiß jemand wie das jobcenter dies nun handhabt? Rechnet es dies dann als Einkommen und rechnet mir die 87,50€ an? Das ganze verwaltet ein Notar und ist gesetzlich geregelt mit den Zahlungen. Danke für die Antwort im voraus.

Als erstes einmal danke für eure Antworten.

Was das jobcenter dazu sagt kann ich noch nicht sagen. Wollte es jetzt mit dem WBA mitteilen.

Können die den auch verlangen bzw die nachlass Regelung aufzuheben. Und ich glaube irgendwo etwas von einen Grundfreibetrag gelesen, irgendwie 150€ pro Lebensjahr.

das ein Erbe nur einmal angerechnet wird

Das kommt auf's Erbe an.

Wenn Du aufgrund einer Nachlaßregelung monatlich "nur" 87,50 € gezahlt bekommst, dann sollte dieses Geld jeden Monat als Einnahme angerechnet werden.

Da es sich jedoch um kein Erwerbseinkommen handelt, gelten die Freibeträge hier m.M.n. nicht.

Wie hat das Jobcenter sich denn bislang diesbezüglich verhalten? Wurden jeden Monat diese 87,50 € angerechnet?