Darf in einem Arbeitsvertrag eine Selbstbeteilung bei Schäden verlangt werden?

7 Antworten

Wer will denn im Schadensfall dann das "schuldhaft" definieren? Ich meine, hier gibt es einige offene Fragen. Der Arbeitgeber scheint es sich etwas sehr einfach zu machen, wenn nur das, was der Fragersteller schreibt, im Vertrag steht.

Deutet auf Gerichtsurteil hin. Also Schuld im Sinne einer Verurteilung. Hält sich jemand nicht an betriebliche Arbeits- und Verfahrensanweisungen (z.B. QM und Arbeitssicherheit), z.B. Verstoss gegen Helmpflicht, ist das grob fahrlässig. Normalerweise ist das haftungsbegründend. Steht aber so eine Klausel im Vertrag, haftet man schon bei normaler, leichter Fahrlässigkeit. Und die ist in der Praxis üblich. Insofern finde ich den Arbeitsvertrag eher von Nachteil.

Etwas Anderes ist es, wenn es sich um eine Betriebsbuße handelt. Die kann der Arbeitgeber geltend machen. Aber nicht in der Höhe und als Anteil vom Lohn. Verdient jemand 1.500,- Brutto, soll er vom Brutto oder vom Netto zahlen? Da ist die Forderung also in der Höhe unbestimmt und dann viel hoch. Das ist keine Buße mehr. Bei der kann es sich nur um "Stunden -oder vielleicht noch 1-3 Tageslöhne" handeln.

Aber: Die Höhe der Haftung muss sich relativ zum Monatsgehalt bewegen. Daher ist der Hinweis "bis 500,- €" zutreffend und auch wieder nicht. Die Gerichte legen Haftungsquoten fest: Beträgt z.B. der Schaden 30.000,- €, kann der Arbeitnehmer z.B. mit 1 Monatsgehalt dabei sein. Das ist aber schon sehr hoch! Diese Quote kann der Arbeitgeber nicht einfach selber festlegen. Einen Zivilprozess wird es hier immer geben und ich wünsche dem Fragesteller, dass er eine entsprechende Rechtsschutzversicherung hat! (Eine Private oder als Gewerkschaftsmitglied, dürfte im Beitrag dabei sein.)

Ein Prozess ist daher immer angesagt, denn der Arbeitnehmer darf meiner Ansicht nach niemals einen "Schaden" eingestehen, ähnlich wie beim PKW-Unfall. Hier könnte z.B. die Kranken- oder Unfallversicherung der BG die Zahlungen verweigern.

Ich fasse mich mal nicht kurz, schon allein, weil es sich hierbei um keinen verbindlichen Rechtsrat handelt. Die Erklärung der Arbeitnehmerhaftung hilft Dir vielleicht bei der Einschätzung der Klausel.

Die Haftung der Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber ist generell beschränkt. Das ist dann eine (Sorgfalts-)Pflichtverletzung aus dem (Arbeits-)Vertragsverhältnis. Die Pflicht des Arbeitnehmers ist in dem Falle dann, die geschuldete Arbeit so sorgfältig und gewissenhaft auszuführen, dass kein Schaden entsteht.

"Schuldhaft" bedeutet entweder vorsätzlich oder fahrlässig. Dabei sollte vorsätzlich auch nach allgemeinem Verständnis recht klar sein. Unter fahrlässig versteht man das außer Acht Lassen der im Verkehr (hier: dem Verrichten der Arbeit) erforderlichen Sorgfalt (so steht es in § 276 Abs. 2 BGB).

Eigentlich muss derjenige, der einen Schaden verursacht hat beweisen, dass er keine Schuld daran hatte, also nicht vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt hat. Im Arbeitsrecht gilt das aber schonmal nicht. Nach § 619 a BGB muss es der Arbeitgeber beweisen. (Die Erklärung juristischer Spitzfindigkeiten in den Formulierungen erspare ich Dir. An diesem Punkt reicht es zu wissen, dass Dir der Arbeitgeber im Schadensfall das Verschulden nachweisen muss.)

Die Arbeitsrechtsprechung hat weiter die Haftung des Arbeitnehmers für Schäden, die in Ausführung einer betrieblichen Tätigkeit verursacht worden sind, eingeschränkt.

Voraussetzung: Der Schaden muss bei Ausübung einer betrieblichen Tätigkeit vom Arbeitnehmer verursacht worden sein, Das sind solche Tätigkeiten, die aufgrund des Arbeitsvertrages auf den Arbeitnehmer übertragen worden sind.

Der Umfang der Haftung richtet sich dann nach dem Verschuldensgrad:

  1. Bei Vorsatz - also der absichtlichen oder wenigstens billigend in Kauf genommenen Schädigung, im Hinblick auf den Pflichtverstoß und(!) auf den Schaden sowie bei grober(!) Fahrlässigkeit - also wenn besonders leichtfertig die erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen wurde - haftet der Arbeitnehmer voll(!) für den Schaden. Dabei kann(!) im Einzelfall auch bei grober Fahrlässigkeit noch eine Haftungsbeschränkung eintreten - etwa wenn ein im Verhältnis zum Arbeitsverdienst sehr hoher, für den Arbeitnehmer existenzgefährdender Schaden entstanden ist, oder der eingetretene Vermögensverlust vom Arbeitgeber einkalkuliert oder durch eine Versicherung abdeckbar ist.

  2. Bei normaler, also einfacher Fahrlässigkeit wird grundsätzlich der Schaden geteilt. Es gibt jedoch verschiedene Aspekte, die in der Einzelfallprüfung zu berücksichtigen sind - etwa die Gefahrgeneigtheit der Tätigkeit, die Voraussehbarkeit des Schadens, die Monotonie der Arbeitsleistung und andere. Sprechen die Umstände für den Arbeitnehmer kann das ebenfalls zu einer Haftungsbeschränkung bis zur Haftungsbefreiung führen.

  3. Bei leichter bzw. leichtester Fahrlässigkeit haftet der Arbeitnehmer nicht.

Diese Abwägung der Umstände des Einzelfalls hat die Rechtsprechung vor dem Hintergrund entwickelt, dass der Arbeitgeber ebenfalls Verantwortung an möglichen Schadensfällen hat. Er ist verantwortlich für die Organisation des Betriebs und die Gestaltung der Arbeitsbedingungen. Dabei hat sie sich an der Norm zum Mitverschulden in § 254 BGB orientiert.

Du siehst also - es gibt bereits sehr klare arbeitsrechtliche Regelungen zur Haftung und zur Prüfung des Verschuldens.

Die fragliche Klausel ist ein zweischneidiges Schwert. Zum Einen würde sie Deine Haftung auch dann beschränken, wenn Du nach der Rechtsprechung voll haften müsstest ("Verschuldensgrad 1"). Auf der anderen Seite könnte Sie so verstanden werden, dass Du bei jedem Schaden, selbst wenn Dir nur leichteste Fahrlässigkeit vorzuwerfen ist, Dich stets mit 500 Euro beteiligen müsstest.

Ich würde letzteres für sittenwidrig halten (§ 138 BGB). Daraus könnte folgen, dass entweder der ganze Arbeitsvertrag nichtig ist, oder nur dieser Teil, wenn anzunehmen ist, dass der Vertrag auch ohne die Klausel zustandegekommen wäre (§ 139 BGB).

Es kann auch dazu führen, dass diese Klausel so ausgelegt werden müsste, dass sie nicht sittenwidrig ist (§ 140 BGB). Also wenn Dich eine Schadenersatzpflicht trifft, dann wirst Du nur bis zu 500 Euro beteiligt. Wenn Du nach der Rechtsprechung bei leichter Fahrlässigkeit nicht haften musst, brauchst Du auch nach dieser Klausel nichts zahlen.

Das sind die Möglichkeiten, die ich sehe. Die Frage also,"ob das rechtens ist", kann nicht so eindeutig beantwortet werden. Es kommt darauf an, wie Ihr - Dein künftiger Arbeitgeber und Du - diese Klausel verstanden haben wollt. Ich würde sagen, wenn Ihr es so meint, wie ich bei der Umdeutung geschrieben habe, ist es in Ordnung. Wenn es im - von mir(!) - als sittenwidrig empfundenen Sinn gemeint ist, dann ist es eben nicht rechtens.

Ich hoffe, meine detaillierte Erläuterung war dennoch hilfreich bei Deiner Entscheidungsfindung.

Wer will denn im Schadensfall dann das "schuldhaft" definieren? Ich würde das nicht unterschreiben. Das Gesetz sagt ja, dass der Arbeitnehmer bei grober Fahrlässigkeit auch haftbar gemacht werden kann. Mangels Beweisbarkeit kommt das in der Praxis wohl eher selten wirklich zum Tragen. Eine solche Vertragsklausel gibt dem AG aber fast einen Freibrief, dir für jeden Mist Geld abzuziehen. Da solltest du tatsächlich auf Entfernung bestehen.

vertrag kommmt von - vertragen - wenn du nicht unterschreibst bekommst du die stelle nicht ,,,,vielleicht .... auf der anderen seite wer bestimmt was schuldhaft ist ????das müßten dennn die gerichte .....

vielleicht soll das als abschreckung dienen...ich würde das unterschreiben.....oder ansprechen.....aber auf beseitigung bestehen und dadurch die stelle nicht bekommen.

Nach § 309 Nr.5 BGB i.v.m § 306 BGB kann eine solche Klausel unwirksam sein, wenn die Forderung "pauschaliert" wird - so wie du es schreibst und nicht das Wörtchen " bis " vergessen hast wäre sie unwirksam. Unterschreiben kann man das, in Schadensfall wäre man dann aber nicht greifbar ...

BennoUtzErnaMe  13.12.2011, 02:12

Wenn es ein Vordruck ist - wovon in der Regel natürlich auszugehen ist, das stimmt.

stelari  14.12.2011, 10:42
@BennoUtzErnaMe

Was von 100 Verträgen auf 99 davon zutrifft ...