darf die polizei manchmal ein auge zudrücken?

15 Antworten

Hey omges123,

bei bestimmten Vorfällen darf die Polizei auch mal "ein Auge zudrücken":

Bei Straftaten hat die Polizei jedoch nicht diese Befugnis. Gem. §§ 162 (1) i.V.m. 152 (2) StPO die Pflicht Straftaten zu erforschen und alle keinen Aufschub gestattenden Anordnungen zu treffen um die Verdunkelung der Sache zu verhüten.

Im Grunde bedeutet dies, dass jede Straftat verfolgt werden muss. Die Polizei kann dabei nicht entscheiden ob sie tätig wird oder wie sie tätig wird. Nach diesem Legalitätsgrundsatz geht auch hervor, dass lediglich die Staatsanwaltschaft ein Verfahren einstellen kann, nicht aber Polizeibeamte (auch wenn sie es manchmal gerne machen würden).

Bei Ordnungswidrigkeiten sieht das Ganze dann schon anders aus. Die Grundlage für eine Handlungsweise ergibt sich hierbei aus dem § 53 OWiG.

Hiernach haben die Behörden und Beamten des Polizeidienstes eine Ordnungswidrigkeit nach pflichtgemäßem Ermessen zu erforschen und ggf. zu ahnden.


Der Gesetzgeber hat sich zu dieser Handlungsmöglichkeit entschieden da man zu dem Schluss gekommen ist, dass auch Polizeibeamte Menschen sind. Das sie Straftaten zu verfolgen haben ist selbstverständlich. Aber bei jeder kleinen Sache direkt zur Kasse zu bitten wäre etwas was vom Leistungsaufwand nicht zu bewätligen wäre. Daher kann der Polizeibeamte entscheiden ob er tätig wird, wie er tätig wird oder ob er es bei einer mündlichen Verwarnung belässt (also ein erzieherisches Gespräch).

In gewissen Bereichen herrscht ein Opportunitätsprinzip, d.h. es ist (solange kein Gesetz etwas anderes vorschreibt) freigestellt ob und je nachdem auch wie eine Handlung auszusehen hat.

Ein Beispiel sind Ordnungswidrigkeiten

Sie "darf" eigentlich nicht, sie kann (und sollte) es aber tun. Natürlich nicht immer, und nicht bei Mordfällen, aber wenn ich meine Parkzeit bis 12 Uhr bezahlt habe und ich mein Auto um 12:05 abhole, sollte das eigentlich schonnoch geduldet werden... Wenn ein Polizist mit eigenen Augen sieht, dass das Fahrzeug nach der abgelaufenen Zeit noch dasteht, müsste er theoretisch handeln. Aber warum sollte er sich selbst so nen Stress machen, es weiß ja niemand, dass er es gesehen hat und handeln hätte müssen.

Also meiner Meinung nach kann sowas schon übersehen werden.

Es gibt keine Kavaliersdelikte. Und es gibt klare rechtliche Regelungen, wie in dem jeweiligen Fall vorzugehen ist. Grundsätzlich sind Anzeigen entsprechend zu verfolgen. Ein Ermessensspielraum ist nicht vorgesehen. Jede Entscheidung kann einer rechtlichen Prüfung zugeführt werden. Sollten dann pflichtwidrige Handlungen festgestellt werden, gibt es u.U. ein Disziplinarverfahren. So weit so gut. Bei bestimmten Vorfällen, z.B. Verstöße gegen Verkehrsvorschriften, wäre so etwas schon denkbar. Ich habe es aber noch nie erlebt.

Um das ganz klar festzumachen, die genaue Grenze zu beziffern, Polizisten dürfen ein Auge zudrücken.

Die Grenze ist genau bei 35 Euro.

Bei einer Ordnungswidrigkeit, welche ein Bußgeld von bis zu 35 Euro bedeutet, darf ein Polizeibeamter nach pflichtgemäßem Ermessen das Bußgeld herabsetzen oder ganz darauf verzichten.

Bei allem was drüber ist, nicht mehr. Dann muß er eine gerade Linie fahren und hat nichts mehr dabei zu melden.

gerne jedoch wird diese Grenze bei Polizeibeamten "auf dem kleinen Dienstweg" weiter herabgesetzt, der Ermessenspielraum auf 0 beschränkt, nämlich dann, wenn dessen Vorgesetzter ihm die klare dienstliche Anweisung gibt, alles zu ahnden, immer und ohne Ausnahme.

Dann hat er exakt 0 Spielraum und kann auch kein Auge mehr zudrücken.