„Wenn dein Wachhund nachts einen Einbrecher in den Arm beißt, zahlst du die Behandlungskosten“ - stimmt das?


07.03.2021, 22:29

Mich würden vor allem mögliche dahinterstehenden Rechtfertigungsgrundlagen interessieren.

9 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Es ist eigentlich ganz einfach:

Von Hunden geht per se eine Gefahr aus. Das liegt einfach in der Natur der Sache. Diese Gefährdungslage sollte der Hundebesitzer (in manchen Bundesländern muss er) absichern. Das tut ein verantwortungsbewusster Hundebesitzer durch eine Hundehaftpflichtversicherung. Diese springt immer dann ein, wenn der Hund einen Schaden erzeugt.

Das gilt aber nur für Hunde, die NICHT beruflich gebraucht werden, also nur im privaten Bereich. Ein Hütehund eines Schäfers wird da anders behandelt, genauso wie ein Wachhund einer Wach- und Schließgesellschaft. Dort greifen dann andere Versicherungen.

Ein Hund, der einen Menschen ohne ausdrücklichen Befehl beisst, ist meistens abgerichtet oder es handelt sich einfach um ein Missverständnis vom Hund oder der Halter unterbindet das Verhalten des Hundes nicht. Zweiteres wird ohne Anstalten von der Versicherung übernommen. Dritteres ist immer ein Streitpunkt.

Ersteres dürfte es eigentlich in Deutschland privat nicht geben. Wenn die Versicherung feststellt, dass ein Hund abgerichtet ist und dieser selbstätig bei einem Trigger angreift, wird sie die Übernahme von Personenschäden ablehnen.

Das gilt zum Beispiel bei einem auf dem Grundstück freilaufendem abgerichteten Schäferhund, der jeden Eindringling sofort angreift. Das Ganze ist quasi schon gemeingefährlich und unterscheidet sich nicht viel mehr davon, wenn man sein Grundstück mit Nagel-Spikes vermint oder sein Anwesen mit nicht offensichtlich angebrachtem NATO-Draht schützt.

Grundsätzlich: „gefährliche Schutzmaßnahmen" sind offensichtlich darzulegen. Ein NATO-Draht, der in sicherer Höhe an einem hohen, für Tiere und Passanten nicht erreichbaren Zaun montiert ist, erfüllt diese Bedingung. Lose auf dem Rasen verteilte Nagel-Spikes oder freilaufende Hunde nicht.

Wenn du einen abgerichteten Wachhund hast, dann sollte er in einem Zwinger sein und maximal Alarm schlagen durch lautes Bellen.

Jetzt kommen wir zur Extremsituation: Du wirst mit dem Leben bedroht und die einzige Möglichkeit ist es, deinem Hund den Befehl zum Angriff zu geben. Dann verwendest du den Hund wie eine Waffe. Das wäre Notwehr.

Hunde durfen in Deutschland nicht beissen. Sie dürfen anzeigen dass jemand da ist, also durch bellen, aber sie dürfen nicht zubeissen.

In Deutschland sind Hunde per Gesetz so zu halten dass sie weder Tier noch Mensch Schaden zufügen.

Selbst wenn der Einbrecher bei dir im Wohnzimmer steht. Er kann dich anzeigen wegen Körperverletzung.

Warnschilder machen die Sache nur schlimmer, denn dann wird das gegen dich verwendet und man geht davon aus, dass du wusstest dass dein Hund gefährlich ist.

Mit was das begründet wird kann ich dir nicht sagen. Ich halte es für massiv schwachsinnig. Allerdings ist das rechtlich nun mal so.

Anders ist es, wenn dein Hund im Garten oder im Haus angebunden ist, also gesichert ist, und der Einbrecher zu deinem Hund hin geht.
Dann hast du alles getan um den Hund zu sichern und bist so fein raus.

TheoBN  07.03.2021, 22:43

Boah, angekettete Hunde ... das gibt eine Anzeige vom Tierschutz!!

Csarasz  07.03.2021, 22:45
@TheoBN

🤷‍♀️

14905403  07.03.2021, 23:00

Notwehr ist immer Körperverletzung. Bei Notwehr wird man diese Anzeige immer kriegen. Aber sie wird halt dann keinen Erfolg haben.

oopexpert  07.03.2021, 23:19

"Hunde durfen in Deutschland nicht beissen."

Das ist nicht ganz richtig. Es gibt sicher die Ausnahme der Ausnahme der Ausnahme in Notwehrsituationen... Dann kann es im Zweifel egal sein, ob man demjenigen, der einem nach dem Leben trachtet, mit einem Stock eins über die Rübe gibt oder man seinen abgerichteten Hund auf den Angreifer hetzt.

Wenn sich jemand rectswidrig Zutritt zu deinem Grundstück verschafft, dann darfst du dich wehren. Du musst bei legaler Notwehr keinen Schaden ersetzen. Problematisch wäre es, wenn sich jemand legal Zutritt zur Wohnung verschafft.

Willibergi 
Fragesteller
 07.03.2021, 22:28

Fällt der Angriff eines Wachhunds unter Notwehr?

14905403  07.03.2021, 22:31
@Willibergi

Wenn das beißen (Verteidigung) erforderlich ist um einen rechtswidrigen, gegenwärtigen Angriff (Hausfriedensbruch) abzuwehren, dann ist das Notwehr. Ob du irgendein Werkzeug, eine Waffe oder halt einen Hund nimmst, um dir dabei zu helfen, ist irrelevant

TheoBN  07.03.2021, 22:35
@14905403

Das muss erstmal ein Richter auch so sehen !!!

ich denke so wie Du, zumal ich außenliegend im Wald wohne und zwei Hunde nachts auf dem eingezäunten Grundstück laufen habe.

Kommt jemand nachts auf dem Grundstück zu Schaden (Hunde), bin ich dran.

14905403  07.03.2021, 22:38
@TheoBN

Wenn keine Notwehr vorlag, oder du die Grenzen der Notwehr überschritten hast, bist du dran. Sonst nicht

TheoBN  07.03.2021, 22:41
@14905403

Nachts ein eingefriedetes Grundstück betreten (über Tor oder Zaun klettern) ist kein Notwehrkriterium. Man kann ja dann gemeinsam grillen.

14905403  07.03.2021, 22:43
@TheoBN

Das ist Hausfriedensbruch und somit ein rechtwidriger, gegenwärtiger Angriff auf das notwehrfähige Eigentum.

TheoBN  07.03.2021, 22:44
@14905403

Und die Abwehr muss ohne Hund erfolgen !

14905403  07.03.2021, 22:49
@TheoBN

Quelle für diese Behauptung?

TheoBN  07.03.2021, 22:58
@14905403

Das war meine Schlussfolgerung aus den Aussagen von 14905403 und von Csarasz

14905403  07.03.2021, 22:59
@TheoBN

Wieso schlussfolgerst du das aus meinen Aussagen?

oopexpert  07.03.2021, 23:26
@14905403

"Das ist Hausfriedensbruch und somit ein rechtwidriger, gegenwärtiger Angriff auf das notwehrfähige Eigentum."

Joa. Aber seinen Hund auf den Hausfriedensbrecher zu hetzen ist leider nun mal nicht sofort als erforderlich anzusehen... und das ist halt die Einschränkung bei Notwehrhandlungen. Licht anschalten, dem Einbrecher drohen den Hund loszulassen sind gute Möglichkeiten, gegen so einen Hausfriedensbruch vorzugehen.

Zudem: Hausfriedensbruch ist nicht gleich ein Raub oder ein tätlicher Angriff. Es ist gar nicht notwendig den Hund loszulassen.

14905403  07.03.2021, 23:37
@oopexpert

Hausfriedensbruch ist natürlich ein tätlicher Angriff. Es kann also notwendig sein den Hund loszulassen. Schließlich weiß man niht was der Einbrecher einem will. Ob man jetzt eine Patrone, eine Klinge oder ein Hundehebiss loslässt, ändert nur an der Einstufung der Erforderlichkeit was

oopexpert  07.03.2021, 23:44
@14905403

"tätlicher Angriff" geht auf eine Person, nicht auf eine Sache... eine Sache kann man meistens ersetzen, Gesundheit manchmal nicht...

"Schließlich weiß man niht was der Einbrecher einem will."

Genau. Und deshalb darf nur erst einmal das tun, was erforderlich ist: Den Hausfriedensbrecher darauf hinweisen, dass er sich verpissen soll. Heisst ja nicht, dass man seinen Hund nicht tatsächlich auch loslassen dürfte, wenn die Gefahrensituation Notwehr gebietet.

Ein frei herumlaufender Hund auf dem Grundstück, der jeden ohne dein zutun beisst, der das Grundstück betritt, wird nicht als Element für Notwehr angesehen.

14905403  07.03.2021, 23:49
@oopexpert

Tätlicher Angriff kann auch auf eine Sache gehen, da Eigentum notwehrfähig ist.

Tipp: Les dich ein und komm zurück, wenn du vom Notwehrrecht Ahnung hast, danke.

oopexpert  07.03.2021, 23:56
@14905403

Ich habe Ahnung... Bin Kampfsportler und wurde darin unterrichtet.

Du machst hier aus der Mücke einen Elefanten. Wenn du meinst, dass ein Angriff auf Eigentum notwehrfähig ist, dann reden wir über dasselbe.

"Tätlicher Angriff" kennt unser Gesetz nur im Zusammenhang mit §114 StGB als "Tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamte".

Ansonsten: "Einigkeit besteht zunächst darin, dass die Tätlichkeit als Qualifikationstatbestand in § 185 Alt. 2 StGB eine unmittelbare körperliche Einwirkung auf eine Person meint"

https://kripoz.de/2020/05/15/taetlichkeiten-%C2%A7-185-stgb-und-taetliche-angriffe-%C2%A7-114-stgb-als-unterschiedliche-ehrverletzungsmodalitaeten/

Und nochmal: Wenn du einen Hund auf deinem Grundstück frei rumlaufen lässt, der einen Menschen ohne deinen Befehl beisst, musst du zahlen... wenn du Glück hast nur deine Versicherung. Wenn du einen abgerichteten Hund hast, wird das keine Versicherung übernehmen.

14905403  08.03.2021, 07:44
@oopexpert

Klar, wenn er frei herumläuft ist das was anderes. Er darf ja nur gegen den Angreifer verwendet werden

Csarasz  07.03.2021, 22:33

Korrekt, DU darfst dich angemessen wehren. Der Einsatz eines Hundes ist aber nicht angemessen. Und dein Hund darf auch nicht selbst agieren. Das ist verboten.

Hunde sind so zu halten, dass sie weder Mensch noch Tier gefährden. Das gilt für alle Situationen und alle Tageszeiten.

14905403  07.03.2021, 22:41
@Csarasz
Korrekt, DU darfst dich angemessen wehren

Aber ich kann Sachen nutzen um mich zu wehren. Ob das ein 5€ Pfefferspray ist, ein Hund oder ein AR-15 ist dabei egal.

Der Einsatz eines Hundes ist aber nicht angemessen. Und dein Hund darf auch nicht selbst agieren.

Wenn man überlegt, dass manche für den Einsatz einer Schusswaffe nicht verurteilt wurden, dann halte ih es für wahrscheinlich, dass ein Hund ok ist.

Hunde sind so zu halten, dass sie weder Mensch noch Tier gefährden. Das gilt für alle Situationen und alle Tageszeiten.

Und Schusswaffen sind so aufzubewahren, dass sie nichts und niemanden gefährden. Allerdings dürfen sie in Notwehr genutzt werden, genauso wie Hunde

Csarasz  07.03.2021, 22:44
@14905403

Nein, ist es nicht. Ein Hund darf nicht beissen. Wirklich nicht. Ein Hund darf von privaten weder als Waffe noch als sinstiges Werkzeug eingesetzt werden.
Das darf die Polizei und alle die Diensthunde führen.
Aber als privater ist der Einsatz eines Hundes in jedem fall untersagt.
Erschiess den Einbrecher oder berletze ihn. Da hast du vor Gericht die besseren Karten.

Ist total bescheuert, geb ich dir recht, aber entspricht leider der Tatsache.

14905403  07.03.2021, 22:48
@Csarasz

Gäbe es für diese Behauptung eine offizielle Quelle?

Csarasz  08.03.2021, 06:17
@14905403

Lies die halt das Gesetz durch. Es steht im Tierschutzgesetzt wie ein Hund zu Halten ist.
Auch kannst du dir alte Urteile anschauen.

14905403  08.03.2021, 07:44
@Csarasz

Im Tierschutzgesetz steht nichts davon dass ein Hund nicht beißen darf. Mal abgesehen davon sehe ich bei einem Angriff auf Eigentum die Möglichkeit im Rahmen des Paragraph 34 StGB einen Verstoß gegen das Tierschutzgesetz als verhältnismässige Sache.

Moin,

Behandlungskosten nicht unbedingt, jedoch hat der Einbrecher möglicherweise Schadensersatzansprüche.

Das kommt aber darauf an, wie der Einbrecher sich Zutritt zur Wohnung verschafft hat und ob es beispielsweise Warnschilder gab o.Ä.

Finde ich persönlich typisch Deutsch, weil man ja eigentlich davon ausgehen müsste, dass man als Hundebesitzer in dem Fall unschuldig ist, aber je nach Vorfall und Umständen, trifft einen selbst ebenfalls eine gewisse Schuld. 😉

Viele Grüße ^^

Willibergi 
Fragesteller
 07.03.2021, 22:27

Das „möglicherweise“ hilft mir jetzt nur bedingt weiter. Was wäre eine mögliche Situation, in der der Hundebesitzer schadensersatzpflichtig ist? Ich kann mir durchaus vorstellen, dass das rechtzufertigen ist - mich würde aber interessieren, welche Umstände das seien könnten und wie der Schadenersatzanspruch dann - exemplarisch - konkret begründet ist.

MrCuukie  07.03.2021, 22:37

"und ob es beispielsweise Warnschilder gab o.Ä."

Was ein dummes Gesetz ... xD

Warum soll ich denn Warnschilder aufstellen, wenn normalerweise niemand ins Haus hereinkommen sollte ... Außer eben man macht es wie ein Einbrecher ohne Erlaubnis was aber eine Straftat wäre und somit seine eigene Schuld wäre ... WEIL ER IM HAUS NICHTS ZU SUCHEN HAT??????? XD

"An alle Einbrecher: Hier ist ein Hund, der dich beißen könnte"

Csarasz  07.03.2021, 22:39
@MrCuukie

Waenschilder bringen nix. Im Gehenteil, die wären in so einem Fall schädlich, da man ja somit offiziell zugibt einen aggressiven Hund zu haben.

Es ist wahr. Wenn du Schutzmaßnahmen hast um dich vor Einbrecher zu schützen und der Einbrecher erleidet durch diese Schutzmaßnahmen einen schaden oder stirbt sogar dann haftest du.

Verrückt aber das ist Deutschland

oopexpert  07.03.2021, 23:31

Das ist nicht wahr. Die Schutzmaßnahmen, die gefährlich sind, müssen nur offensichtlich erkennbar sein. Ein freilaufender beißender Hund auf dem Grundstück oder im Rasen liegende Nagelspikes oder im Gebüsch versteckter NATO-Draht sind das nicht.