Geschenkter Motorroller, wird das aufs ALG II angerechnet?

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Drei Daumen hoch für eine rechtswidrige Antwort auf eine rechtliche Frage kann ich nicht unbeantwortet lassen! Richtig ist daran nur, dass ein Mörder nicht bestraft wird, wenn er nicht verhaftet werden kann ...

Und die Rechtslage ist so: Wer Arbeitslosengeld II (ALG II) bezieht, kriegt im Grunde weniger ALG II, wenn er Einkommen erzielt. Anderes würde sicher kein Bürger verstehen. Wer 1.000,- Einkommen hat im Mai sollte sicher nicht genauso viel ALG II erhalten wie der, der keine 1.000,- Einkommen hat im Mai - oder ist da wer anderer Ansicht?

Das Gesetz jedenfalls nicht, dem ist es sogar schnuppe, ob ich die 1.000,- Einkommen in Scheinen bekomme oder in Gold oder als Motorroller: "§ 11 Zu berücksichtigendes Einkommen - (1) Als Einkommen zu berücksichtigen sind Einnahmen in Geld oder Geldeswert abzüglich der nach § 11b abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in § 11a genannten Einnahmen." http://www.gesetze-im-internet.de/sgb_2/index.html

Der Geldeswert eines geschenkten Gegenstandes ist hier zum Zeitwert zu berechnen, und der ist bei einem fabrikneuen Motorroller entweder der korrekte Verkaufspreis - oder, falls dieser, nicht korrekt ist, sondern getürkt worden ist, der Schätzpreis eines Sachverständigen. Der Einfachheit halber kann man vorab aber schon mal den Listenpreis nehmen, abzüglich der aktuell üblichen Rabatte ...

Dann kucke man in Absatz 3 § 11 SGB II, dann weiß man, welchen Einfluss solch ein Geschenk auf die Höhe des ALG II haben: "(3) Einmalige Einnahmen sind in dem Monat, in dem sie zufließen, zu berücksichtigen."

Oder eben über sechs Monate, wenn die einmalige Einnahme recht hoch ist, einfach weiterlesen dort.

Anders sieht es rechtlich aus, wenn man keinen Roller geschenkt bekommt, sondern geliehen. Dann ist eben der Geldeswert eines Leihrollers in jedem Monat anzusetzen als anrechenbares Einkommen (nach entsprechenden Abzügen laut § 11 b SGB II):

Was kostet ein Leihroller so im Monat? Von dieser Marke und Klasse vielleicht 350,-. Dann hätten wir einen Freibetrag von 30,- für private Versicherungen nach Absatz 1 Nr. 3 § 11b SGB II, und dann noch die Haftpflichtversicherung für den Roller.

Natürlich kann ich mir auch heimlich einen Roller leihen oder einen Masseratti, aber sobald dies erkannt wird, bleibt es bei meiner Berechnung.

Gruß aus Berlin, Gerd

Und hiermit hast Du gerade selbst die Antwort darauf gegeben warum der "rechtswidrige" Beitrag ganz oben mittleweile 4 DH bekommen hat! Ein nicht enden wollendes Procedere wegen einem Vater, der seinem Sohn eine Freude machen möchte... !

Noch kurz zum Grund der vielen positiven Bewertungen oben... Vielleicht liegt es daran, dass die Menschen mittlerweile erkennen, dass das halbe Hartz- Gesetz im Grunde rechtswidrig ist und in vielen Punkten mit dem Grundgesetz auf das heftigste kollidiert?!!!?? So wie der Staat diesen Menschen ihre Würde und ihre Grundrechte raubt, ist es kein Wunder, wenn da eine Gegenwehr kommt! Völlig verständlich!

@sonnig0815

Vielleicht liegt es daran, dass die Menschen mittlerweile erkennen, ...

Vielleicht liegt es auch daran, dass die Leute grundsätzlich nur wenig Unrechtsbewusstsein haben, wenn es um "den Staat" oder die "Allmende" geht, denn - seien wir mal ehrlich - Schwarzarbeit und Steuerhinterziehung gab es schon vor Hartz IV ... und das nicht, weil die Leute in ihrer Würde und ihren Grundrechten beschnitten wurden.

Das, was für dich Gegenwehr ist, ist für mich blanke Gier. Wer seine Grundrechte gefährdet sieht, kann doch klagen ... oder sehe ich das falsch?

@VirtualSelf

Hallo, vielen Dank für Eure interessanten und teilweise sehr ausführlichen Antworten. Habe meinem Vater inzwischen gesagt, dass er mir keinen Roller schenken soll. Sonst bin ich ja der Dumme. Das Fahrrad muss eben reichen.

macht doch einfach einen kaufvertrag mit einem geringen preis zb. 10 euro oder so. das jobcenter kann dir ja schlecht vorschreiben zu welchem preis du was kaufen darfst.

Auch wenn der Roller ökonomisch Einkommen ist (Wertezufluss), sollttest du gute Chancen haben, die Schenkung anrechnungsfrei halten zu können.

Das Ganze kann über den § 11 a Abs. 5 SGB II laufen:

(5) Zuwendungen, die ein anderer erbringt, ohne hierzu eine rechtliche oder sittliche Pflicht zu haben, sind nicht als Einkommen zu berücksichtigen, soweit

1. ihre Berücksichtigung für die Leistungsberechtigten grob unbillig wäre oder

2. sie die Lage der Leistungsberechtigten nicht so günstig beeinflussen, dass daneben Leistungen nach diesem Buch nicht gerechtfertigt wären.

Grob unbillig wäre es ggf., weil der Gesetzgeber ein angemessenes KfZ pro erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in § 12 Abs. 3 SGB II explizit privilegiert.
Solltest gute Chancen haben, diese Auffassung durchzusetzen (wäre zumindest bei uns im JC kein Problem ^^).

2. sie die Lage der Leistungsberechtigten nicht so günstig beeinflussen, dass daneben Leistungen nach diesem Buch nicht gerechtfertigt wären.

Und was sagt die Rechtsprechung zum Thema "nicht so günstig"? Früher meinte die Bundesagentur für Arbeit in ihren Hinweisen zu § 11a SGB II sinngemäß, dass dies nicht geprüft werden muss, wenn die Zuwendung nicht die Höhe des halben Regelbedarfs überschreitet.

Heute gilt für Geschenke anlässlich einer Kommunion usw. dass die Freibeträge für Vermögen nach Absatz 2 § 12 nicht überschritten werden dürften. Und es gibt Beispiele, die sich so ganz und gar nicht nach einem geschenkten Motorroller anhören:

  • "Gesellschaftliche Preise zur Ehrung von Zivilcourage

  • Ehrengaben aus öffentlichen Mitteln (Altersjubiläum, Lebensret-tung)

  • Spenden aus Tombolas für bedürftige Menschen (insbesondere in der Vorweihnachtszeit)

  • Begrüßungsgelder für Neugeborene" http://tinyurl.com/7l6y23a

Grob unbillig wäre es ggf., weil der Gesetzgeber ein angemessenes KfZ pro erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in § 12 Abs. 3 SGB II explizit privilegiert.

Wo kann man das sonst noch nachlesen? Der Gesetzgeber hat nämlich ein KfZ nur als Vermögen privilegiert, nicht als Einkommen!

Was sich aber eher analog zu einem Motorroller anhört ist ein Führerschein. Hierzu meint die Bundesagentur:

"Die Entscheidung hat insbesondere den Anlass, den Zweck und die Höhe der Zuwendung zu berücksichtigen.Beispiel:

Die Großmutter eines leistungsberechtigten Kindes finanziert diesem zum 18. Geburtstag den Führerschein der Klasse B mit einem Wert von 2.000 Euro. Die Zuwendung kann nicht für den Lebensunterhalt einge-setzt werden, weil sie zweckgerichtet erbracht wird."

Nun ist ein Schein aber eine Ausbildung und kein Vermögenswert. Ein Schein dient auch dem beruflichen Fortkommen, könnte das zumindest. Ein Roller aber nur dem Zeitvertreib, so lange man keine Stelle hat.

Gruß aus Berlin, Gerd

@GerdausBerlin

Die Unbilligkeit resultiert daraus, dass eine Verwertung dem in § 12 Abs. 3 Nr. 2 SGB II kodifizierten bzw. zum Ausdruck kommenden Willen des Gesetzgebers, dass Fahrzeuge - aus naheliegenden Gründen, nämlich weil sie die Vermittelbarkeit bzw. die Wahrscheinlichkeit einer Erwerbseinkommensgenerierung erhöhen - widerspräche. Und dieser Wille ist eben bei der Gesetzesanwendung auch zu berücksichtigen.

@VirtualSelf

Das mit der besseren Vermittelbarkeit durch das geschenkte Fahrzeug klingt recht einleuchtend, aber ich traue denen vom Jobcenter nicht. Habe inzwischen meinem Vater gesagt, er soll mir vorläufig keinen Roller schenken. Füße und Fahrrad müssen reichen.

Eine Schenkung würde Dir angerechnet werden. Sucht einen anderen Weg.

Es ist traurig, wenn ich mir überlege, dass der Staat und das Hartz Gesetz Euch Bedürftigen im Grunde keine Freiheit, keine Privatsphäre und keine Menschlichkeit erlaubt!

Da müssen Kontoauszüge offengelegt werden, Hausbesuche/ durchsuchungen erduldet werden, und ein Vater darf seinem Sohn keine Freude mehr machen.....

Was ist nur aus diesem Deutschland geworden?? Ihr solltet mal überlegen, wie Eure Grundrechte bei Hartz 4 mit Füssen getreten werden und dann wehrt Euch!