gefährliche körperverletzung oder versuchter totschlag?
Vor nun fast einem jahr wurde ich auf einem weinfest zusammengeschlagen. ich erkläre die hintergründe in kurzform:
ich habe mich mit meiner besten freundin gestritten (beide betrunken) und wollte den ort verlassen das wir uns beide beruhigen. einer der täter rempelte mich an und lies mich nicht vorbeilaufen. irgendwann stieß ich ihn zu boden und bekam daraufhin den ersten schlag ab. da ich keine lust auf größere probleme hatte verließ ich die stelle und lief ziellos umher, bis mich zwei junge frauen ansprachen die das ganze vorher beobachtet hatten und wissen wollten ob es probleme gab. während ich antworten wollte kamen unvorbereitet 3 dunkel gekleidete jugendliche und schlugen und traten mich erst bewusstlos und danach noch (das weiß ich aus zeugenberichten) weiter auf mich ein bis sie verjagt wurden. ich erlitt eine schwere gehirnerschütterung, eine delle im linken augapfel, ein riss entlang des linken, unteren augenlieds; mehrere kleinere verletzungen am hinterkopf, 3 geprellte rippen und ein stumpfes bauchtrauma (prellung des magenbereichs).
der vorläufige anklagepunkt lautet gefährliche körperverletzung. heißt es allerdings nicht das bei bewusster inkaufnahme lebensefährlicher verletzungen der anklagepunkt versuchter totschlag sein sollte?
7 Antworten
Hallo BlazeHD,
grundsätzlich wäre zwar in dem von Dir geschilderten Fall auch eine Anklage wegen:
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versuchten Mordes, strafbar gem. 211 StGB oder
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versuchten Totschlag, strafbar gem. 212 StGB
möglich.
Das die Anklage "nur" auf "gefährliche Körperverletzung gem: 224 StGB lautet, liegt aller Wahrscheinlichkeit an folgendem Paragraphen:
§ 15 StGB - Vorsätzliches und fahrlässiges Handeln
Strafbar ist nur vorsätzliches Handeln, wenn nicht das Gesetz fahrlässiges Handeln ausdrücklich mit Strafe bedroht.
Das heißt, von den Tathandlungen könnte zwar durchaus ein Mord oder Totschlag im Versuch vorliegen, aber da gem. 15 StGB die Tat nur bei Vorsatz strafbar ist, müsste man den Tätern nachweisen, dass diese den Vorsatz hatten Dich zu töten.
Ich gehe mal davon aus, dass genau der Nachweis fehlt, dass die Täter mit dem Vorsatz zusammengeschlagen haben, dass Du durch die Misshandlungen verstirbst. Auch dürfte den Tätern nicht nachweisbar gewesen sein, dass diese zumindest billigend im Kauf genommen haben, dass Du durch die Verletzungen stirbst (nennt sich dann bedingter Vorsatz).
Die Ermittlungen werden vielmehr ergeben haben, dass die Täter eben nicht vorhatten, dass Du stirbst und dieses noch nicht einmal billigend in Kauf genommen haben, sondern einfach nur zugeschlagen und zugetreten haben um Dich "nur" zu verletzen.
Und wenn die Täter "nur" vorhatten Dich zu verletzten, bleibt nur noch die gefährliche Körperverletzung als Anklagepunkt bestehen.
Sollte sich in der Gerichtsverhandlung aber ergeben, dass die Täter zumindest in Kauf genommen haben, Dich zu verletzen oder sogar vorhatten Dich zu töten, kann der Anklagepunkt auch erweitert werden und eine Verurteilung wegen eines versuchten Totschlages oder wegen versuchten Mordes wäre möglich.
Der Unterschied zwischen Mord und Totschlag ist sowieso recht schwimmend und es kommt nicht einmal unbedingt da drauf an, was sie gemacht haben, sondern mit welchen Gedanken und welchen Vorsatz die Täter gehandelt haben. Deshalb ist es immer ganz entscheidend, was die Täter in den Vernehmungen vor der Polizei und später vor dem Richter aussagen.
Ist jetzt nur ein Beispiel: Würde in der Gerichtsverhandlung ein Video der Täter auftauchen, in denen sie schon vor der Tat geprallt hätten, wir ziehen heute Abend los und schlagen auf Jemanden ein um zu sehen wie der ganz langsam stirbt, wäre durchaus eine Verurteilung wegen versuchten Mordes möglich, weil hier sogar zwei Tatbestandsmerkmale, nämlich MORDLUST und zusätzlich aus niedrigen Bewegründen vorliegen könnten.
Aber ich wiederhole mich noch einmal, ich gehe davon aus, dass in Deinem Fall keine Anhaltspunkte vorliegen, dass die Täter Deinen Tot gewollt oder in Kauf genommen haben, sondern dass die "nur" mit dem Vorsatz gehandelt haben Dich zu verletzen.
Schöne Grüße
TheGrow
Gilt das denn auch wenn es beweise gibt das zumindest einer der drei täter damit gepralt hat das es spaß gemacht hat?>
Nein, dass einer der Täter damit geprahlt hat, dass es ihm Spaß gemacht hat, ist ja kein Hinweis da drauf, dass sie den Vorsatz hatten Dich zu töten. Das ist ja allenfalls ein Hinweis da drauf, dass es den Tätern oder zumindest dem einen Täter Spaß gemacht hat Dich zu verletzen.
alles klar danke
Trete doch als Nebenkläger gem. § 395 StPO dem Verfahren bei.
Dann hast Du ein eigenes Antragsrecht.
Ausserdem kannst Du Dir einen Anwalt nehmen (Nebenklägervertreter), den die verurteilen auch zahlen dürfen.
Für einen versuchten Totschlag hätte eine Tötungsabsicht bestehen müssen, das war in diesem Falle wohl nicht gegeben. Die Staatsanwaltschaft ist wohl dieser Meinung und das passt auch zu deiner Schilderung. Die Inkaufnahme von potentiell lebensgefährlichen Verletzungen ist dabei schon berücksichtigt, so z.B. die Verletzungen im Kopf- und Bauchbereich.
die frage ist ob wirklich keine tötungsabsicht besteht wenn drei leute auf einen bewusstlosen einschlagen und treten und erst nachlassen wenn sie verjagt werden. dann könnte man doch evtl davon ausgehen oder nicht?
Okay, das habe ich beim ersten Mal nicht gelesen... Ich bin leider kein Jurist. Kommt sicher auch auf die individuelle Betrachtung an. Oder vielleicht könnte man ihnen die Absicht nicht nachweisen
Oder vielleicht könnte man ihnen die Absicht nicht nachweisen
Womöglich haben sich die Angeschuldigten bzw. angeklagten bereits durch Ihre Verteidiger geäußert und halt gesagt, dass es um einen "Denkzettel" oder dergleichen ging, jedenfalls keinerlei Tötungsvorsatz bestanden hat.
Für einen versuchten Totschlag hätte eine Tötungsabsicht bestehen müssen, das war in diesem Falle wohl nicht gegeben.
Ein Tötungsvorsatz würde reichen, dazu genügt weniger als zur Tötungsabsicht.
Das entscheidet alleine der Staatsanwalt. Und schlußendlich ein Richter.
der vorläufige anklagepunkt lautet gefährliche körperverletzung. heißt es allerdings nicht das bei bewusster inkaufnahme lebensefährlicher verletzungen der anklagepunkt versuchter totschlag sein sollte?
Wenn die Täter darauf vertraut haben, dass das Opfer überleben wird, dann ist es kein versuchter Totschlag.
Zur Abgrenzung hier: http://de.m.wikipedia.org/wiki/Eventualvorsatz
Gilt das denn auch wenn es beweise gibt das zumindest einer der drei täter damit gepralt hat das es spaß gemacht hat? zufällig hat das einer der täter unwissend in der nähe eines bekannten gemacht. dieser verweigert jedoch bis jetzt die aussage aus angst
aber vielen dank mittlerweile hab ich den grund verstanden :)