Wie wehrt man sich gegen einen Abrissbescheid?

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Abrissverfügung ist dann wirksam, wenn der Bau formell und materiell rechtswidrig ist. Formelle Rechtswidrigkeit liegt vor, wenn keine Baugenehmigung vorliegt. Materielle Rechtswidrigkeit liegt vor, wenn es gegen bauplanungsrechte Bestimmungen oder gegen bauordnungsrechtliche Bestimmungen verstößt. Letzteres ist z. B. gem § 35 BauGB dann erfüllt, wenn im Außenbereich gebaut wurde, es sich um kein privilegiertes Bauvorhaben (§ 35 I BauGB) handelt und öffentliche Belange beeinträchtigt sind (35 II BauGB).

35 III BauGB

Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben

1. den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht,

2. den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht,

3. schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird,

4. unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert,

5. Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet,

6. Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet,

7. die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder

8. die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.

Des Weiteren ist eine Abrissverfügung unwirksam, wenn ein Bestandschutz vorliegt. Bestandsschutz bewirkt, dass eine einmal rechtmäßig errichtete bauliche Anlage nicht rechtswidrig wird, auch wenn sich im Nachhinein das öffentliche Recht ändert. War der Bau damals legal, ist die jetzige Abrissverfügung unwirksam.

Ihre Eltern sollen gegen diesen Bescheid Widerspruch einlegen. Die Frist beträgt 1. Monat ab Zustellung des Bescheids. Des Weiteren empfehle ich ihnen einen Anwalt. Finde die Maßnahme der Stadt beschämend.

Mfg

Die Abrissverfügung ist nur dann wirksam, wenn der Bau formell und materiell rechtswidrig ist. Liegt nur eine formelle Rechtswidrigkeit (keine Baugenehmigung) vor, ist die Abrissverfügung unwirksam.

Was an der Maßnahme beschämend sein soll, erschließt sich mir jetzt nicht wirklich. Nach Rechtsauffassung der Kommune liegt hier offenbar ein Verstoß gegen materielles und formelles Recht vor bzw. wird noch geprüft (da noch kein Bescheid ergangen zu sein scheint). Ergibt die Prüfung ein negatives Ergebnis, wird die Abrissverfügung erteilt. Immerhin muss dazu der Eigentümer - zumindest nach der Rechtsauffassung der Kommune - erhebliche Rechtsverstöße begangen haben, die letztlich diejenigen schädigen, die den formaljuritisch korrekten Weg gegangen sind.

@FordPrefect

Da haben sie wohl Recht. Wer illegal baut, muss auch mit späteren Konsequenzen rechnen. Aber erst nach 20 Jahren tätig zu werden und ein älteres Ehepaar (" ...sie wohnen dort jetzt schon seit dieser Zeit. Das Grundstück ist nicht gepachtet sondern gehört meinem Vater schon seit der Nachkriegszeit...") aus ihrer eigenen geliebten Wohnung fortzuschicken, finde ich persönlich nicht gut. Aber das ist natürlich Ansichtssache. Vielleicht denke ich zu nett ;-).

@Tronje84

Man darf durchaus davon ausgehen, dass die Illegalität dem Besitzer völlig bewusst war. Selbst ein baurechtlich völlig Ahnungsloser würde nicht einfach anfangen, eine Gartenlaube ohne Nachfrage bei der Verwaltung (oder bei Nachbarn) in eine Wohnung um- und auszubauen.

Es ist i. W. alles bereits gesagt worden. Bei Abrissverfügungen gegen Schwarzbauten kann sich u. U. das Problem der "(Un-)Gleichheit im Unrecht" stellen. Betroffene wenden oft ein, dass die Behörde in vergleichbaren Fällen keine Abrissverfügung erlassen hat. Dieser Einwand kann nur dann Erfolg haben, wenn der Behörde ein willkürliches Vorgehen nachgewiesen werden kann, d. h. wenn sie aus unsachlichen Gründen nur gegen einen Schwarzbau vorgeht, obwohl sie von der Existenz vergleichbarer Fälle weiß und diese toleriert. Die Erfolgsaussichten dieses Einwandes ist also sehr begrenzt.

Was aus der Schilderung nicht hervorgeht, ist, ob ein Bauantrag gestellt wurde. Wurde dieser nicht gestellt, so steht hier die Frage, ob ein Duldungsrecht wg. der langen "Untätigkeit" erwirkt werden könnte - Gewohnheitsrecht. Diese Frage ist nicht leicht zu beantworten. Wenn die Verwaltung der Stadt eben erst nach 20 Jahren Kenntnis von dem ungenehmigten Bau erlangt und umgehend handelt, so ist keine stillschweigende Duldung gegeben gewesen und der Abriss ist rechtens. Davon abgesehen ist dieser aber sowieso von Beginn an rechtens, weil die Stadt einen Gesetzesverstoss nicht dulden darf, und der "Übeltäter" kann sich nicht auf die Duldung eines Gesetzesverstoßes berufen und darin neues "Unrecht" erwirken. Das Wohnen in einer Gartenkolonie ist dann nicht gestattet, wenn es zum Dauerzustand wird. Nach dem Planungsrecht, das die Stadt durch Flächennutzungspläne ausgestaltet, wird festgeschrieben, welche Flächen z. B. für Industrie und Gewerbe, welche für Wohnen und welche privilegiert für Freizeit, Sport und Tourismus nutzbar sind. Drittens könnte das dauerhafte Wohnen in Gartenlauben (am Rande der Städte z. B.) zur sogenannten Zersiedlung der Orte führen, welche nach der Bundesbauordnung zu verhindern ist. Zusammenfassung: die städtischen Behörden haben vielleicht 20 Jahre lang geschlafen. Die Herstellung der Gesetzlichkeit liegt jedoch im öffentlichen Interesse und geht auch nach Abwägung der Zumutbarkeit der Abrissanordnung dem persönlichen Schutzinteresse vor, so dass auch eine sogenannte sofortige Vollziehung zu rechtfertigen wäre.

Hallo das ist retlich sehr schwierig und kann nur allgemein beantortet werden. Als aller erstesw muß gegen den Bescheid ( erkennt man an der Rechtsbelehrung) wiedersprochen werden. Widerspruch entwerder per Einschreiben Rücksschein oder zu Protokoll der Gechäftsstelle. Anders geht es nicht. Dann kann man später den Einspruch begründen. Hier muß dargelegt werden warum man Einspruch erhebt. In diesem Fall ist es das Argumetn der Ersitzung bzw Besitzstandswahrung ( 20 Jahre hat keiner was gesagt also kann es nicht illegal sein) wichtig ist das nachgewiesen werden kann das alles vor 20 Jahren gebaut worden ist und alle dies wußten.

Dem Widerspruch kann stadtgegben werden ( haus bleibt stehen ) oder nicht ( haus muß abgerissen werden) Dann hat man immer noch die Möglichkeit vor das Gericht zu ziehen .

Gruß

Theo

Besitzstandwahrung im Unrecht gibt es nicht. War der Bau schon vor 20 Jahren illegal, weil genehmigungspflichtig (wovon auszugehen ist), ist er es bis heute. Nur weil das in der Verwaltung nicht auffiel (wer kontrolliert schon den Baubestand), ist es längst nicht legal. Deswegen werden Schwarzbauten (und um eben so einen geht es hier wohl) mit Abrissbescheiden bedient, sobald (z.B. wegen einer anderen genehmigungspflichtigen Maßnahme am selben oder einem benachbarten Objekt) dies der Verwaltung bekannt wird.

@FordPrefect

Absolut richtig! Sonst wäre das Gesetz ja überflüssig: Alle, die vorher um Genehmigung ansuchen, sind die Dummen, die anderen gehen nach dem Motto "Frechheit siegt" vor.

Das einzige, worauf man sich verlassen können muss: Zuerst ist als mildestes Mittel zu prüfen, ob die Genehmigung nachträglich erteilt werden kann. Wenn also eine Abrissverfügung erfolgt, dann ist diese Prüfung in der Regel erfolgt, und es gib offenbar Gründe dagegen.

@williwu

Hallo Ihr habt beide Recht Ich habe in einem Halbsatz folgendes gesagt und ..(..) ....alle dies wußten...( ) . Klar nur wenn die Zust Stelle es wußte und nichts gemacht hat kann es Besitzstandswahrung geben. Aber auch das war falsch von mir das Stichwort heißt "Ersitzung" ob es hier greift kann ich aber nicht sagen. Letzendlich einspruch einlegen den Rest sieht man. Gruß

Theo

@Theo130170

Den Tatbestand der Ersitzung (§ 900 BGB) kann nur auf bewegliche Güter und Grundstücke angewandt werden, nicht auf - auch rechtsirrtümliche - Rechtsverstöße.

Die Zitate des § 35 BauGB sind unzureichend und für Laien unverständlich. Außerdem weiß niemand, ob es sich wirklich um § 35 BauGB handelt oder ob nicht durch Bebauungsplan z.B. ein Kleingartengelände festgesetzt ist. Dann gilt z.B. § 30 BauGB.

Davon unabhängig:

Wenn keine Baugenehmigung besteht darf in Gartenhäusern nicht dauerhaft gewohnt werden; wenn es zum Wohnen genehmigt ist ist es ein Wohnhaus.

Die Bauaufsicht kann gegen illegale Vorhaben jederzeit vorgehen, auch wenn sie schon 20 Jahre stehen

Zu trennen ist zwischen Gebäude und Nutzung; wenn es als Gartenhaus genehmigt wurde, kann nur die Nutzung als Wohnung verboten werden.

Eine Abrissverffügung ist nur möglich, wenn keine Genehmigung vorliegt und eine Baugenehmigung auch nicht nachträglich erteilt werden kann (fomelle und materielle Illegalität)

Gegen Abrissverfügungen kann man Widerspruch einlegen; bringt Zeitgewinn, wird aber teuer.

Der § 35 BauGB war auch nur ein Beispiel. Natürlich muss der Bau im Außenbereich liegen. Diese Voraussetzung steht aber auch im § 35 BauGB. Aber auch im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der die Voraussetzungen des § 30 I BauGB nicht erfüllt (einfacher Bebauungsplan), richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben nach § 34 oder § 35. Gerade bei Kleingärden reicht oft ein einfacher Bebauungsplan aus. Jedoch muss der Sachverhalt klar feststehen, so dass mangels genaueren Informationen nur spekuliert werden kann ;-).

@Tronje84

Bei einfachen Bebauungsplänen richtet sich die Zulässigkeit nach § 30 Abs. 3 BauGB. Erst wenn danach alle Festsetzungen beachtet sind kann für weitere Zulässigkeitskriterien auf § 34 BauGB, oder wenn keine Umgebung feststellbar ist, auf § 35 BauGB zurückgegriffen werden.

Die Zulässigkeit eines Vorhabens innerhalb des räumlichen Geltungsbereiches eines einfachen Bebauungsplanes kann nie allein nach § 35 oder § 34 BauGB beurteilt werden!!

@Seehausen

"Aber auch im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der die Voraussetzungen des § 30 I BauGB nicht erfüllt (einfacher Bebauungsplan), richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben nach § 34 oder § 35."

Mit diesem Satz habe ich doch den § 30 III BauGB inhaltlich wiedergegeben :-D.

(3) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht erfüllt (einfacher Bebauungsplan), richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben im Übrigen nach § 34 oder § 35.

Aber egal, wir sind uns ja inhaltlich einig.

Mfg

@Tronje84

Gesetzte abschreiben ist einfach, Gesetze verstehen ist schwierig. Genau so, wie ich geschrieben habe, ist dieser Gesetzestext zu verstehen und anzuwenden:

Erst wenn alle Festsetzungen eines einfachen Bebauungsplanes beachtet sind kann für weitere Zulässigkeitskriterien auf § 34 BauGB, oder wenn keine Umgebung feststellbar ist, auf § 35 BauGB zurückgegriffen werden. Die Zulässigkeit eines Vorhabens innerhalb des räumlichen Geltungsbereiches eines einfachen Bebauungsplanes kann nie allein nach § 35 oder § 34 BauGB beurteilt werden!! Man kann einfach nicht sagen, dass innerhalb eines einfachen Bebauungsplanes § 34 oder § 35 BauGB gilt!

@Seehausen

Nochmal zur Verständigung, anscheinend schreiben wir aneinander vorbei. Ein einfacher Bebauungsplan liegt immer dann vor, wenn die Festsetzungen (welche im § 30 I aufgezählt werden) nicht vollständig sind. Deswegen ist es auch ein einfacher und kein qualifizierter Bebauungsplan!

Deshalb mein Satz: "im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der die Voraussetzungen des § 30 I BauGB nicht erfüllt (einfacher Bebauungsplan)".

Das natürlich ein einfacher Bebauungsplan Festsetzungen enthält, welche auch beachtet werden müssen, habe ich in keinen meiner Sätze angezweifelt! Schon das Wort "Bebauungsplan" verdeutlicht doch, dass etwas geregelt und auch beachtet werden muss. Ansonsten bräuchte ich keinen Plan aufstellen :-D. Deshalb habe ich hier auch kein Problem gesehen.

"...richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben nach § 34 oder § 35".

Hier möchte ich nur zum Ausdruck bringen, dass bei einen einfachen Bebauungsplan diese Paragraphen zu beachten sind! Denn diese sollen die fehlenden Festsetzungen, wie z.B. Art und Maß der baulichen Nutzung, regeln. Allein die Beachtung aller Festsetzungen, welche im einfachen Bebauungsplan geregelt sind, führen nicht zur Zulässigkeit.

Mit meinen Satz:

"...habe ich doch den § 30 III BauGB inhaltlich wiedergegeben :-D"

habe ich mich nur auf ihren Satz bezogen.

"Bei einfachen Bebauungsplänen richtet sich die Zulässigkeit nach § 30 Abs. 3 BauGB.

Mit "inhaltlich" meinte ich nicht die inhaltliche Interpretation von § 30 III BauGB, sondern den Inhalt meines geschriebenen Textes (Text der mit den Worten "spekuliert werden kann" endet).

@Tronje84

Es geht wohl nur um eine juristisch einwandfreie und uinmißverständliche Ausadrucksweise. Und die steht in meinen Formulierungen; entnommen aus unzähligen Urteilen und Kommentaren.