Meines Erachtens sind Tsipras und Varoufakis zwei ausgebuffte Profi-Politiker, die die gesamte EU an der Nase herumführen. Der Grexit ist seit Regierungsübernahme im Februar beschlossene Sache. Es geht den beiden nur darum, durch emotionale Spielchen (heiß-kalt) den Griechen Zeit zu verschaffen, ihr Euro-Geld außer Landes zu bringen. Dadurch steht den Griechen nach dem Grexit das Geld in voller Höhe bei den ausländischen Banken zur Verfügung.
Als angenehmen Nebeneffekt erhöhen die Forderungen das Drohpotenzial der Griechen von Tag zu Tag, was der griechischen Regierung eine gewisse Genugtuung und Tsipras Rückhalt in den eigenen Reihen bescheren dürfte.
Hätten die Griechen gleich nach dem Regierungswechsel die Option Grexit gewählt, wäre dieses Geld (immerhin mehrere Millionen Euro pro Tag, die die Griechen nach wie vor auf Kosten der europäischen Steuerzahler in Sicherheit bringen können) verloren gewesen.
Wie gut dieses Heiß-Kalt-Spielchen funktioniert sah man kürzlich recht gut an Juncker, der noch am Wochenende den Bockig-Beleidigten gab und seinen Freund Tsipras heute schon wieder herzlich umarmt. Ähnlich ist es mit dem IWF, der vorerst heute abgereist ist - und sobald Tsipras mit dem Finger schnippen wird- wieder Gewehr-bei-Fuß auf der Matte stehen wird. Oder auch nicht, wenn Tsipras nicht will. Eigentlich sollten die Geldgeber den Ton und die Marschrichtung angeben. Aber die haben so viel Angst vor einem Grexit, dass sie wie das Kaninchen vor einer Schlange -irrational und scheinbar alternativlos- agieren.
Tspiras und Varoufakis kam/kommt es von Anfang an also nicht auf eine Einigung an, sondern darauf, mit starken Emotionen (Reparationsforderungen in mehrfacher Milliardenhöhe, Zwist säen unter den EU-Staaten/IWF, Na-zi-Vergleiche, persönlicher Angriff auf Schäuble durch Varoufakis, Verlegung der Verhandlungen nach Brüssel, Einschleimen bei Junckers, auf den Arm nehmen Lagardes, Merkel soll Rede in GR halten etc.) von der eigentlichen Sache ("Verhandlungen") abzulenken und auf Zeit zu spielen und damit das Bestmögliche für ihr Land herauszuholen um nach dem Grexit die bestmögliche Startposition zu haben.
Ich würde also keineswegs davon ausgehen, dass es zu einer "Einigung" kommt, sondern davon, dass die Troika (die sich von Tsipras hat umbenennen lassen und sich monatelang mit ihm ergebnislos abgemüht hat) ziemlich dumm aus der Wäsche schaut.
Was den Bund-Future angeht, gehe ich von steigenden Renditen aus, da meines Erachtens die EZB -nicht zuletzt durch eine vollkommene Fehleinschätzung der Gesamtsituation- die Kontrolle über die Geschehnisse nach und nach zu verlieren scheint. Die Abschreibungen durch die ELA-Kredite und die Target-II-Salden würden einen enormen Vertrauensverlust für die EZB bedeuten - was sich normalerweise in steigenden Zinsen spiegeln müsste. Aber der Markt ist so stark manipuliert, dass man mit einem Loswurf richtiger liegen dürfte als mit rationalen Prognoseversuchen.