Gastronomie/ Ist es rechtmäßig die Haftung für Umsatz und Kassendifferenzen völlig den Servicekräften zuzuschreiben?
Hallo in die Runde,
wer von euch ist Gastronomie erfahren oder sogar Arbeitgeber und hat eine begründete Meinung zu folgendem Sachverhalt?
Einem Kollegen wurde auf der Arbeit kurz vor Schichtende der Kellnergeldbeutel gestohlen. Unser Arbeitgeber geht selbstverständlich davon aus, dass er vollständig für den Verlust bzw. die Kassendifferenz von deutlich über 1000€ aus eigener Tasche aufkommen muss. Auch im Arbeitsvertrag ist es so schriftlich festgehalten: "Servicekräfte haften vollständig für Bargeld".
Meines Wissens (anhand verschiedener Diskussionen im Netz) gibt es im Arbeitsrecht die generelle Regelung das der Arbeitnehmer für Schäden, die dem Arbeitgeber entstehen nur dann Haften muss, wenn er diese fahrlässig (Teilhaftung) oder grob Fahrlässig (vollständige Haftung) verursacht hat. Die Beweislast dafür liegt beim Arbeitgeber.
Für einen Schaden z.B. bei der Bedienung einer Maschine macht das total Sinn, der Fall des Kellners ist aber speziell, da er ja Leistungen im Namen des Arbeitsgebers kassiert und selbstständig in einer eigenen Geldbörse Geldbestände verwaltet. Hier kann ich jetzt zwischen Eigentum und Besitz unterscheiden und sagen, dass das Geld nur im Besitz des Kellners ist, aber eigentlich Eigentum des Arbeitgebers (abzüglich Trinkgeld).
Nun gibt es noch die Regelung zur Mankohaftung, die nach meinem Verständnis sagt, ich kann Verantwortung für Kassenfehlbeträge dem Mitarbeiter vollständig zuschreiben, muss dafür aber zusätzlich Mankogeld zahlen mit dem ich die Verantwortungsübernahme zusätzlich vergüte. Weiter scheint die Haftung dann auch auf die Höhe dieses Mankogeldes begrenzt. Dazu habe ich aber nur im Zusammenhang von Kassenbeständen und nicht mobilen Geldbörsen gelesen.
DARAUS SCHLUSSFOLGERE ICH: Wenn das so auch für Geldbörsen stimmt, dann ist es nicht rechtens, dass der Arbeitgeber die Kassendifferenz vom Arbeitnehmer fordert.
(Wie das dann praktikabel sein soll, wenn der Arbeitgeber keinerlei Überblick über die Bargeldbestände des Personal hat, steht dann wieder auf einem anderen Blatt. Könnte ja jeder kommen und sagen, ich hab meinen Umsatz verloren, tut mir leid. Wie sollte man da Missbrauch verhindern?)
Das führt mich zurück zur Frage: Kann der Arbeitgeber die Verantwortung für den Umsatz/Kassendifferenz/Bargeldbestand (und deren Verlust) im Falle von Geldbörsen vollständig auf den Arbeitnehmer abwälzen?
Für Fleissige:
+ Ohne es extra zu vergüten (Mankoregelung)
+ ohne Begrenzung der Haftungssumme, die schnell mal über ein Monatsgehalt hinausgehen kann
+ Kann ich als Gastronom solche Diebstähle und Verluste versichern?
3 Antworten
- Entscheidend ist, wo der Geldbetrag (Geldbeutel) verwahrt wird. Entweder der wird an der Person verwahrt, oder in einem zu verschließenden Behältnis (Schublade im Kellner-Office), liegt er "offen" auf / im Restaurantbereich, ist das schon mal mindestens fahrlässig.
- Können größere Bargeldbeträge zur Verwahrung abgegeben werden, damit das Risiko minimiert werden kann?
Leider gibt es zu diesen Fragen keine Erklärung
Hallo,
nein,das ist überhaupt nicht speziell, denn auch die Kassiererin bei ALDI macht das ja für ihren AG und nicht für sich selber.
Das heisst, auch im Bereich der Gastronomie gilt das abgestufte Haftungsprinzip für AN.
-leichte Fahrlässigkeit = keine Haftung
-mittlere Fahrlässigkeit = das Arbeitsgericht legt unter Berücksichtigung aller Umstände eine Haftungsquote fest,wobei hier immer der Bruttoverdienst des AN in Relation zur Schadenssumme betrachtet wird.Das heisst Schadenersatz höher als der Monatsverdienst ist ausgeschlossen.
-grobe Fahrlässigkeit oder Vorsatz = Volle Haftung des AN
Im Falle des Diebstahles einer "Kellnerbörse" wäre natürlich zu klären, wie es dazu kommen konnte.Denn diese sind normalerweise mit einer stabilen Kette zum Befestigen am Hosengürtel ausgestattet und können nicht so einfach geklaut werden.
Egal ob fahrlässig oder nicht, und im Vertrag ist ja alles geregelt. Das Servicepersonal haftet für solche Schäden, denn es ist befugt die Rechnungsbeträge der Gäste zu kassieren und muss diese ordnungsgemäß dem Inhaber aushändigen. Die Rechnungsbeträge ( Speisen u,. Getränke ) sind Eigentum des Inhabers.
In meiner über 40 jährigen Gastro - Laufbahn ( auch in leitenden Positionen ) sind mir solche Fälle häufig vorgekommen. Allerdings waren es Beträge zwischen 30 - 100 €. Entweder wurde Wechselgeld falsch rausgegeben, oder man ging mit einer Gesamtrechnung an den Tisch von, sagen wir mal 15 Personen, und dann sind es Einzelzahler. Logischer weise wird dann manuell ( da kein Splitting an der Kasse ) eine Abrechnung vorgenommen. Es wird sich oft verrechnet dabei, und das eigene Unvermögen kann man dem Chef nicht anlasten.
Ich habe es auch erlebt, ohne etwas unterstellen zu wollen, dass das Personal in Geldnöten war und sich auf diese Weise Geld erschleichen wollte.
Und zu guter letzt : Da das Personal quasi " Geldeintreiber " für den Chef ist, hat es auch eine Obhutspflicht sowie Verantwortung. Ich hatte meine Geldbörse immer am Mann, selbst wenn ich auf Toilette ging.