Warum hat der öffentliche Dienst bzw. Behörden so einen schlechten Ruf?

19 Antworten

Generell ist ja die Tendenz zur Privatisierung da. Und wenn dann ein Sachbearbeiter ein ihm unbekanntes, aber Staatl. anerkanntes Zertifikat sieht, weiß er trotzdem nicht genau, wie er es bewerten soll. Die Berufsausbildungen und Weiterbildungen werden immer heterogener: Dass heißt, es gibt nicht nur "Einzelhandelskauffrau A.", "DiplIng B." und "Meister C.", sondern eben diese ganzen privaten Abschlüsse, die in den eben etwas altmodischen Formularen keinen Platz finden, allerdings auch mehr Kopien seitens des Einreichenden benötigen. Was für diesen die Sache verkompliziert (mehr Zeit mit Kopien, Datensicherung etc. aufwenden) und auch für die Behörde. Diese ganze Problematik ist eben der "tollen Liberal- isierung" unter anderem zuzuschreiben. Die Wertigkeit der unterschiedlichen Abschlüsse ist nicht mehr so klar definiert wie früher. D.h., auch wenn es mehr Uniabsolventen gibt z.B. - ist ein Studium unterschiedlich zu bewerten. Natürlich gibt es ganz klassische Unterschiede der Studienfächer, aber heute verteilt sich das durch die ganzen "Fachstudiengänge" immer noch mehr. Nicht dass das schlecht wäre, aber das macht es eben auch für Sachbearbeiter schwieriger, die Lage der Menschen zu beurteilen. Und all dies führt zu der eben nicht erwünschten Zeitverzögerung. Auch muss man die Öffnungszeiten der Ämter beachten: Immer dann, wenn "man" arbeiten geht. Und möglichst viel so selbst vorbeigebracht, unterschrieben etc. werden. Meinetwegen kann das Amt ruhig auch mal von 6-20 Uhr aufhaben, mit einer Schließung dann aber zwischen z.B. 8.30-11.30 Uhr, in der sowieso alles am Arbeiten ist und die Sachbearbeiter sich eben mit der Bearbeitung kümmern. Um nochmal auf das Beispiel der Zeitarbeitsfirmen zurückzukommen: Dort hat man ein "Eingangsformular" und dann kann man oder muss man noch Zusatzformulare ausfüllen. Umso genauer man alles ausfüllen kann, umso besser. Aber wenn man nur ein Formular ausfüllen will oder muss, kann meistens auch schon auf der Basis etwas gefunden werden. Oder eben nicht. Dass heißt, die Abläufe sind sachgerecht in "Portionen" eingeteilt, man versucht gar nicht mehr, die o.a. Sachverhalte in einem "Formularsatz" einzufangen, sondern teilt es eben auf. Um mal das dir evtl. bekannte Bsp. BaföG-Antrag zu nennen: Da fragt man ja auch erst nach allgemeinen Daten, dann auf den Anlagen nach dem Rest. Und gibt es dann ab, je nachdem, ob man schon alles ausgefüllt hat, eben erst den Antrag einzeln oder mit einzelnen oder allen Formularen und evtl. den Nachweisen, wenn man sie schon zusammengesucht und fotokopiert hat. Aber die Formulare sind ja auch so angelegt: Zeile soundso - auf dem Extrablatt die Erklärung. Ich weiß nicht, ob man einfach die gesamte Erklärung in wieder neue Fragen auflösen könnte? Anstatt "Einkommen" (Erklärung: xxxx) z.B. "Was verdienen sie im Monat sozvers.pflichtig? Was verdienen sie im Minijob? Was haben sie für andere Einnahmequellen? Haben sie ein selbstständiges Neben- oder Hauptgewerbe?), also ganz konkrete Fragen anstatt dieser "pauschalen" Aussagen, die zwar nochmal verfeinert werden durch Unterfragen, die aber für den "Otto-Normalverbraucher" schwer auszumachen sind. Auch die gesamte Sprache ist ja "Beamtendeutsch". Man könnte ja die Formulare mit den "leichten", "bürgergerechten" Fragen so aufbauen, dass man nicht den Bürger, sondern die fachkundige Sachbearbeiterin solche "Erklärungen" auf extra-Blättern dahaben hat. Also stehen im Formular wie oben beschrieben so einzelne Fragen. Und die Sachbearbeiterin hat dann auf ihrem Schreibtisch ein Blatt liegen: Für mich heißt Zeile X: "Einkommen". Am transparentesten wäre es natürlich, "einfache" Fragen zu haben, und dann in Klammern reinzuschreiben in kursiv, d.h., eben für die Sachbearbeiterin, (hier: "Einkommen"). Dann kann der Bürger nachvollziehen, was die Sachbearbeiterin sagt, wenn sie sagt: "Unter Einkommen verstehe ich nicht ganz, was sie ausgefüllt haben." und der Bürger kann sagen: Ich habe den Nachweis für Zeile X, Frage X, in kursiv "Einkommen" noch nicht kopiert." dann kann sich der Bearbeiter GANZ GENAU notieren, was jetzt fehlt. Das ist natürlich nicht einfach, alle Formulare neu zu gestalten. Aber gerade sowas wie BaföG-Antrag kann man ja mal überlegen, ob man da nicht mal an die Förderung der Jugend denken sollte und sich diesen meist schon schwer arbeitenden Menschen mit Hilfe besserer Formulare weiterzuhelfen. Gerade dann auch, weil nämlich das auch eine Erleichterung in der Verwaltung ist. Denn Teilzeiutkräfte bzw. geringfügig Beschäftigte haben natürlich auch nicht mehr den Beamtenjargon so inne wie die früheren Sachbearbeiter und brauchen eben länger - ja ich wiederhole mich gerade. Gerade weil es sowieso die Tendenz gibt, dass jeder Opa mehr Geld hat als jemand, der arbeiten geht oder studiert bzw. insgesamt die Jugend. Genera- tionenungerechtigkeit ist das Stichwort, dass unsere Gesellschaft in Zukunft noch mehr belasten wird.

Hallo: Zum einen ist es Neid. Annehmbare Arbeitsbedingungen, anders als z.B. zur Zeit in der Lebensmittelbranche der Fall (immer mehr geringfügig beschäftigte - Lohndumping wird hier ausprobiert...)

Aber auch folgendes: Die Umsetzung von Gesetzen erfolgt über die Formulare, die die Bürger abgeben, um damit Leitungen des Staates in Anspruch zu nehmen. Dies erfolgt über die Dienstleistung, die die Verwaltung macht: Auswerten und erklären der Formulare. Also ist die Verwaltung eines "der Besten" Angriffsfläche gegen teilweise (unsinnige) Gesetze. Da bringt manch ein Bürger seinen Unmut über bestimmte Gesetze in Berlin damit zum Ausdruck, dass "ihn der Papierkram so aufregt".

Umso mehr Zeit allerdings ein Bürger mit dem "Papierkram" zu tun hat, umso weniger Zeit hat er auch, sich mit Leuten zu treffen, irgendwelche Demonstrationen zu besuchen oder zu organisieren. Dass heißt, umso mehr er sich auf die Ausfüllung der Formulare = "Negativstress" konzentrieren muss, umso weniger Zeit hat er, sich auf eben "Positivzeugs" wie Treffen mit Leuten zu konzentrieren. Das heißt, man wird durch das sich-mehr-mit-Formularen-beschäftigen gezwungen, sich weniger in Gruppen, Partei- en etc. zu organisieren, was wiederum die Wut auf "die Behörden" erhöht, weil man keine andere Möglichkeit hat, sich gegen als z.B. wenig gerecht empfundene Gesetze zu wehren. Also ein Teufelskreis. Auch weil man weiß, dass manche Gesetze von dem bzw. der einzelnen Sachbearbeiterin, je nach dessen/deren Interessen (also was er/sie sich am meisten behält von dem Gelernten) auch unterschiedlich ausgelegt werden könnte. Kein Sachbearbeiter der Welt, selbst mit 20 Jahren Berufserfahrung, kann alle Regeln, alle Formulare etc. so gut kennen, denn jeder Fall ist unterschiedlich! Dass heißt der einzelne Sachbearbeiter müsste meiner Meinung nach auf EIN oder ZWEI "Formularsätze" getrimmt werden, um alle "Querverbindungen" zu anderen "Formularsätzen" dauerhaft kennen zu lernen. Aber das wird nicht umgesetzt, im Gegenteil fängt man an, immer mehr Teilzeit- bzw. befristet Beschäftigte und nicht sozialversicherungspflichtig Beschäftigte einzusetzen. Die dann noch länger brauchen, glaube ich.

Bei schon 40% in einer 1-Z.-Whg.-Lebenden ist die Zeit, in der man die Formulare ausfüllen muss, als noch wertvollere Zeit anzusehen als früher, da man ja dann auch noch oft Strecken zurücklegen muss, die Zeit kosten, um seine Freunde zu treffen. Ausserdem fällt es immer mehr Leuten schwer, ihre ganzen Unterlagen über Fortbildungen etc. privat zu ordnen - da es ja immer mehr werden, man besucht ja heute viele Weiterbildungen und lässt sich über wirklich alles - auch den zweitägigen Schwimmkurs - eine übermäßig hochwertige "Bescheinigung" geben. Warum: Weil die Inflation greift und immer mehr Menschen immer mehr arbeiten müssen, um ihren Standard zu halten. Früher musste ein Familienvater arbeiten, als höherer Angestellter z.B., um ein Haus zu bauen und Kind und Kegel zu ernähren, ihnen eine gute Ausbildung zu verschaffen usw. Leider ist DE im europäischen Vergleich auch schon Billiglohnland. Heute muss Mann wie beschrieben arbeiten und noch einen 400Euro Job ausüben oder seine Frau etwas arbeiten, um dasselbe Niveau halten zu können. Auch dass es immer weniger Kinder gibt, hat damit zu tun. Und wenn man heute, wie du schon sagtest, 45-50 Std. in der Woche arbeitet, ist es natürlich auch für die nicht in der Verwaltung arbeitenden Bürger, die keine Affinität zum Ordnen und Verwalten spüren, eine ernsthafte Arbeit, diese Unterlagen, gerade auch die von vor Jahren, zu ordnen und sich mit unverständlichen Nummern und wenig Aussagekräftigen "Formblättern" (ich rede jetzt vom Beispiel BaföG) und ellenlangen Erklärungsblättern zu beschäftigen. Ist ja nett und so - aber z.B. gerade wenn man in der Familie dann nach Formularen sucht, kann das schon mal nerven.

Naja, und dann muss man sich ansehen, was in der Gesellschaft passiert: Schau mal, wie viele Zeitarbeitsfirmen entstanden sind. Habe ich schonmal beobachtet: Da kannst du hingehen, ein Formular, ganz kurz, vor Ort, an der Rezeption, ausfüllen, dir kann sofort jemand bei Fragen weiterhelfen, du musst nicht warten, das Formular ist eher eindeutig gehalten, du kannst persönliche Anmerkungen machen, z.B. eine genaue Beschreibung einer Tätigkeit in einem kurzen Satz - es gibt eben immer mehr Berufe, die nicht auf diesen normalen Formularen zu finden ist - heute ist eben nicht jeder DiplIng oder Meister oder "Berufsausbildung", sondern es gibt irgendwelche Fernabschlüsse von privaten Fernunis (asugedacht "Esoterischer Heiler", Staatl. anerkannt, kennt aber kein Mensch), irgendwelche Weiterbildungen (Business Management English, 1600 Std., Staatl. anerkannt), die auch kein Mensch kennt, die aber existieren und auf diesen Formularen nie sicher einzuordnen sind. Dass heißt, die Formulare sind altmodisch. Also ist das evtl. für manche Bearbeiter ein Problem, wenn sie nicht wissen, wie dein Abschluss zu bewerten ist, weil neu.

Ich denke mal, dass kommt daher, weil durch die ganze Bürokratie es immer etwas dauert bis Anträge etc. wieder da sind und da die meisten Leute ungeduldig sind schieben sie es auf euch. Nimms sportlich und schönen Urlaub ;)

Es gibt solche und solche in den Behörden. Manche tragen ihren Status eben sehr dominant gegenüber dem Bürger vor, der Fragen beantwortet haben möchte.

Ein Beispiel aus meiner eigenen Erfahrung. Als ich ein Aufgebot für meine bevorstehende Heirat aufgeben wollte, ging ich zum zuständigen Standesamt. Da sass ein junger Beamter im dicken Ledersessel hinter seinem leeren Schreibtisch.

Ich legte ihm meine Unterlagen vor. Da fiel ihm auf, dass meine Geburtsurkunde eine beglaubigte Abschrift ist. Etwas arrogant meinte er, dass er diese Urkunde nicht anerkennt und ich die Vorlage der Geburtsurkunde im Original einzureichen hätte.

Das war mir nicht möglich, was ich ihm auch erklären konnte. Die Unterlagen wurden damals , während des Krieges in die Tschechoslowakei verbracht. Ich hatte mir vom Standesamtsregister in Berlin eine beglaubigte Abschrift meiner Geburtsurkunde besorgt. Bin in Berlin geboren.

Schnippisch meinte der junge Schnösel, dann können sie eben nicht heiraten, wenn sie mir nicht das vorlegen was ich verlange.

Bin dann auf das Standesamt der nächstgelegenen Gemeinde gegangen und habe da mein Aufgebot bestellt.Das ging völlig reibungslos mit den vorgelegten Unterlagen.

In so einem Fall trägt eine Behörde doch für ihren schlechten Ruf bei. Ein willkürlicher Akt.

Kann ich dir sagen:

Ich komme gerade von der örtlichen Wohngeldstelle. Nach 45 min. warten kam die Dame aus einem anderen Zimmer mit ihrer Kaffeetasse in der Hand ging in ein anderes Büro wo sie dann weitere 10 min. verbrachte um der Kollegin zu erklären wie gut ihr Kuchen geschmeckt habe usw. ( Tür stand offen deswegen konnte ich das hören)

Ich lief ihr gleich nach wobei sie mir erstmal die Tür vor der Nase zuschlug weil ihr Handy klingelte. Als sie dann endlich die Tür öffnete wimmelte sie mich vor der Tür ab weil sie jetzt gar keine Zeit habe. 

Das ganze spielte sich von  15.45 -16.50 Uhr ab.... während der Sprechzeiten von 8-12 uhr und 13- 18 Uhr. 

Das war auch nicht das erste mal das ich dort während der Sprechzeiten vor verschlossener Tür stand. Sonst musste ich nur nach ca. 20 min. unverrichteter Dinge wieder gehen weil ich mein Kind in einem anderen Gemeinde aus der Betreuung holen musste.