Schadenersatz bei Verträgen mit unter Betreuung stehenden "Kunden"?

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Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Hallo!

Ich betreue einen erwachsenen Autisten.Bei ihm habe ich den Einwilligungsvorbehalt bei Finanzen. Damit ist der Betreffende unfähig ein Geschäft abzuschließen dass über sein Taschengeld hinaus geht. Wie bei einem Kind! (In seinem Falle: 20€/Woche)

Laut Gesetz ist die Haftung des Betreffenden um Schaden von ihm abzuwenden ausgeschlossen. Eben so als wäre dieser Vertrag mit einem Kind geschlossen worden. Die Kosten für das geplatzte Geschäft trägt der Händler...!

Ein grobes Beispiel: Ein Telefonanbieter verkauft einem Kind ein teures Mobiltelefon. Die Eltern Widersprechen diesem Vertrag. Das Geschäft ist geplatzt. Das Kind hat aber das Telefon nicht mehr, es hat es beim spielen auf dem Spielplatz vergessen. Nun will der Händler Geld von den Eltern haben. Pech für den Händler: Wer mit einem Geschäftsunfähigen einen Vertrag schließt bleibt auf allen Kosten sitzen.

Gut, einem Erwachsenen Betreuten sieht man die Geschäftsunfähigkeit nicht an. trotzdem gilt hier dasselbe Recht.

Rein vom Text des Gesetzes her würde ich daher annehmen, dass es keinen Schadensersatz gibt. Schließlich kann ein Kind auch nicht darauf verklagt werden. Ein Schadensersatzanspruch würde diesen Passus des Gesetzes aushebeln.

Die Frage ist hier: Hat der Betreuer den Betreuten explizit darauf hingewiesen dass er solche Geschäfte nicht abschließen darf? Falls nein, ist der Betreuer möglicherweise haftbar. Sollte aber der Betreute nicht in der Lage sein dies zu verstehen (und das ist i.d.R. der Grund für diesen Vorbehalt) ist der Betreuer aus der Haftung raus. Es gilt der besondere Schutz unter dem der Betreute steht. Das schützt ihn vor Forderungen aus Verträgen und entsprechenden Schadensersatz.

Was bedeutet genau "aufgewendete Mittel? Material?

Wenn ich eine Maßanfertigung bestelle, dann gehe ich davon aus, dass der Vertrag Material, Verarbeitung, Arbeitszeit, Steuern etc. beinhaltet. Sind damit die "aufgewendeten Mittel" nicht auch Bestandteil des Vertrages?

Mit der Mitteilung des Betreuers ist der Vertrag praktisch nichtig. Wie nie geschlossen. Damit entfällt auch jede Forderung für aufgewendete Mittel. Wenn ein Geschäftsfähiger seine Maßanfertigung nicht mehr haben will muss er ersetzen was der Händler an Ausgaben hatte. Ein Schadensersatz durch den Betreuten würde damit die Betreuung im Bereich der Finanzen mit Einwilligungsvorbehalt konterkarieren.

Einwilligungsvorbehalt hin, in finanziellen Angelegenheiten her:

Wenn die zu betreuende Person die Erfüllung des Vertrages aus eigenem Vermögen leisten kann würde ich gerichtliche Klärung suchen. Es gibt dazu einige Gerichtsurteile. Ich würde bei lexetius recherchieren, bei anwalt-online, in den Archiven des Bundesgerichtshofes und des Bundesverfassungsgerichts. Denn auch bei Einwilligungsvorbehalt hat der gesetzliche Betreuer den Willen der fürsorgeberechtigten Person und seine persönliche Situation zu berücksichtigen. Es geht ja immerhin um eine nennbare Summe. Da wird sich der Aufwand sicher lohnen. Betreuungsrecht ist Individualrecht. Eine pauschale Antwort ohne Kenntnis der persönlichen Verhältnisse ist obsolet.

Lassen Sie sich die sog. Bestellungsurkunde zeigen. Wenn dort ausdrücklich ein Einwilligungsvorbehalt für Vermögensangelegenheiten angeordnet ist, bleiben Sie auf dem Schaden sitzen. Auf der Bestellungsurkunde gibt es einen Absatz:

Willenserklärungen des Betroffenen bedürfen in folgenden Bereichen der Einwilligung des Betreuers:

Wenn dort als Bereich die Vermögensangelegenheiten angegeben sind, ist der "Vertrag" wirklich "schwebend unwirksam" und würde erst durch die zusätzliche Einwilligung des Betreuers wirksam. Die Ablehnung des Betreuers bedeutet dann umgekehrt, dass der "Vertrag" unwirksam (nichtig) ist.

Wenn kein Einwilligungsvorbehalt existiert und unter o.a. Absatz der Bestellungsurkunde "entfällt" o.ä. steht, gilt allenfalls die Widerrufsregelung -frist. Lassen Sie sich in jedem Fall die Bestellungsurkunde zeigen, ob zum Zeitpunkt der Auftragsvergabe bereits ein Einwilligungsvorbehalt bestand.

Sie können dies auch in § 1903 BGB nachlesen.

feida 
Fragesteller
 31.10.2013, 16:29

Erstmal danke für die Antwort!

Einwilligungsvorbehalt etc... --> alles vorhanden.

Die vertragsrechtlichen Konsequenzen waren mir klar. --> "Den Kaufpreis kann ich in den Wind schreiben"

Ich fragte aber nach Schadenersatz.

Wo steht, dass es den nicht gibt?

FranzJohannes  31.10.2013, 16:48
@feida

Dann müssten Sie nachweisen, dass der andere (Auftraggeber) vorsätzlich oder fahrlässig und schuldhaft gehandelt hat. Ich kenne Menschen mit Einwilligungsvorbehalt. Der wird nicht aus Langeweile angeordnet, sondern aus guten Gründen. Sie würden in diesem Fall wahrscheinlich auch keinerlei Geld sehen, wenn der Einwilligungsvorbalt nicht bestünde, weil einfach kein Geld da ist, aber das extem starke Bedürfnis zu kaufen, bestellen etc. Ob Sie Schadensersatz bekommen könnten, sollten Sie mit einem guten Anwalt vor Ort kären.

feida 
Fragesteller
 31.10.2013, 18:18
@FranzJohannes

Nochmals danke für die erneute Antwort. Klingt nach Haftung aus unerlaubter Handlung. Also §§ 823 BGB ff.

Kann ich also zusammenfassend sagen: Grundsätzlich ist die Haftung des unter Betreuung stehenden nicht ausgeschlossen, aaaaaaaaaaaaaaber der subjektiver Tatbestand oder die Schuld wird meist wegfallen?

Beste Grüße

feida