Jugendlicher zugelaufen, darf ich ihn behalten ;-)

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Na dass du das Kind natürlich nicht einfach "behalten" kannst, weißt du sicher. Die Eltern würden die Polizei einschalten und du wärst dann wegen Entführung dran. Wenn du es sofort meldest, sieht es natürlich anders aus- dann bist du zwar nicht dran, weil du richtig gehandelt hast, aber die Polizei kann das Mädchen in der Tat auf Wunsch der Eltern wieder nach Hause tragen.

ABER:

Es gibt einen Paragraphen im Jugendschutzgesetz, der besagt, dass ein Kind, das selbst darum bittet, vom Jugendamt in Obhut genommen werden MUSS.

Ich rate dazu, dass du noch heute Kontakt zu einer Beratungsstelle aufnimmst und dich aufklären lässt, wie vorzugehen ist. Im Idealfall begleitet dich das Bienchen und erfährt so auch von seinen Rechten. Es kann auch direkt in eine Hilfestelle des Jugendamtes laufen (etwa ein Kinderschutzhaus) oder in ein Frauenhaus. Wenn es dort den Vorschlag macht, dass es jemanden kennt, der es aufnehmen könnte, wird das Jugendamt dies vielleicht gerne in Erwägung ziehen und dich vielleicht als Pflegemutter einsetzen. Als Pflegemutter hättest du aber auch die Aufgabe, dazu zu verhelfen, das Verhältnis von Kind und Eltern zu verbessern. Da zu krasse Äußerungen gegen die Eltern könnte zu einer Ablehnung führen. Oft werden Kinder (neben der klassischen Heimunterbringung) bei nahen Verwandten untergebracht.

§ 42 Abs. 1 SGB VIII

Inobhutnahme von Kindern und Jugendlichen

(1) Das Jugendamt ist berechtigt und verpflichtet, ein Kind oder einen Jugendlichen in seine Obhut zu nehmen, wenn 1. das Kind oder der Jugendliche um Obhut bittet oder 2. eine dringende Gefahr für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen die Inobhutnahme erfordert und a) die Personensorgeberechtigten nicht widersprechen oder b) eine familiengerichtliche Entscheidung nicht rechtzeitig eingeholt werden kann oder 3. ein ausländisches Kind oder ein ausländischer Jugendlicher unbegleitet nach Deutschland kommt und sich weder Personensorge- noch Erziehungsberechtigte im Inland aufhalten.

Die Inobhutnahme umfasst die Befugnis, ein Kind oder einen Jugendlichen bei einer geeigneten Person, in einer geeigneten Einrichtung oder in einer sonstigen Wohnform vorläufig unterzubringen; im Fall von Satz 1 Nr. 2 auch ein Kind oder einen Jugendlichen von einer anderen Person wegzunehmen.

(2) Das Jugendamt hat während der Inobhutnahme die Situation, die zur Inobhutnahme geführt hat, zusammen mit dem Kind oder dem Jugendlichen zu klären und Möglichkeiten der Hilfe und Unterstützung aufzuzeigen. Dem Kind oder dem Jugendlichen ist unverzüglich Gelegenheit zu geben, eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen. Das Jugendamt hat während der Inobhutnahme für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen zu sorgen und dabei den notwendigen Unterhalt und die Krankenhilfe sicherzustellen; § 39 Absatz 4 Satz 2 gilt entsprechend. Das Jugendamt ist während der Inobhutnahme berechtigt, alle Rechtshandlungen vorzunehmen, die zum Wohl des Kindes oder Jugendlichen notwendig sind; der mutmaßliche Wille der Personensorge- oder der Erziehungsberechtigten ist dabei angemessen zu berücksichtigen.

(3) Das Jugendamt hat im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten unverzüglich von der Inobhutnahme zu unterrichten und mit ihnen das Gefährdungsrisiko abzuschätzen. Widersprechen die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten der Inobhutnahme, so hat das Jugendamt unverzüglich 1. das Kind oder den Jugendlichen den Personensorge- oder Erziehungsberechtigten zu übergeben, sofern nach der Einschätzung des Jugendamts eine Gefährdung des Kindeswohls nicht besteht oder die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten bereit und in der Lage sind, die Gefährdung abzuwenden oder 2. eine Entscheidung des Familiengerichts über die erforderlichen Maßnahmen zum Wohl des Kindes oder des Jugendlichen herbeizuführen.

Sind die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten nicht erreichbar, so gilt Satz 2 Nr. 2 entsprechend. Im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 3 ist unverzüglich die Bestellung eines Vormunds oder Pflegers zu veranlassen. Widersprechen die Personensorgeberechtigten der Inobhutnahme nicht, so ist unverzüglich ein Hilfeplanverfahren zur Gewährung einer Hilfe einzuleiten.

(4) Die Inobhutnahme endet mit 1. der Übergabe des Kindes oder Jugendlichen an die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten, 2. der Entscheidung über die Gewährung von Hilfen nach dem Sozialgesetzbuch.

(5) Freiheitsentziehende Maßnahmen im Rahmen der Inobhutnahme sind nur zulässig, wenn und soweit sie erforderlich sind, um eine Gefahr für Leib oder Leben des Kindes oder des Jugendlichen oder eine Gefahr für Leib oder Leben Dritter abzuwenden. Die Freiheitsentziehung ist ohne gerichtliche Entscheidung spätestens mit Ablauf des Tages nach ihrem Beginn zu beenden.

(6) Ist bei der Inobhutnahme die Anwendung unmittelbaren Zwangs erforderlich, so sind die dazu befugten Stellen hinzuzuziehen.

http://dejure.org/gesetze/SGB_VIII/42.html

guinan  29.08.2012, 08:48

"Die Verpflichtung des Jugendamts, "Selbstmeldern" Obhut zu gewähren, besteht ohne jede Einschränkung, ohne jede Vorprüfung der Situation und gleichgültig mit welcher Begründung der Jugendliche um Obhut bittet und ob seine Begründung überzeugend ist. Dies gilt selbst dann, wenn objektive Anhaltspunkte für eine Kindeswohlgefährdung auf den ersten Blick nicht vorzuliegen scheinen und sich der Minderjährige aus der Sicht Erwachsener nur der ("gutgemeinten") elterlichen Erziehung oder Strafe (Hausarrest) entziehen will. Zwar muss, insbesondere wenn die Eltern der Inobhutnahme widersprechen, im Anschluss an die Aufnahme und ggf. die erste Nacht geprüft werden, ob ein weiterer Verbleib in der Jugendschutzstelle gerechtfertigt ist, das ändert aber nichts an der zwingenden Verpflichtung, den Minderjährigen erst einmal aufzunehmen und Schutz zu gewähren (FK § 42 Rz 10ff)."

http://www.sgbviii.de/S124.html

guinan  29.08.2012, 08:51
@guinan

Mein persönlicher Rat an das Kind: Immer wieder weglaufen in eine Schutzstelle. Solange ein "Problem" darstellen, bis an eine dauerhafte Unterbringung irgendwo gedacht wird (und dann sind Angebote von vertrauten Personen plötzlich sehr interessant und werden in Erwägung gezogen).

Also bloß nicht zu artig sein.

Mariechen1987  07.09.2012, 09:34

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Also du wirst auf jeden Fall das Jugendamt einschalten müssen. Solange die Eltern das Sorgerecht und damit das Aufenthaltsbestimmungsrecht haben, kannst du den Jugendlichen nicht bei dir "behalten". Aber eine 14 jährige wird angehört, egal was die Mutter sagt. Und wenn sie partout nicht mehr nach Hause möchte, wird das Jugendamt gemeinsam mit ihr und den Sorgeberechtigten nach einer Lösung suchen. Das kann dann eine Wohngruppe sein oder auch eine Unterbringung bei einem nahen Bekannten oder Verwandten. Das Wohl des Kindes gibt den Ausschlag, wo es leben wird.

Da ihre Eltern das Aufenthaltsbestimmungsrecht haben, würdest du dich ggf. strafbar machen :( Es ist natürlich möglich, dass die Eltern dem Aufenthalt des Kindes bei dir zustimmen, dann kannst du sie aufnehmen.

Ich würde dir trotzdem empfehlen, dich mit dem Jugendamt zusammen zusetzen. Ich weiß ja nicht, was da vorgefallen ist, aber wenn du als Außenstehende Erwachsene es genauso siehst wie das Kind, ist da einiges im Argen. Es gibt die Möglichkeit eines Familienhelfers, der der Familie unter die Arme greifen kann oder ggf. auch Unterstüzungen in Form einer Familientherapie.

Du kannst auch erstmal so zum Jugendamt, ohne Namen zu nennen, nur um dich generell zu informieren. Aber am Ende solltest du dir halt überlegen, wie du das Wohl der Kinder am Besten schützt.

So oder so finde ich es schön, dass du dich kümmerst und drücke dir/euch die Daumen, dass es eine sinnvolle Lösung für alle Seiten gibt.

Micheas 
Fragesteller
 28.08.2012, 11:55

Die haben sogar seit 2 Jahren 2 Familienhelferiinen die sich jetzt aber auch schon zurück ziehen weil wer nicht mitarbeitet den kamm man nicht helfen. Ich will keinen schlecht machen, aber die Eltern sind echt WOW (und das ist jetzt kein Komliment)! Ihr müsst euch vorstellen wir haben sie am 14 Geburtstag mit einem Kuchen überrascht und sie heulte 10 Minuten weil sie geburtstag feiern nicht kennt. Gut viele Hartz 4 Kinder wissen wie es ist zurück zu stecken aber da kommt 0 Liebe rüber und geld (hääten ) sie auch wenn sie damit umgehen könnten.

Leijona  28.08.2012, 12:00
@Micheas

Traurig sowas, da gebe ich dir Recht.

Gut ich weiß nun nicht, wieviele Stunden der Familiehelfer für die Familie angesetzt hat. Wenn das natürlich nur 10 Monatsstunden sind, ist das schlecht.

Dann bleibt dir wirklich nur noch der Weg zum Jugendamt, aber da stellt sich dann die Frage,, welchen Eindruck die Familie beim Familienhelfer gemacht hat. Das Problem da ist halt oft, dass die Besuche ja angekündigt sind, und somit alles vorbereitet werden kann.

Da wird dann das Bilderbuch-Familienleben vorgelebt für die 20min, die der dann da ist. :/

Es zählt halt leider nicht als Kindswohlgefährdung, wenn Geburtstage ignoriert werden, wenig Liebe da ist usw. Da müsste schon mehr vorfallen.

So oder so: ich wünsche dir viel Durchhaltevermögen und für die Kinder alles Gute

Micheas 
Fragesteller
 28.08.2012, 12:10
@Leijona

Danke, und ja da ist viel mehr vorgefallen, wegen einer lila Tapete haut kein Kind einfach ab (hoffe ich zu mindest). Und Glaub ich ich werde durchhalten.. Danke nochmal.

Mir ist auch mal eine 15 Jährige zugelaufen, meine nennen wir sie Naddel, hat bei mir gelebt, bin auch zu Elternabenden gegangen. habe ihr geholfen einen Ausbildungsplatz zu finden. Die Ausbildung hat sie bestanden. Das Jugendamt war echt unbürokratisch und hat sich bei mir zuhause umgeschaut und gesagt, wenn sie das Kind behalten wollen, kann sie bleiben.

Naddel sagt, das ich mehr ihre familie wäre, als ihre leibliche Familie. Das fasse ich als Kompliment auf.

Das was Du vorhast ist Entziehung Minderjähriger und ist strafbar. Mutter von Bienchen kann Dich anzeigen und wird, egal was in der Familie passiert ist, gewinnen. Wende Dich ans Jugendamt und überlasse denen die weiteren Schritte. Soweit kein Okay vom Jugendamt da ist, kannst Du Bienchen nicht einfach so aufnehmen.