Ich möchte einen Audio Guide für ein Museum erstellen. Unterliegt das Ausstellungskonzept eines Museums dem Urheberrecht?

2 Antworten

(1) Sammlungen von Werken, Daten oder anderen unabhängigen Elementen, die aufgrund der Auswahl oder Anordnung der Elemente eine persönliche geistige Schöpfung sind (Sammelwerke), werden, unbeschadet eines an den einzelnen Elementen gegebenenfalls bestehenden Urheberrechts oder verwandten Schutzrechts, wie selbständige Werke geschützt. § 4 Sammelwerke und Datenbankwerke

Dies sollte auf jede Ausstellung zutreffen, die nicht mit dem Würfel per Zufall oder nach dem Alfabet oder nach Datum zusammengestellt worden ist.

Es stellt sich aber zunächst die Frage, ob eine Beschreibung des geschützten Werkes "Ausstellung Max Mustermann" eine Vervielfältigung des Werkes darstellt im Sinne von UrhG § 16 Vervielfältigungsrecht.

Klar wäre es, wenn ich in einem anderen Haus eine in wesentlichen Teilen ähnliche Ausstellung der Öffentlichkeit zeige.

Mutmaßlich wäre auch die Verbreitung eines Bildbandes mit wesentlichen Teilen der Ausstellung eine unzulässige Handlung.

Bei einer Übertragung in ein anderes Medium gehen Gerichte nämlich davon aus, dass eine Übertragung in ein nahe verwandtes Medium eher zu den UrhG § 23 Bearbeitungen und Umgestaltungen gehört, eine Übertragung in ein entfernter verwandtes Medium aber eher eine zulässige UrhG § 24 Freie Benutzung darstellt.

Vergleiche dazu auch http://www.schmunzelkunst.de/saq.htm#freinutz.

Eine Comicstory nach einer Oper wäre also eher nahe verwandt, ebenso eine Film, kaum aber ein Gedicht oder ein Gemälde.

Ein gesprochener Text über eine optische Ausstellung könnte auch als entferntes Medium gewertet werden, obwohl es kein kurzes Gedicht ist.

Im Streitfall entscheidet darüber aber ein angerufenes Gericht. Ob es für dieses wegweisende Urteile gibt, weiß ich nicht (das könnte man aber recherchieren), auch nicht , ob sich das angerufene Gericht daran halten wird ;-).

Gruß aus Berlin, Gerd

Nimikon 
Fragesteller
 17.11.2019, 10:36

Hallo Gerd,

vielen Dank für Deine Antwort, die sehr gut auf meine Fragestellung eingeht.

Sammelwerk
Wenn ich dich richtig verstehe, handelt es sich bei den in einem Museum ausgestellten Objekten um eine Ausstellung, die nicht mit dem Würfel per Zufall oder nach dem Alphabet oder nach Datum zusammengestellt worden ist. Davon gehe ich ehrlich gesagt auch aus, allerdings wundert es mich, dass bei den Beispielen für Sammelwerke Museen nie genannt werden sondern eher Enzyklopädien, Anthologien, Lexika, Jahrbücher, Festschriften, Kochbücher, Einzelhefte von Zeitungen oder Zeitschriften und vor allem elektronische Datenbanken. Daher frage ich mich ob es sich bei einer Ausstellung in einem Museum tatsächlich um ein Sammelwerk handelt welches dem Urheberrecht unterliegt?

Bearbeitung und Umgestaltung oder freie Benutzung
Gehen wie davon aus es handelt sich tatsächlich um ein Sammelwerk. Wenn ein Audio Guide zu der Museumsausstellung "nur" als Bearbeitung und Umgestaltung eingestuft wird hilft mir das leider nicht weiter, denn dann brauche ich zur Veröffentlichung des Audio Guides das Museum, welches mir die Genehmigung voraussichtlich nicht geben wird.
Aus diesem Grund wäre ich auf eine "freie Benutzung" angewiesen. Ich tue mich schwer das inhaltlich zu verstehen. Wenn ich jetzt von einem Gemälde ausgehen würde wäre mir schon klar, falls ich das Gemälde selbst übernehmen würde und es aber aber in meiner Ausführung so drastisch ändern würde, dass man von eigenen Kreation ausgehen kann, dass es sich dann um eine freie Benutzung handelt und ich somit nicht den Urheber wegen einer Veröffentlichung fragen müsste. Aber wie schaut es aus wenn ich mich mit einem Audio Guide auf ein Sammelwerk beziehe? Kann die Sprachausgabe zu bestimmten Gemälden des Sammelwerks als freie Benutzung gesehen werden? Die Sprachausgaben zu den Gemälden könnte der Nutzer über den Eingabe des Gemäldetitels finden oder durch Angabe des Raums im Museum und dann würden die Gemälde mit Sprachausgaben angegeben werden.

Ich habe selbst unter folgender Seite bereits nach Gerichtsurteilen in diesem Zusammenhang gesucht: https://www.juraforum.de/urteile/

Ich bin aber bis jetzt nicht wirklich fündig geworden. Ich bin allerdings mit diesem Fachgebiet auch nicht so bewandert. Weiß jemand ob es zu meinen Fragestellungen bereits Gerichtsurteile in Vergangenheit gab.?

GerdausBerlin  18.11.2019, 11:09
@Nimikon

Wichtig ist vor allem, den Sinn und den Zweck des UrhG zu beachten. Der steht in § 11 Allgemeines:

"Das Urheberrecht schützt den Urheber in seinen geistigen und persönlichen Beziehungen zum Werk und in der Nutzung des Werkes. Es dient zugleich der Sicherung einer angemessenen Vergütung für die Nutzung des Werkes."

Das Gesetz will also im Wesentlichen gewährleisten, dass der Urheber bei der UrhG § 31 Einräumung von Nutzungsrechten mitbestimmen kann, dass eine UrhG § 14 Entstellung des Werkes verhindert wird, dass eine UrhG § 13 Anerkennung der Urheberschaft gewährleistet ist und eine UrhG § 32 Angemessene Vergütung.

Wenn ich nun ein Sammelwerk mit freien Songs (alte Volkslieder etwa) einspiele und verbreite, etwa als CD, und die "Auswahl oder Anordnung der Elemente" ist so kreativ, dass sie geschützt ist nach UrhG § 4 Sammelwerke und Datenbankwerke, und so toll, dass Leute die CD kaufen wollen, und ein Dritter wählt deshalb wesentliche Teile meiner Sammlung für seine eigene, selbsteingespielte CD, und die Leute kaufen dann (aus Verwechslung oder weil sie billiger ist, oder sogar besser eingespielt) dessen CD, habe ich womöglich einen UrhG § 97 Anspruch auf Unterlassung und Schadensersatz gegen diesen Dritten.

Ein Museum bzw. dessen Kurator einer Ausstellung haben meines Erachtens keine solche Beeinträchtigung zu befürchten durch einen "maßstabsgetreu" geschriebenen oder gesprochenen Ausstellungs-Führer. Anders sähe es möglicherweise aus bei einem "maßstabsgetreuen" Bildband oder Film, der den potentiellen Besuchern den Besuch des Museums ersparen könnte.

Wenn das Museum allerdings selbst einen geschriebenen oder gesprochenen Ausstellungs-Führer anbietet, würde dieser ja selbst möglicherweise eines dieser geschützten UrhG § 4 Sammelwerke und Datenbankwerke darstellen. Und/oder es könnten sich Probleme aus dem UWG ergeben, siehe https://www.gesetze-im-internet.de/uwg_2004/.

Gruß aus Berlin, Gerd

Nimikon 
Fragesteller
 20.11.2019, 16:28
@GerdausBerlin

Hallo Gerd,

ich finde es toll wie viel Mühe du dir hier gibst mit deinen Antworten und wie du deine Aussagen sogar noch mit den entsprechenden Gesetzesangaben belegst. Vielen Dank dafür.

Ich fasse mal grob zusammen wie ich es verstanden habe bzw. wie ich es nun selbst einschätze.

Ich denke das Museum ist gar nicht in der Lage aus einem großen Fundus an Gemälden welche auszuwählen für Ihre Ausstellung. Es kann nur auf die begrenzte Zahl an Gemälden zurückgreifen welche nun mal im eigenen Besitz sind. Daher kann hier eigentlich gar nicht so viel eigene geistige Schöpfung enthalten sein, so dass es sich nicht um ein Sammelwerk handelt und damit dem Urheberrecht unterliegt. Allerdings könnte man auch gleichzeitig sagen, dass sich das Museum sehr viel Gedanken gemacht hat in welcher Reihenfolge die Bilder dargestellt werden bzw. in welcher Art und Weise. Ich selbst finde jetzt nicht, dass dabei so viel geistige Schöpfung verbunden ist, aber anscheinend wird hier die Messlatte nicht so hoch gelegt, daher gehe ich davon aus, dass eine objektive Stelle eventuell doch auf ein Sammelwerk entscheiden wird und damit Urheberrecht.

Ich würde allerdings mit einem Audio Guide eine Transformation in ein andere Werkform durchführen und zwar von Gemälden (nehme ich mit den Augen wahr) weg zu Audio Files (nehme ich mit den Ohren wahr). Daher wäre ich zuversichtlich, dass dies als freie Benutzung eingestuft werden würde, so dass ich keine Genehmigung des Urhebers (Museum) bräuchte für die Veröffentlichung. Siehst du das auch so? Was meinst du mit der Angabe „maßstabsgetreu“?

Ich gehe davon aus, dass der Audio Guide des Museums auch dem Urheberrecht unterliegt, was ich auch verstehen kann, denn hier wurde was kreatives geschaffen mit entsprechender Schöpfungshöhe. Allerdings würde mein Audio Guide nichts mit dem bestehenden Audio Guide zu tun haben. Ich würde absolut nichts übernehmen sondern eigenständig erstellen. Daher sehe ich hier kein Risiko gegen einen Verstoß.

Dann bleibt jetzt noch das von dir angegebene Risiko wegen eines unlauteren Wettbewerbs. Ich habe mir mal die Tatbestände des unlauteren Wettbewerbs angeschaut. Die meisten kommen aus meiner Sicht überhaupt nicht in Frage, wobei ich folgende noch am naheliegendsten wären:

• Irreführung: Fehlvorstellung durch nicht der Wahrheit oder Wirklichkeit entsprechenden Umstände

• Nachahmung: Vermarktung eines Produkts, welche der Original-Ware zum Verwechseln ähnlich ist (Produktfälschung)

• Verwertung fremder Leistungen als eigene

Aber aus meiner Sicht trifft keiner dieser Tatbestände wirklich zu. Wie gesagt werde ich nichts von dem offiziellen Audio Guide des Museums kopieren, sondern alles selbst erstellen. Zudem werde ich darauf aufmerksam machen, dass die Erstellung des Audio Guides unabhängig vom Museum gemacht wurde.

Wo würdest du das Risiko des unlauteren Wettbewerbs sehen?

Vielen Dank nochmal für deine Hilfe?

Nimikon 
Fragesteller
 21.11.2019, 09:28
@Nimikon

Ich denke ich konnte nun die Gefahren identifizieren, die mir ggf. wegen untlauteren Wettbewerb blühen. Ich glaube es geht in erster Linie um die zwei Aspekte Rufausnutzung und Rufbeeinträchtigung.

Der Tatbestand Rufausnutzung setzt einen guten Ruf voraus, der dem nachgeahmten Produkt bei Teilen des angesprochenen Verkehrs anhaften muss. Dieser kann in der Bekanntheit

begründet sein, aber auch in besonderen Qualitäts- oder Gütevorstellungen

liegen.

Es ist nun fraglich ob ein Auido Guide eines Museums tatsächlich diese Voraussetzung erfüllt und insbesondere solch einen großen Bekanntheitsgrad hat. Ich würde aber bei meinem erstellten Audio Guide ausdrücklich darauf hinweisen, dass die Erstellung total unabhängig von dem Museum gemacht wurde. Damit möchte ich einer möglichen Klage eines Imagetransfers zuvorkommen und mich speziell von dem Angebot des Museums abgrenzen. Ich gehe davon aus, dass es durch diese Abgrenzung dann nicht um einen unlauteren Wettbewerb handelt. Wie wäre eure Meinung dazu?

Unter Rufbeeinträchtigung ist die Herabsetzung oder Verunglimpfung des Kennzeichens, welches ein Mitbewerber verwendet. Wie gesagt würde ich mich ausdrücklich von dem Audio Guide Angebot des Museums abgrenzen. Daher sollte auch keine Beeinträchtigung erfolgen in der Art und Weise, dass ein Nutzer des offiziellen Audio Guides von dem Museums den Eindruck bekommt, dass der offizielle Audio Guide nicht mehr die angenommene Qualität hat.

Selbstverständlich werde ich auch nicht die fremde eingetragene Marke des Museums verwenden, sondern meinen Audio Guide anders betiteln. Ich würde höchstens in der Beschreibung der App beschreibend auf das Museum eingehen aber auch hier nicht direkt die Marke nennen.

Ich wäre über eure Einschätzung zu diesem Sachverhalt sehr dankbar.

GerdausBerlin  22.11.2019, 00:17
@Nimikon

"Ich würde aber bei meinem erstellten Audio Guide ausdrücklich darauf hinweisen, dass die Erstellung total unabhängig von dem Museum gemacht wurde." ich bin mir sicher, dass das sehr hilfreich ist. Denn Verletzer des UWG versuchen ja in der Regel das Gegenteil.

"Selbstverständlich werde ich auch nicht die fremde eingetragene Marke des Museums verwenden, sondern meinen Audio Guide anders betiteln." Das würde ich nicht so eng sehen, denn dein Kunde möchte ja auch wissen und deutlich erkennen, für welchen Veranstalter deine Diensleistung gedacht ist. Und da darf man häufig sogar fremde Bildmarken zur Verdeutlichung verwenden, etwa beim Anbieten von Ersatzteilen für fremde Marken-Produkte.

Siehe dazu "Nutzung von Marken als Bestimmungshinweis" in https://www.ra-himburg-berlin.de/markenrecht/faq/1088-wann-darf-man-wie-wo-fremde-marken-nutzen.html, obwohl dort nicht alles korrekt erklärt erscheint.

Am besten mal googlen nach "markenrecht ersatzteile" und "markenrecht zubehör" und "markenrecht Hinweis auf die Bestimmung einer Ware oder Dienstleistung".

Gruß aus Berlin, Gerd

Die Museen, die ich jetzt so kenne, sind doch mehr oder weniger so aufgebaut, dass halt ein Ausstellungsstück neben dem anderen steht. Ich glaube, da muss schon sehr viel Konzept dahinter stehen, dass es unter das Urheberrecht fällt.

Du würdest ja jetzt auch keinen ganz genauen Plan der Ausstellung machen, sondern enfach nur nacheinander über die Ausstellungsstücke reden, damit ja nicht das Konzept kopieren.

Sieh mal hier: https://borgelt.de/kunstrecht-infos/urheberrecht-und-ausstellungskonzept
Hier geht es aber nicht nur um das Konzept, sondern auch um die Ausstellungsstücke an sich.
Ich denke, einfach nur Kommentare einzusprechen, müsste ok sein.