Fristlose Kündigung wegen Vertrauensbruch nach Reinfall auf Betrugsmasche?
Hallo liebe Community,
ich hoffe, hier kennt sich jemand grob mit sowas aus:
Meine Mutter hat vor einigen Tagen die fristlose Kündigung wegen Vertrauensbruch durch ihren Arbeitgeber ausgeprochen bekommen, nachdem sie auf eine Betrugsmasche herein gefallen ist. Dabei hat eine kriminelle Organisation sich per Mail als ihr Vorgesetzter ausgegeben (dieser war im Urlaub) und sie gebeten, mehrere Geldbeträge auf verschiedene Konten zu überweisen.
Dummer Weise ist sie dieser Bitte nachgekommen, das Geld ist verloren und sie fristlos gekündigt, da sie ihre Sorgfaltspflicht vernachlässigt habe.
Der Arbeitgeber hat zuvor keinerlei Schulungen o.Ä. zur Vorbereitung auf derartige Phishing-Versuche (offenbar durch ein recht professionelle Struktur, da sie wussten, wann ihr Vorgesetzter im Urlaub ist) angeboten oder solche Gefahren im Arbeitsalltag thematisiert.
Denkt ihr es lohnt sich, einen Anwalt zu nehmen? Ist die fristlose Kündigung aufgrund von Vertrauensbruch (den Vertrauensbruch sehe ich persönlich nicht als erfüllt?) gerechtfertigt?
Vielen Dank im Voraus und beste Grüße!
9 Antworten
Wenn sie es beweisen kann, würde ich einen Anwalt kontaktieren und Widerspruch erheben.
Falls sie sich wirklich nicht schuldig gemacht hat, hat sie gute Chancen, dass die fristlose in eine ordentliche Kündigung geändert wird.
Eine Kündigungsschutzklage muss innerhalb von 3 Wochen nach Erhalt der Kündigung gestellt werden:
https://www.hensche.de/Rechtsanwalt_Arbeitsrecht_Handbuch_Kuendigungsschutzklage.html#tocitem2
Ich würde mich auf jeden Fall dringend an einen Anwalt wenden. Die Kosten für die Erstberatung kann man ja gleich erfragen.
Inwiefern es tatsächlich Aussicht auf Erfolg gegen die Kündigung gibt, wird der Anwalt wissen. Hängt sicherlich auch davon ab, inwiefern sie den Betrug hätte erkennen müssen.
Die Kündigungsschutzklage sollte man einreichen und mit einem Anwalt die Chancen abklopfen.
Hier wäre dann u.a. zu klären, wie offensichtlich der Betrugsversuch war. Wenn die Mail beispielweise komplett anders gewesen ist, als die dienstliche, hätte sie skeptisch werden müssen.
Mir sind auch schon Fälle begegnet in dem ich eine vermeintliche Mail (mit der richtigen Adresse) vom Chef bekommen habe.
offenbar durch ein recht professionelle Struktur, da sie wussten, wann ihr Vorgesetzter im Urlaub ist
So professionell muss man da gar nicht vorgehen, wenn der Chef eine automatische Abwesenheitsnotiz in seinen Mails sendet.
Der Weg zum Anwalt lohnt da ziemlich definitiv.
Ohne Kenntnis aller Details lässt sich noch nicht einmal beurteilen, ob hier überhaupt eine Verletzung der Sorgfaltspflicht vorliegt (z.B. wenn die Anweisungen von der „richtigen“ eMail-Adresse des Vorgesetzten stammten).
So ganz neu ist die Masche allerdings auch nicht.
Naja… wenn man sich auskennt, kommt die Mail vom „richtigen“ Absender. Das zu fälschen ist in etwa so schwierig wie eine falsche Absenderadresse auf einen Briefumschlag zu schreiben.
Ungewöhnlich wäre natürlich, wenn der „Vorgesetzte“ auf Englisch geschrieben hätte o.ä.
Aber solche Betrüger gehen regelmäßig sehr professionell vor.
Ja, auf jeden Fall. Offensichtlich hat der AG nicht die Mindest-Standards eingehalten. In keinem normalen Unternehmen kann eine Person alleine größere Beträge überweisen.
eine die eine entsprechende Vertrauensstellung hat, kann das schon ...
Selbst ich als Prokurist und Geschäftsführer benötigte für grosse Summen eine Zweitunterschrift. Selbst in unserem Gartenverein ist das üblich
Nein, niemals. In jedem normal geführten Unternehmen gibt es Compliance Regeln
In kleinen Buden aber nicht unbedingt. Ansonsten gebe ich Dir völlig Recht.
Spätestens mittelgroße Unternehmen haben aus solchen Fällen schon lernen müssen und entsprechende Regeln aufgestellt.
Solche Betrugsmails gibt es auch in großen Unternehmen. Teilweise so clever gemacht, dass es immer ma wieder einen Schaden gibt.
Ja, ich kenne diese E-Mails. Nur wäre es bei uns nicht möglich, einfach mal so eine Zahlung zu tätigen.
Ja, dann hat Dein Betrieb das im Griff.
Kenne es von einem ehemaligen Arbeitgeber mit mehr als 100k Angestellten weltweit aber dann wiederum auch, dass solche Mails funktionieren können.
Das würde spätestens durch die Wirtschaftsprüfer unterbunden.
Kein System ist unfehlbar... Enron und GE haben die Wirtschaftsprüfer ziemlich geleimt.
Also in meinem normalen Unternehmen macht das die Buchhaltung - das ist ja deren Job: Rechnungen bezahlen und Geldüberweisungen tätigen - große und kleine Beträge. Ich als Chef habe damit nix zu tun! Oder meinst Du etwas anderes?
Ich meine, dass niemals eine Person alleine eine Überweisung tätigen kann, zumindest bei höheren Beträgen. Normalerweise drei Leute: einer gibt ein, zwei müssen genehmigen. Können drei aus der Buchhaltung sein.
in dieser Firma ist das so ... das kann doch jeder Chef regeln wie er will
insbesondere wenn er der Person vertraut ...
Dann soll er sich nicht wundern, wenn etwas schief läuft
Das mag in großen Firmen so sein, aber bestimmt nicht in einer kleinen.
Ich kann im Online-Banking jederzeit Überweisungen tätigen, allerdings aus Sicherheitsgründen nur bis zu einem gewissen Limit. Sollte ich das erreicht haben, werden weitere Überweisungen von der Bank nicht mehr ausgeführt
sowas kann man ganz einfach überprüfen ...
Cusor auf den Absender halten ...
einfach so Geld überweisen, ohne sich rückzuversichern, war jedenfalls grob fahrlässig