Ab wann gilt man NICHT mehr als vorbestraft? Bei einer Verurteilungvon 120 Tagessätzen. Mit der Tilgung aus dem Führungszeugnis oder der Tilgung aus dem BZR?

2 Antworten

In deinem Beispiel gilt man mit der Tilgung aus dem Führungszeugnis nicht mehr als vorbestraft.

Zur Offenbarungspflicht eines Verurteilten sagt § 53 Abs. 1 BZRG:

Der Verurteilte darf sich als unbestraft bezeichnen und braucht den der Verurteilung zugrunde liegenden Sachverhalt nicht zu offenbaren, wenn die Verurteilung

  1. nicht in das Führungszeugnis oder nur in ein Führungszeugnis nach § 32 Abs. 3, 4 aufzunehmen oder
  2. zu tilgen ist.

Da von dir genannte Menge der Tagessätze nach § 32 Abs. 2 Nr. 5 a BZRG über der Grenze von 90 Tagessätzen liegen, sind sie grundsätzlich in ein Führungszeugnis aufzunehmen.

Allerdings hat jeder Eintrag eine Tilgungsfrist, die in deinem Fall nach § 34 Abs. 1 Nr. 1 a BZRG drei Jahre beträgt, längstens aber so lange, bis die letzte Verurteilung tilgungsreif ist. Sie beginnt am Tag der Unterzeichnung des Strafbefehls bzw. mit der Verkündung des Urteils nach einer Hauptverhandlung.

Wenn das Führungszeugnis (wieder) sauber ist, darf man sich als nicht vorbestraft bezeichnen. Eine Ausnahme gilt aber gemäß dem eingangs genannten § 53 BZRG gegenüber Behörden mit uneingeschränktem Auskunftsrecht aus dem Bundeszentralregister:

Soweit Gerichte oder Behörden ein Recht auf unbeschränkte Auskunft haben, kann der Verurteilte ihnen gegenüber keine Rechte aus Absatz 1 Nr. 1 herleiten, falls er hierüber belehrt wird.

Das heißt im Umkehrschluss: Wurde die Verurteilung bereits aus dem Führungszeugnis getilgt, gilt man auch gegenüber Gerichten als nicht vorbestraft. Im eigentlichen Bundeszentralregister bleibt die Vorstrafe aber bis drei Jahre nach dem Tod bzw. bis zum 90. Geburtstag des Delinquenten gespeichert, siehe § 24 BZRG.

StyffMeister 
Fragesteller
 03.06.2015, 00:23

Hallo,

danke für deine umfassende Antwort. Habe ich das richtig verstanden:

Also man gilt offiziell als nicht vorbestraft, sobald die Einträge aus dem Führungszeugnis gelöscht sind aber trotzdem noch im Bundeszentralregister stehen?

Punkt 2) Das habe ich nicht ganz verstanden. Mit den Behörden. Die die uneingeschränkte Auskunfstrecht haben, da gilt man in dem Sinne noch vorbestraft? Also hätte man zum Beispiel keine Chance bei einer Polizeibewerbung, trotz reinem Führungszeugnis aber beschmutztem Bundeszentralregister?

adk710  03.06.2015, 19:19
@StyffMeister

Zu 1) Richtig verstanden.

Zu 2) Die Behörden, die eine unbeschränkte Auskunft erhalten, sind in § 41 BZRG aufgezählt. Wie das konkret im Fall einer Bewerbung bei der Polizei aussieht, kann ich dir leider nicht sagen, weil ich zum Einen kein Polizeibeamter bin, aber aus der Aufzählung auch keine Grundlage für eine Auskunft nur zu Einstellungszwecken herauslesen kann.

Wenn dem aber so ist, hast du mit deiner Vermutung recht.

StyffMeister 
Fragesteller
 04.06.2015, 10:30
@adk710

Hallo, eine letzte Frage besteht: Verurteilibg von 120 Tagessätzen. Tilgungsfrist im Führungszeugnis um BZR?

adk710  04.06.2015, 15:26
@StyffMeister

Für das Führungszeugnis gilt § 34 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a BZRG:

Die Frist, nach deren Ablauf eine Verurteilung nicht mehr in das Führungszeugnis aufgenommen wird, beträgt drei Jahre bei Verurteilungen zu Geldstrafe [...].

Die Frist läuft ab dem Tag der Urteilsverkündung, das Datum der Rechtskraft ist irrelevant. Nach diesen drei Jahren giltst du offiziell als nicht vorbestraft.

Für das BZR gilt § 46 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe a BZRG:

Die Tilgungsfrist beträgt zehn Jahre bei Verurteilungen zu Geldstrafe [von mehr als 90 Tagessätzen].

Kommt in dieser Zeit etwas dazu, können die Eintragungen erst entfernt werden, wenn wirklich jede Strafe tilgungsreif ist, § 47 Abs. 3 BZRG.

"Vorbestraft" streng genommen ist man, sobald man wegen einer Straftat verurteilt ist. Im Grunde verschwindet diese Tatsache ja auch nicht aus einem Leben, auch wenn sie nach einer gewissen Zeit aus dem BZR getilgt wird. Nennen darf man sich aber auch dann schon "nicht vorbestraft", solange /sobald das Führungszeugnis frei von Einträgen ist.

StyffMeister 
Fragesteller
 03.06.2015, 00:24

Gut, aber solange es im Bundeszentralregister noch nicht getilgt ist, gilt man dennoch als nicht vorbestraft und hat keine offenbarungspflicht.