Ist es immer ratsam, in Eigentum zu wohnen statt zu mieten?

7 Antworten

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Mit der Milchmädchenrechnung haben sich schon viele auf dem Weg in die Abhängigkeit von einer Immobilie aufgemacht.

Wenn man sich verrechnet, kommt man zu deinem Schluss. Wer alles berücksichtigt und versucht einzuwerten, wird nur im Ausnahmefall kaufen.

Ein paar Beispiele:

  • man vergisst fast immer die Berücksichtigung des eingesetzten Eigenkapitals. Wenn man also davor 1.000 € Miete zahlt, zahlt man danach (mit Reparaturen und Tilgung) wieder 1.000 €, übersieht aber, dass man ja auch 100.000 € eingesetzt hat, die sich nicht mehr verzinsen und keine Sicherheit (für Probleme, die in einem normalen Leben vorkommen) mehr geben.

  • man unterschätzt immer den Reparaturaufwand. Wird dieser mit realistischen 2 % im Jahr eingerechnet, sieht die Rechnung anders aus. Wie aber jeder Eigentümer weiß, kauft man ein Haus (auch eine Wohnung ) immer in 50 Jahren ein Haus zum zweiten mal.

  • man überschätzt mögliche Wertsteigerungen. die Statistik lügt. Wenn von 2 % Zuwachs bei Neu- oder Altbauten die Rede ist, ist der Neubau in 20 Jahren wieder ein Neubau im neuesten Standard. Der Altbau wieder ein 20 Jahre altes Haus. Das, was man kauft wird aber jedes Jahr ein Jahr älter.

  • Viele vergleichen Äpfel mit Birnen. Für ein Haus in München würden sei 2.500 € Miete Zahlen. Mit dem selben Geld kann man auch ein Haus im Umland finanzieren. Dass zweiteres dazu führt, dass man zwei Autos braucht und die Kinder und der Familienernährer jeden Tag mindestens eine Stunde mehr in Auto oder Buß sitzen wird unter den Teppich gekehrt.

  • man zahlt zwar via Tilgung ab, hat am Ende aber doch das ganze Haus gezahlt. Wenn man es in seinem Leben auf 300.000 Euro (derzeitiger Wert, jetziger Rentner) gebracht hat, kann in Rente kommen was will. Z. B. ein oder zwei jahre Weltreise. Wenn man statt dessen ein Haus und auch als Rentner noch 50.000 € Schulden hat, ist Schmalhans Küchenmeister.

  • die Kosten für das Wohnen mindern sich durch den Kauf trotz des eingesetzten Kapitals langfristig nicht. Erst tilgt man hoch, später geht das Geld in Reparaturen oder den Unterhalt eines eigentlich viel zu großen Hauses. Vernünftige Mieter haben ein Haus, wenn sie Kinder haben und eine Wohnung, wenn die Kinder aus dem Haus sind.

  • der Käufer unterschätzt den Wert der Mobilität oder lässt in komplett unter den Tisch fallen. Immobilie kommt von Immobil. Das kann entweder die Karriere negativ beeinflussen oder richtig teuer sein.

  • viele kaufen zur Unzeit ein Objekt, das sich schon nach wenigen Jahren (wegen Selbständigkeit, neuer Liebe, Scheidung oder Nachwuchs) als unpassend herausstellt. Nach einigen Jahren macht man aber immer Verlust und bleibt deshalb in einem Haus, das unglücklich macht.

  • Häuser sind extrem schlecht zu vererben. Eigentlich müsste man dem, der es erbt noch Geld mitgeben, damit er es erhalten kann. Das Haus macht aber schon 90 % des Erbes aus.

  • manche haben auch komplett falsche Vorstellungen. Sie ärgern sich über den Vermieter und wollen deshalb kaufen. Dass man als Mieter seine Nachbarn aber kostenlos wechseln kann, was als Eigentümer mit oft gewaltigem finanziellem Aufwand verbunden ist - so überhaupt möglich - sehen sie nicht. Oft ist die Eigentümerversammlung alles andere als ein Spaß. Vollidioten eingeschlossen.

LittleArrow  17.11.2010, 16:29

Eine hervorragende, einfühlsame Antwort und Analyse!

Jeder Punkt ist ein DH wert! Schade, dass die Punkte nicht nummeriert sind, um im Einzelnen noch zu ergänzen.

Dabei denke ich an den sich wandelnden Raumbedarf im Laufe der Lebenszeit, der meistens nur auf den Moment + 20 Jahre ausgelegt ist.

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Rat2010  17.11.2010, 17:34
@LittleArrow

Vielen Dank für die Blumen!

Es sind nur Beispiele. Auch das Risiko einer sich verändernden Lage, das Zinsänderungsrisiko und zig Punkte mehr sprechen dafür, dass es nicht so einfach ist und sehr oft sinnvoller ist, zu mieten.

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TopJob  18.11.2010, 11:59

In vielen Punkten gebe ich dir recht. Aber wenn ich das so lese, ist es auch eine sehr einseitige Analyse bzw. Antwort auf die Frage.

-Z. B.: Wieso ist ein Haus schlecht zu v ererben. Meiner Meinung nach ist genau das Gegenteil der Fall. Ein vererbtes Haus, welches später selbst bewohnt wird ist in den meisten Fällen sogar neben dem üblichen Freibetrag Erbschaftssteuerbefreit.

  • Ich gebe dir auch recht, dass man nicht mit einer starken Steigerung des Wertes eines Hauses rechnen sollte. Aber Inflationsstabil ist es ehr als Bargeld!

  • Wenn man später in Rente geht, hat man die Möglichkeit das Haus zu verkaufen oder auch weiter selbst darin zu wohnen. Hier muss man nur die Entscheidung frühzeitig mit dem Eintritt in den Ruhestand treffen. Daher bin ich nicht unbedingt viel eingeschränkter.

  • ...

Wenn man das so liest hat man das Gefühl jeder der sich ein Haus kauft absolut irre sein muss! Genauso alle Immobilienbesitzer, die Wohnungen vermieten. Schießlich tragen sie die ganzen Schrecklichen, oben genannten Risiken und Kosten. ;)

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Rat2010  18.11.2010, 16:01
@TopJob

Ich denke, dass das Problem nicht ist, dass die Leute, die eine Immobilie kaufen, nicht die Vorteile kennen. Dafür sind zum einen die Bauträger und Makler zuständig, zum anderen würden sie ohne die Vorteile gar nicht auf die Idee kommen. Wenn ich so eine Frage lese, denke ich nun mal zuerst an die Risiken.

Wenn du beim Vererben, beim Werterhalt (schlechte Alternative von dir) und beim Übergang zur Rente auch positive Beispiele kennst, sei dir sicher, dass ich auch von lebenden beispielen berichte.

Man muss nicht irre sein, um sich ein Haus oder eine Wohnung zu kaufen. Wenn du meine Punkte aber nur mit der "Ja-aber-Pille" erträgst, solltest du überlegen, ob du dich nicht auch mal mit den Alternativen beschäftigen solltest. Man sollte die und viele andere Argumente nämlich kennen, bevor man sich für eine Immobilie entscheidet. Bei einem Verkaufsprospekt eines geschlossenen Fonds würde das unter den "Risikohinweisen" stehen und die sollte man auch vor Kauf gelesen haben. Wie beim Verkaufsprospekt muss nicht alles eintreten, aber alles kann eintreten und es kann sehr teuer werden.

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Niklaus  06.01.2011, 18:11
@Rat2010

Sorry aber du kennst offensichtlich nicht das beruhigende Gefühl eine schöne bezahlte Eigentumswohnung zu haben.

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Rat2010  11.01.2011, 11:07
@Niklaus

Kenne ich, glaub mir ;)))

Du kennst offensichtlich nicht das gute Gefühl, ein vernünftig strukturiertes Vermögen zu haben. Eine Immobilie, in der bei manchen 200 % oder mehr des Vermögens stecken, steht dem oft im Wege.

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Awando  26.01.2011, 06:36
@Rat2010

Ich hab so ein Ding. Nach 9 Jahren habe ich das Bewusstsein das ich (auch provisionsfreie Wohnungen enthalten gern 10% Provision vom Bauträger) tatsächlich so knapp unter 100% meines Geldes wiederbekommen würde. Was wenn die Marktpreise einmal sinken. München liegt eh schon auf einem Level das sich kaum jemand leisten kann (siehe andere Städte). Irgendwann wird sich das dem Einkommen anpassen. Dann hab ich insgesamt 3000 Euro Grundsteuer bis heute bezahlt. Die ersten Sanierungen später werden auch ins Geld gehen. Wer ein freistehendes Haus hat wird auch einmal gerne zur Straßensanierung der Gemeinde herangezogen. Ich selber gehe davon aus das ich mtl. 100 Euro für spätere Sanierungen zurücklegen muss (das zeigen so die unzähligen Wohnungen die mir bekannt sind). Hätte ich die Wohnung finanziert und würde die genannten Dinge mit einrechnen hätte ich vielleicht, wenn es gut läuft, so nach 20 Jahren den Kaufpreis wieder heraus. Dabei steigt eine Wohnung langfristig ja garnicht im Wert sondern lediglich der Grund. Und insgesamt stehe ich hier und in München im Verhältnis richtig gut da.

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Awando  26.01.2011, 06:41
@Rat2010

Nichts desto trotz spart man sich die Miete und hat, wie Niklaus sagt, das gute Gefühl eines bezahlten Eigentums. Und wenn dieses bezahlt ist spart man sich die Zinsen.

Und wenn ich mir manch Vermieter und Ärger mit diesen anschaue, oder das stetige Risiko "Eigenbedarf" dann sind das nicht zu verachtende Punkte.

Als nüchtern gerechnete Kapitalanlage rechnet sich eine selbstgenutzte Immobilie selten.

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Niklaus  02.03.2011, 19:29
@Rat2010

@Rat2010: Was denkst du eigentlich. Selbstverständlich kenne ich ein gut strukturiertes Vermögen. Wäre schlimm wenn nicht. Trotzdem tut es meiner Seele gut, dass ich in einer bezahlten Immobilie und meinem strukturierten Vermögen wohnen kann.

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Die selbstgenutzte Eigentumswohnung oder das Haus gehören zur dritten Säule der privaten Vorsorge. Das Eigenheim ist wie eine zusätzliche Rente. man braucht kein Miete zu bezahlen, kann es vermieten und in ein Altersheim ziehen, verkaufen und vererben. Ein idealer Baustein in der privaten Altersvorsorge. Allerdings sollte das Eigenheim bis zum Renteneintritt bezahlt sein

LittleArrow  18.11.2010, 18:42

Ergänzung zum Renteneintritt:

Und es sollte dann kein Renovierungs-/Instandhaltungsstau mehr vorliegen. Sämtliche Modernisierungsarbeiten (insb. Energiesparmaßnahmen) sollten durchgeführt sein.

Damit stehen "nur" noch spezifische Umbauten für das eigene, altersgerechtes Wohnen aus, weil hierbei der ganz konkrete Bedarfszeitpunkt und -inhalt schwer abzuschätzen ist.

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Ganz einfache Rechnung 50 Jahre eine Wohnung mieten für 500€/Monat macht 300.000€. Die sind weg und es bleibt nix. Hättest Du ein Haus gekauft müsstest Du zwar Steuern zahlen, modernisieren und in Stand halten, hast aber einen Wertsteigerung die sich sehen lassen kann. Das Haus was heute 300.000€ kosten würde, hättest Du vor 50 Jahren (1960) für ca. 25.000DM bekommen. Also, die Wertsteigerung ist eine 24fache. Selbst wenn Du die Zinsen für ein Darlehn und die Modernisierungen abziehst, bleibt immer noch ein Gewinn und das Haus ist immer noch da und nicht weg wie die Miete.

Interessantes Thema und ebenso interessante Antworten, die mir zeigen, wie individuell das Thema für den einzelnen zu beantworten ist, wichtig ist hierbei, dass man sich mit allen Aspekten und Sichtweisen auseinander setzt, um sich dann bewusst für seinen Weg zu entscheiden. Ich beschäftige mich derzeit mit dem Thema, jedoch nicht in erster Linie wegen dem finanziellen Aspekt, auf den hier ja auch schon genügend eingegangen wurde. Vielleicht kurz meinen Hintergrund, ich wohnte bis vor kurzem in meiner Eigentumswohnung bei meinen Eltern, die ihr Leben lang das Haus abbezahlt haben, welches sie dann ihrem ehrenwerten Sohn hinterlassen wollten. Ich dachte immer wer Miete zahlt ist doof, wenn man doch auch Eigentum haben kann, Besitz horten und Sicherheiten, das haben mir meine Eltern beigebracht. Ist nur die Kurzform, sonst würde ich den Rahmen hier sprengen, aber soll ich Euch etwas sagen? Ich kam mir am Ende wie in einem Gefängnis vor, Besitz macht unfrei in ganz vielen Bereichen und wenn ich sehe, was meine Eltern vielleicht in ihrem Leben hätten machen können, wenn sie sich nicht so ein Haus ans Bein gebunden hätten. Wenn ich hier lese, dass ja nach dem Abbezahlen etwas bleibt, dann frage ich mich, auf was man dafür hat alles verzichten müssen in der Vergangenheit. Ein Haus für meine eventuellen Erben? Warum? Altersvorsorge, ok, aber ist hier in Deutschland schonmal ein Rentner verhungert? Jedem Harz IV Empfänger geht es besser als 90% der Restbevölkerung. Warum sind wir so eine Mangelgesellschaft und es geht uns schlecht weil wir immer nur sehen, was wir nicht haben, statt auf das, was wir haben? Nicht falsch verstehen, jeder soll mit seiner Entscheidung glücklich werden (ich sehe, dass meine Eltern es z.B. nicht sind!) und ich möchte sicherlich nicht von der Hand in den Mund leben, aber ich habe beschlossen, mehr im hier und jetzt zu leben, möglichst viele Dinge zu tun und zu erleben, befreien von allem was mir unnötig Energie zieht... unsere Lebenszeit ist begrenzt und es liegt an uns, was wir daraus machen... in diesem Sinne frohes Schaffen :-)

Das ist etwas einfach, aber:

  • wer im Alter eine eigene, in der größe passende Wohnung hat, dem geht es besser.

  • Eigentum ist eine Inflationssichere Anlage.

  • Doch, mit einer Immobilie kann man eingeschränkt sein (sich fühlen), wnn man in eine andere Stadt umzieht.

  • Am Anfang ist die Summe aus Zinsen und Tilgung höher, als die Miete, die man zahlen müßte.

LittleArrow  18.11.2010, 16:28

Es ist eben nicht nur die Summe aus Zinsen und Tilgung, sondern es kommen früher oder später noch andere, oftmals schlecht abschätzbare finanzielle Belastungen auf den Ex-Mieter/Wohnungs-/Hauseigentümer zu, z. B. für Hausgeld (Instandhaltungsrücklagen), unvorhergesehene Reparaturen (die nicht Rücklagen gedeckt sind).

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