Einbehalt Originalsteuerbescheid im Finanzamt

2 Antworten

Das Finanzamt hat keine rechtliche Grundlage, Originale von Steuerbescheinigungen, Spendenbestätigungen usw. einzubehalten.

Spricht man das Finanzamt aber darauf an, bekommt man als Antwort den stereotypen Hinweis auf § 36 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 EStG, wonach Steuerbescheinigungen dem Finanzamt im Original vorzulegen sind. Das Finanzamt schlussfolgert aus der Vorschrift, wonach die Steuer nur angerechnet werden darf, wenn die Bescheinigung vorlag, dass das Finanzamt auch zum Einbehalt dieser Bescheinigung befugt sei.

Dem ist aber keineswegs so. Einbehalten dürfte das Finanzamt die Bescheinigungen nur dann, wenn es Eigentümer derselben wäre. Eigentümer würde es aber nur, wenn du mit der Übergabe der Bescheinigung gleichzeitig gewillt wärst, dem Finanzamt das Eigentum daran zu übertragen (vorausgesetzt, du bist vorher selbst Eigentümer, was noch zu untersuchen ist, s.u.). Daran dürften aber Zweifel bestehen, denn weder wird die Einreichung der Bescheinigung beim Finanzamt als konkludente Eigentumsübertragung ausgelegt werden können noch wirst du bei der Einreichung ausdrücklich erklären, dass du die Bescheinigung dem Finanzamt schenkst. Vielmehr lässt bereits deine Schilderung im Sachverhalt ("... Ich bin der Meinung, dass diese Originale mir als Eigentümer zurückgegeben werden müssen, da diese Originale ja auch bei anderen Behörden (z.B. Agentur für Arbeit) als Nachweise abgefordert werden") eher die Schlussfolgerung zu, dass du dich von dem Eigentum daran eben nicht trennen willst.

Behält das Finanzamt also entgegen deinem Verlangen und mit der o.g. fadenscheinigen Begründung die Bescheinigung ein, so greift es widerrechtlich in dein verfassungsrechtlich (Art. 14 GG) geschütztes Eigentumsrecht ein. Streng genommen läge in einem solchen Fall sogar eine Unterschlagung vor (§ 246 StGB), denn das Finanzamt will mit der Einbehaltung dich aus deiner Eigentümerposition verdrängen und sich selbst in dieselbe bringen.

Bisher habe ich die Originale stets, wenn ich wie oben argumentierte, vom Finanzamt zurückerhalten. Das bedauere ich insofern, als ich gern mal ein störrisches Finanzamt auf Rückgabe verklagen würde, um in einem Richterspruch die Rückgabepflicht bezüglich der Bescheinigung bestätigt zu bekommen. Ich bleibe weiter auf der Suche nach einem geeigneten Fall dazu.

blackleather  14.11.2014, 17:29

Ach so, ich hatte ja noch vergessen darzustellen, wer denn eigentlich Eigentümer der Bescheinigung ist.

Also, Aussteller ist die Bank und solange sie die Bescheinigung nicht aus den Händen gibt, auch deren Eigentümer. Was passiert mit dem Eigentum, wenn die Bank dir die Bescheinigung schickt? Sie übergibt dir eine bewegliche Sache (den Zettel) und ist zugleich gewillt, dir das Eigentum daran zu übertragen. Sie überträgt dieses nicht etwa dem Finanzamt, denn es ist der Bank schlicht egal, ob das Finanzamt diese Bescheinigung jemals zu Gesicht bekommt oder nicht; erst recht nicht übergibt es die Bescheinigung dem Finanzamt - Einigung (über den Eigentumsübergang) und Übergabe wären aber Voraussetzung für den Eigentumswechsel (§ 929 BGB). Hingegen kann aus dem Umstand, dass die Bank dir die Bescheinigung schickt, aber geschlossen werden, dass sie dir die schenken will (auch wenn im Begleitschreiben nicht ausdrücklich formuliert ist: "Hiermit schenken wir Ihnen die Steuerbescheinigung für Ihr Konto"). Damit wirst du Eigentümer der Steuerbescheinigung.

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vulkanismus  14.11.2014, 18:20
@blackleather

Und genau das passiert, wenn ich meine Belege an das Finanzamt schicke.

Viel Spaß bei einer evtl. Klage.

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wfwbinder  14.11.2014, 18:40
@blackleather

Also eins hast Du mir mit den Ausführungen bewiesen, nämlich dass Du besser als ich bei BGB "Eigentum" hingehört hast. So perfekt hätte ich es nicht ausdrücken können. Eventuell liegt es daran, dass ich es in der FernUni gemacht habe.

Man könnte diesen Diskurs mit Sicherheit noch bereichern, aber ich denke die Argumentationskette ist schlüssig und vollständig.

Das man Dir die Originale nach so einem Vortrag unverzüglich zugesandt hat ist mir auch klar. Du müsstest schon einen Leiter der Rechtsbehelfstelle auf dem FA erwischen, damit es zum angestrebten Prozess kommt.

Die Frage ist für mich mehr, was in einer Zeit der onlineübertragungen eigentlich noch ein Original ist. Ich glaube ich habe seit Ewigkeiten kaum noch etwas mit einer farbigen Unterschrift mit Tinte mehr von einer Bank bekommen, ausser wirklich persönlicher Briefe mit Mitteilungen über durchgeführte Renovierungsarbeiten "wir haben ihr Konto gestrichen."

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vulkanismus  14.11.2014, 19:12
@wfwbinder

Der Leiter der Rechtsbehelfstelle hat damit aber überhaupt nichts zu tun.

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Wirklich lustig, bei mir war es umgekehrt:

Seit unvordenklichen Zeiten hatte das FA die Originale bei den Akten behalten, was mir im übrigen sehr recht war. Kopien hatte ich ohnehin gemacht und so hätte ich den Krempel gleich doppelt.

Seit etwa 4 Jahren bekomme ich die Originale immer zurück. Das war ein arger Schock für mich. Ich habe mir einen leistungsstärkeren Aktenvernichter zulegen müssen. Schließlich sollen ja nicht Hinz und Kunz wissen können, was bei mir so auf dem Konto umgeht. Gegen die steuerliche Anerkennung des Aktenvernichters hat sich das FA im übrigen nicht gewehrt. Bei welcher Einkunftstart ich die untergebracht habe, verrate ich aber nicht.

Mikkey  14.11.2014, 21:33
bei mir war es umgekehrt:

bei mir auch, biher habe ich die Unterlagen immer erst auf Nachfrage zurückbekommen. Diemal habe ich gleich Kopien gemacht und im Fall der Steuerbescheinigungen die Originale geschickt. Da kam der ganze Krempel auch ganz von selbst zurück.

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