Wie hoch ist der Pflichtteil für Halbbruder?

4 Antworten

  1. Wenn Dein Vater zuerst stirbt, wären die gesetzlichen Erbteile 1/2 für Deine Mutter und je 1/4 für Euch beiden Söhne. Der Pflichtteil somit 1/8.
  2. Würde die Mutter zuerst versterben, würde ja alles an den Vater gehen (wenn Du keinen Pflichtteil geltend machst) und Dein Halbbruder gesetzlich 1/2 bekommen, ebenso wie Du.
  3. Um den Bruder möglichst gering abzufinden gäbe es verschiedene Möglichkeiten.

a) Sie schenken Dir alles vorab.

b) Sie machen mit Euch beiden einen Erbvertrag, womit die Anteile festgelegt werden, dabei müsste er aber mitwirken.

c) Sie überlegen sich, ob sie ihm gleich eine gewisse Summe zahlen und er erklärt einen Erbverzicht.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung
arousa 
Fragesteller
 30.01.2019, 20:59

Ich glaube für eine Schenkung ist es zu spät wegen der einzuhaltenden Fristen. Bezüglich eines Erbvertrages ist eine Mitwirkung eher unwahrscheinlich. Keiner weiß wo der Sohn aus 1. Ehe wohnt, ob er überhaupt noch lebt usw. ( er trägt auch nicht mehr den Namen des leibl. Vaters) D.h Kontakt mit ihm aufnehmen will mein Vater auch nicht. Wäre es besser wenn meine Mutter und mein Vater kein Berliner Testament hätten sonder jeder eins??

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wfwbinder  30.01.2019, 21:21
@arousa

OK, spielen wir es durch.

Wenn Deine Mutter ein Testament nur auf Dich macht, und Im Todesfall der Mutter vor dem Vater, der Vater auf seinen Pflichtteil verzichtet, hast Du alles.

Dein Vater müsste allerdings Deine Mutter und Dich, oder nur Deine Mutter einsetzen. Dann ist der Bruder auf 1/8 begrenzt. Wenn er nur Dich einsetzt, müsste Deine Mutter von Dir den Pflichtteil fordern, damit der Bruder auf 1/8 begrenzt wird.

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Die Höhe des Pflichtteils beträgt die Hälfte dessen, was der Erbteil wert wäre.

Stirbt der Vater, so steht nach dem BGB seiner Ehefrau die Hälfte zu und den Kindern zusammen die andere Hälfte, also für jedes Kind ein Viertel. Der Pflichtteil äre dann also ein Achtel.

Ist die Frau zum Todeszeitpunkt des Vaters schon tot, so erbt sie natürlich nichts.

Mal zuerst kurz den gesetzlichen Anspruch des Halbbruders aufdröseln:

  • Gegenüber Deiner Mutter ist er nicht erbberechtigt, da er kein "leiblicher Abkömmling" ist.
  • Gegenüber dem gemeinsamen Vater ist er erbberechtigt, weil ihr beide "leibliche Abkömmlinge" seid.
  • Besteht ein Testament, in welchem er überhaupt nicht erwähnt ist oder nur den gesetzlichen Pflichtteil bekommen soll, dann ist der Pflichtteil 1/2 des ihm zustehenden Teils als wenn es kein Testament gäbe, also die gesetzliche Erbregelung gälte.
  • Der Pflichtteil ist immer ein Anspruch auf (Bar)Geld gegenüber dem/den Erben

Variante 1: Vater stirbt zuerst

Das Erbe wird so verteilt wie im Testament festgelegt ist, also alles zuerst mal komplett an die Mutter. Von ihr kann der Halbbruder aber seinen Pflichtteil einfordern, und zwar als Bargeld im Wert 12,5% der kompletten Erbmasse (gesetzliche Erbregelung wäre 50% die Mutter, 25% für Dich und 25% für Halbbruder).

Variante 2: Mutter stirbt zuerst

Das Erbe wird so verteilt wie im Testament festgelegt ist, also alles zuerst mal komplett an den Vater. Der Halbbruder hat hier keinen Pflichtteilsanspruch.

Variante 3: Vater stirbt zuerst, anschliessend Mutter

Nach dem Tod der Mutter bist Du Schlusserbe und erbst den kompletten Nachlass. Der Halbbruder hat hier keinen Pflichtteilsanspruch gegen Dich, denn Du hast ja von Mutter geerbt, gegen die er keinen gesetzlichen Erbanspruch hat.

Variante 4: Mutter stirbt zuerst, anschliessend Vater

Nach dem Tod des Vaters bist Du Schlusserbe und erbst den kompletten Nachlass. Jetzt hat aber der Halbbruder einen Pflichtteilsanspruch gegen Dich, denn Du hast ja vom Vater geerbt, gegen den er ebenso einen gesetzlichen Erbanspruch hat. Er kann den Pflichtteil von Dir einfordern, und zwar als Bargeld im Wert von 25% (gesetzliche Erbregelung wäre 50% Du und 50% Halbbruder) aus dem kompletten Nachlasswert.

Um den Pflichtteil für den Halbbruder so niedrig wie möglich zu halten gibt es nur 1 Lösung, und zwar, auch die Erbmasse, aus welcher der Pflichtteil berechnet wird, so niedrig wie möglich zu halten. Das bedeutet, wenig Erbe zu hinterlassen, sondern es vorher selbst verbrauchen.

Auch zwischenzeitliche Schenkungen an Dich sind hier nicht unbedingt die Lösung, da es Fristen gibt, innerhalb von denen diese Schenkung ganz oder in Teilen der Erbmasse zugerechnet wird.

Merke: ein Berliner Testament ist nicht in allen Fällen eine sinnvolle Erbregelung, sondern verlagert lediglich potentielle Erbstreitigkeiten.

Und der Vollständigkeit halber abschliessend auch ein Hinweis an Dich: Du hast ebenfalls einen Pflichtteilsanspruch, sowohl gegen Vater als auch Mutter.

arousa 
Fragesteller
 30.01.2019, 17:12

Also wäre es sinnvoller wenn jeder ein eigenes Testament verfasst?

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user2358  30.01.2019, 19:33
@arousa

Das kann man so nicht sagen. Wesentlich ist nicht, ob einzeln oder gemeinsam, sondern die darin formulierten Regelungen.

Beim "Berliner Testament" ist es generell so, dass es den Partner begünstigt, die Kinder benachteiligt und eine Steuerfalle ist.

Das beginnt bei der Erbschaftssteuer für den ersten Erben, welcher den kompletten Nachlass des Partners bekommt und davon seinen Freibetrag abziehen kann anstatt dass Teile des Verstorbenen gleich auf die Kinder übergehen, der Erbteil des Einzelnen damit geringer ist und sich der Freibetrag anders auswirkt.

Aber auch der Schlusserbe hat ein Steuerproblem. Der Freibetrag mindert den zu versteuernden Teil, welcher sich natürlich beim Schlusserben unterschiedlich auswirkt da er 1 mal alles (kompletter Nachlass minus Freibetrag) anstatt 2 mal nur einen Teil (Nachlass des Vaters minus Freibetrag / Nachlass der Mutter minus Freibetrag) bekommt.

Es kann zusätzlichh den überlebenden Partner in Finanzprobleme bringen wenn die "übergangenen" Kinder ihre Pflichtteile anfordern (auch wenn sie Schlusserben sind haben sie diesen Anspruch). Denn Pflichtteile werden aus der jeweiligen Nachlasssumme berechnet und sind in Geld auszugleichen. In meiner Antwort habe ich ja diese Pflichtteilproblematik dargestellt, die dann auch der Schlusserbe haben kann (bei Dir abhängig davon wer zuerst verstirbt).

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arousa 
Fragesteller
 30.01.2019, 20:51

Wenn mein Vater ein Testament verfasst in dem er alles der Mama vererbt und ich meinen Pflichtteil nicht einfordere, dann erbt die Mama alles und mein Halbbruder bekäme nur 1/8 vom Gesamtvermögen - richtig? Und wenn eine Mutter ein Testament verfasst und mich als Alleinerben einsetzt und mein Vater auf sein Pflichtanteil verzichtet, dann hat mein Vater nichts und mein Halbbruder geht leer aus, da er ja mit meiner Mutter nicht verwandt ist. Wäre das die Lösung?? Habe ich das jetzt so richtig verstanden??

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user2358  31.01.2019, 09:15
@arousa

Ja so ware es.

Aber das Steuerproblem ist auch damit weiter vorhanden.

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Der Pflichtteil ist die Hälfte des gesetzlichen Erbteils in Cash.

Durch das Berliner Testament würde deinem Vater das Vermögen deiner Mutter zu- und deine Mutter als Erbin wegfallen.

Wenn dein Vater zuerst ablebt, liegt sein Erbteil bei 1/4, sein Pflichtteil also bei 1/8 des Vermögens des Vaters.

Wenn deine Mutter zuerst stirbt und dein Vater ihr Vermögen geerbt hat, liegt der Erbteil bei 1/2 und der Pflichtteil bei 1/4 des Vermögens des Vaters, das sich um das Erbe deiner Mutter erhöht hat.

Was man tun kann? Dein Vater könnte sein Vermögen an dich und seine Frau verschenken. Wenn er dann noch 10 Jahre lebt, ist der Sohn aus 1. Ehe außen vor (sonst wird sein Pflichtteil jedes Jahr weniger).

Wirklich sinnvoll ist es, das Berliner Testament durch ein vernünftiges zu ersetzen. Deine Eltern sollten bei ihrem Ableben alles, was der Hinterbliebene der beiden nicht wirklich braucht, dir vermachen. Dass der Sohn aus erster Ehe sonst eventuell indirekt die Mutter beerbt, sollte den Eltern zu denken geben.