Stelle im öffentlichen Dienst des Landes annehmen oder auf bessere warten?
Hallo zusammen,
stelle mir aktuell diese Frage und würde gerne ein paar Gedanken von anderen dazu hören, wobei mir klar ist, dass das eine persönliche Entscheidung ist, die ich treffen muss.
Ich habe ein juristisches Studium und möchte gerne im öffentlichen Dienst in der Verwaltung arbeiten. Der aktuelle Status ist "arbeitssuchend", was natürlich möglichst kurz so bleiben soll. Nun hab ich auf ein Stellenangebot "für mehrere Stellen, bis TV-L EG11" bei einer Landesverwaltung ein Vorstellungsgespräch gehabt und bald einen praktischen Tag (gutes Zeichen oder einfach Standard?). Vom "Befrager/Verhörer" von der Personalabteilung im Vorstellungsgespräch war ich ehrlicherweise nicht so begeistert, dachte auch, er nicht von mir, aber nun. Es geht um zwei mögliche Arbeitsbereiche, einen würde ich - Stand heute - dem anderen klar lieber machen.
Im Gespräch wurde mir gleich klargemacht, dass als Anfänger ja nur EG9b in Betracht käme (wobei die Stellenbeschreibung das so für mich nicht wiederspiegelt, Erfahrung wird dort nicht vorausgesetzt, aber naja). Ich dachte erstmal, okay als Anfänger vllt. verständlich.
Nun klang es aber auch nicht so, als könne man schnell in höhere Gruppen wechseln. Und 9b sieht für mich (noch eher Laie in dem Bereich) eher wie eine Minimum-Gruppierung aus für die Qualifikation, wobei ab EG10 ne deutliche Steigerung des Gehalts ist, im Gegenzug zu den Gehältern darunter.
Endlich zur konkreteren Frage: Ich bewerbe mich (allein schon wegen der Arbeitsagentur) natürlich noch auf andere Stellen, etwa bei der Arbeitsagentur selbst im Widerspruchsbereich. Oder kommunal. Dort sind die entsprechenden EG der Stellen (9c, IV) höher als bei 9b TVL. Ich möchte mich natürlich auch nicht unter Wert verkaufen, nur um schell einen Job zu haben, aus dem man vielleicht weniger Chance hat, in etwas besseres zu gelangen. Ich weiß aber eben auch nicht, wann/ob ich eine bessere Stelle bekäme zeitnah.
Lange Rede, unkonkrete Frage, trotzdem schon mal Danke für nette Antworten. :)
1 Antwort
In der aktuellen Lage dürfte mit drohenden Einschränkungen durch eine neue Covid19-Variante und Pandemie-Welle der Arbeitsmarkt auf kurze Sicht erst mal dünner werden. Außerdem kommen jetzt die Monat, in denen Budgets für 2022 noch nicht freigegeben sind, d.h. die nächste Runde von Stellenausschreibungen kommt dann frühestens im Februar/März.
Daher gehen ich davon aus, dass Du als Anfänger generell im öffentlichen Dienst nicht sofort eine E13 bekommen wirst. Es gibt aber in den Tarifgruppen immer noch eine Progression nach Dienstalter. Aus diesem Grund gibt es zwei Dimensionen, die Dein zukünftiges Gehalt (abgesehen von Zuschlägen diverser Begründungen) definieren werden:
- Deine Qualifikation, die zu einer Einstufung in eine Tarifgruppe für eine bestimmte Stelle führt
- Dein Dienstalter
Also solltest Du nicht nur Erfahrung sammeln, um Dich interessanter zu machen, sondern auch im öffentlichen Dienst ein Dienstalter aufbauen.
Aus diesen Gründen würde ich derzeit empfehlen, die nächste Stelle, die Dir passt, anzunehmen. Wenn das unbefristete Stellen sind, dann kannst Du mit einem Horizont von mind. sechs Monaten rechnen, auf den keine neue Stelle Dir eine Zusage geben wollen dürfte, aber auch keine Notwendigkeit besteht, die angenommene Stelle zu beenden. Ein unbefristetes Arbeitsverhältnis kann jedoch auch immer gekündigt werden.
Natürlich kannst Du mehrere Pferdchen im Rennen haben und letztendlich ist ein Arbeitsvertrag erst dann geschlossen, wenn beide Seiten unterschrieben haben, aber wenn Dein Ziel darin besteht, den "Rookie"-Status loszuwerden, dann hilft nur Einsicht in die Organisation selbst. Dort gibt es auch interne Stellenausschreibungen, die Dir vielleicht andere Perspektiven bieten. Die Entgeltgruppe einer Stelle ändert sich über die Zeit nicht, aber Du kannst die Position wechseln, um eine höhere Entgeltgruppe zu erhalten.
Das ist so etwas wie die Sache mit dem Spatz in der Hand und der Taube auf dem Dach... oder im Englischen ist der Vogel in der Hand so viel wert wie zwei im Busch.
Über die Dotierung von Stellen mit Entgeltgruppen solltest Du Dir keine Gedanken machen. Diese sind oft willkürlich, durch Budgets und Politik diktiert. Was für Dich am Ende zählt, ist der Beginn einer Laufbahn im öffentlichen Dienst so bald wie möglich, um eine Historie und Erfahrung aufzubauen. Einmal drin, solltest Du die Möglichkeiten interner Stellenausschreibungen nicht unterschätzen.
Letztendlich solltest Du überlegen, was für Dich akzeptabel wäre. Wenn Du dann parallel nach einer anderen Stelle weiter suchst, dann ergibt sich ja vielleicht etwas, aber Du hättest schon mal einen stabilen Job als robuste Position aus der heraus Du ohne größere Not suchen kannst.
Danke für die ausführliche Antwort! :)
Ja, die Pandemie macht es sicherlich nicht einfacher, daher auch mein Gedanke, lieber etwas zu haben als zu warten. Mit der Grundstruktur der Tarife hab ich mich vertraut gemacht, aber natürlich ist das Feld sehr komplex. Wegen der Stufen (Dienstalter) war auch mein Gedanke, dass man natürlich schon nicht ständig in komplett andere Behörden wechseln wollen sollte, sonst fängt man wieder unten an. EG13 erwarte ich natürlich keinesfalls.
Mich hat nur etwas irritiert, dass bei Kommunen z.B. die Stellen idR mit 9c bewertet sind, was aktuell 3330.42 Euro wären. Bei der Arbeitsagentur wären es wohl 3408.13 Euro. Bei den Ländern mit dem Angebot 9b (statt 10 oder 11 etwa) "nur" 3051.16 Euro. Das ist dann schon die Frage, ob man sich da schlechter macht, als es sein müsste, selbst innerhalb des öffDienstes. Wobei mir tatsächlich noch etwas unklar ist, wie man die punktgenaue Eingruppierung nach Aufgaben "objektiv" feststellt und nicht durch 9b einfach weniger bezahlen will als man könnte. Dass man Einarbeitungszeit braucht, sollte ja nicht erheblich einfließen, dafür ist ja die Stufe 1 auch gedacht.