Wieso macht der Deutsche sich das Arbeitsleben so schwer?

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Was ist Bildung? Bei der Vielzahl der Definitionen hier ein persönliches Credo:

Gebildet ist der Mensch, der die Anforderungen seiner jeweiligen Umgebung auf Grund seiner Kompwetenz so weit genügt, dass ihm genügend Entfaltungsspielraum für seine Persönlichkeit bleibt.

Insofern ist der Aboriginee, der im Outback weiß, wo er ein Wasserloch findet und zielsicher mit dem Wurfholz das Känguru trifft, gebildet, Ovids Metamorphosen helfen ihm im Busch überhaupt nicht. Auf unsere Zeit bezogen, wer im Original die Ilias zitieren kann, aber nicht in der Lage ist, in seinem PC Festplatte oder Graphikkarte auszutauschen, ist nicht gebildet, sondern ein humanistischer Fachidiot.

Dies ist kein Verdikt des Humboldtschen Bildungsideals, doch es muss Rahmen sein, nicht das Zentrum. Ich kann dieses ganze Gesülze vom Mangel an Fachkräften und zu wenig Abiturienten nicht mehr hören, denn es ist schlichtweg falsch.

Das Duale System mit Schwerpunkt in betrieblicher Berufsbildung (ich vermeide bewusst die künstliche und seit hundert Jahren überholte Begriffsaufspaltung in Bildung und Ausbildung) und ergänzender Berufsschule gilt völlig zu Recht als vorbildlich in der Welt, ein Grund es schrittweise wenn nicht abzuschaffen, so doch auszuhöhlen. Mit großer Besorgnis stelle ich eine zunehmende Verschulung zahlreicher Berufsbilder fest, die noch gefördert wird durch Stäbe von Beamten, die nur zu gerne die harte Knochenarbeit vor der Klasse gegen die Geschwätzigkeit von Arbeitskreisen, Bezirkskonferenzen, Lehrplanschmieden, Sozialworkshops jeglicher Art tauschen, und ihre mit stattlichen Gehältern der B-Kategorie (die liegt bei Beamten höher als die A-Gruppen) ausgepolsterte, aber höchst überflüssige Existenz damit legitimieren müssen, dass sie Schülern und Lehrern mit immer neuen Experimenten das Leben schwer machen und jegliche Motivation im Keime ersticken. Nur nichts Bewährtes bewahren und immer dem Lehrer den Eindruck vermitteln, er genüge seinen Anfordungen noch nicht ganz, muss neu gecoacht werden. Aber nicht fachliche Weiterbildung ist gemeint, die ist nämlich gar nicht zu bezahlen, hier steht der Lehrer, so er initiativ ist, als Bittsteller vor den Industriebetrieben, sondern immer wieder neue Unterrichtsmethoden.

Merkt der Schüler denn etwas davon? Es gibt so viele Quellen im Bildungsgebirge, die Handlungsorientierung, Projektunterricht, Tribunale, Gruppenarbeit, Partnerarbeit, Forschungsaufträge, virtuelle Firmen jeglicher Art, ... versprudeln, doch wo landen alle diese Bäche? Im tiefen ruhigen Meer des Frontalunterrichtes, garniert mit ein paar Fragen, Filmchen, Folien, mal 'ne Powerpointpräsentatuion, wenn überhaupt.

Die Schulaufsicht hat Verbündete, auch die Hochschulen hätten gerne mehr Studenten, mag das Forschungsgebiet auch noch so abstrus sein, also müssen Abiturienten her, aber flott. Nur so werden Gelder losgeeist, neue Planstellen, neue Karrieremöglichkeiten in den H-Gruppen. Akademische Räte, einst das Rückgrat jeder Hochschule gibt es kaum noch; studentische Hilfkräfte sind billiger.

Schwachen oder behinderten Schülern durch eine angemessene Betreuung in einer Sonderschule zu helfen, Pfui! Sie müssen integriert werden, sieht keiner, welchen Frust das für diese auch bedeuten kann? In gleicher Weise wird die bewährte Form der Realschule durch Zusammenlegung mit der Hauptschule in NRW zur Gemeinschaftsschule zur Unkenntlichkeit verwässert, Ergebnis ungewiss.

Sieht denn niemand, dass es nicht um die Befriedigung poarteipolitischen Ehrgeizes geht, sondern um das Kostbarste , was wir haben, der Jugend.

Eine Pyramide, die auf der Spitze steht, befindet sich im labilen Gleichgewicht, kurz, wir haben Häuptlinge genug, jetzt sind Indianer gefragt, aber solche, mit denen man auch auf den Kriegspfad des internationalen Wettbewerbs ziehen kann, Hugh!

Das dümmliche Gerede vom Mangel an Fachkräften wird durch die Praxis Lügen gestraft, aber ein Unternehmer jammert schon dann, wenn der Bewerber nicht hundertprozentig in das sehr eng gefasste Profil passt. Einarbeitungszeit, Fehlanzeige zu teuer. Bewerber über 40, keine Chance, zu unflexibel, zu alt, zu oft krank, zu teuer. Zwischen 35 und 40 entscheidet sich für den Akademiker der Weg zwischen Vorstand und Vorruhestand; er muss also fit sein für den Wettbewerb, wehe, er hat sich mit solch peripheren Dingen wie Kinderbetreuung und Hausarbeit oder gar einem glücklichen Familienleben aufgehalten. Wundert es da noch, dass es kaum noch Silberhochzeiten gibt

Natürlich klagen Unternehmen:

  • Über die Unbildung der Jugend, der man immer wieder durch die Werbung klar macht, stets den neuesten PC, I-Pod oder was immer zu haben ist ein Muss

  • Über die fehlende Corporate Identity, nachdem man mal eben so zum Wohle der Aktionäre 2000 Arbeitnehmer sozialverträglich entsorgt hat

  • Über fehlende Unterstützung vom Staat, nachdem man in Steuer-Oasen ausgewichen ist, statt den Artikeln 14 und 15 GG Genüge zu tun.

Ist dies eine Antwort, nein, denn jede Antwort wirft wieder neue Fragen auf.

Vielen Dank für den Stern; ich habe mir aber nur einmal den Frust von über 40 Dienstjahren über einen Beruf von der Seele geschrieben, der ohne all die negativen faktoren noch viel schöner wäre-

Wer sagt denn, dass Du nur in diesem erlernten Beruf arbeiten kannst? Natürlich kannst Du auch in Deutschland in einem anderen Beruf arbeiten. Es gibt Berufe, die musst Du richtig gelernt haben, aber das ist nicht in allen so. Wenn Du z.B. eine kaufmännische Ausbildung hast, kannst Du anschließend vieles machen, was im kaufmännischen Bereich liegt. Man kann vieles noch später dazulernen und dann klappt das auch.

1) ist Deutschland für eine gute Ausbildung nach wie vor (gottseidank!) bekannt., auch wenn das Niveau der Schulen hier in den letzten Jahren drastisch sinkt. 2) erwarten auch andere Länder wie Schweiz, Schweden, Frankreich, Niederlande hohe Quakifikationen 3) solltest Du den Beruf der Putzfrau hier nicht niedermachen.

Recht hast Du aber mit Deiner Feststellung, dass es in anderen Ländern kaum "Azubis" gibt, und dass man dort eher "on the job" lernt. Trotzdem: Gut ausgebildete deutsche Fachkräfte sind immer noch in Ländern wie Kanada, USA, Australien.... begehrt.

Zwar weiss ich nicht, wer für Dich DER Deutsche ist, aber generell ist eine Berufsausbildung nach deutschem Muster schon mal eine gute Sache.

Wenn Du meinst, Du könntest mit einer bestimmten Berufsausbildung nur in einem bestimmten Beruf tätig werden, so ist das schlicht falsch, wie ich aus eigener Erfahrung weiss.

Du kannst sehr wohl und ohne Probleme in einem verwandten Beruf tätig werden und bekommst Probleme allenfalls dann, wenn Du in einem "sicherheitsrelevanten" Beruf tätig werden willst, wie etwa Elektriker, aber einen völlig anderen Beruf, wie vielleicht Gärtner gelernt hattest.

Weil jede Firma die besten Mitarbeiter haben will sie denken wenn sie das bescheinigt kriegen dann ist das auch so aber das ist vollkommen falsch.Ich bin Schülern und bewerbe mich gelegentlich für Nebenjobs und was die da für Anforderungen haben des gibts gar nicht.Das fängt schon bei einem unbezahlten Praktikum an da muss man sich heutzutage drauf bewerben als würde es 1 Million Gage geben.Meiner Meinung ist das total übertrieben...