Wer ist bei einem Unfall schuld, wenn Einsatzkräfte mit Blaulicht und Martinshorn fahren?

9 Antworten

Die Fahrer von Fahrzeugen mit Sonderrechten ( Blaulicht, Martinshorn) werden dafür gesondert geschult.

Sie dürfen diese Sonderrechte, Rotlicht überfahren oder z.B. die Höchstgeschwindigkeit überschreiten, nur mit besonderer Vorsicht ausführen um niemanden zu gefährden.

Also kein Freifahrtschein um mit 100 km/h durch die Stadt zu brettern.

Kommt es zu einem Unfall, wird sehr genau überprüft ob diese Vorsicht beachtet wurde.

Es ist somit nicht grundsätzlich so das der Verkehrsteilnehmer als Schuldiger dasteht.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

Das ist nicht pauschal zu beurteilen sondern immer eine Einzelfallentscheidung. Dazu gibt es genug Fälle in der Rechtssprechung.

Fährt das SoSi-Fahrzeug mit Schrittgeschwindigkeit in die Kreuzung ein und ein andere Verkehrsteilnehmer rammt es wird der vermutlich Schuld bekommen. Fährt das SoSi-Fahrzeug mit unangemessener Geschwindigkeit so kann der auch gut die Schuld bekommen.

https://www.bussgeldkatalog.net/unfall-mit-polizeiauto/

Tja, du hast einmal den §38(1), der sinngemäß sagt "bei Blaulicht und Sirene müssen alle anderen Verkehrsteilnehmer sofort freie Bahn schaffen".

Und du hast den §35(8): "Die Sonderrechte dürfen nur unter gebührender Berücksichtigung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit genutzt werden." Wobei das Fahren über eine rote Ampel unter "Sonderrechte" fällt, nicht unter §38(1), der oft als "Wegerecht" bezeichnet wird.

Unterm Strich wird es im Fall eines Unfalls immer eine Einzelfallentscheidung sein, die z.B. auf Zeugenaussagen beruht: hat sich das Einsatzfahrzeug in eine übersichtliche Kreuzung reingetastet, oder ist es mit Schwung einfach drüber gefahren? Haben alle anderen Verkehrsteilnehmer gewartet, oder hat der Einsattfahrer nur gehofft, dass sie schon noch anhalten werden? Das kommt dann auch zu so lächerlichen Konstruktionen wie "über 40km/h ist grob fahrlässig", was bei einer Fußgängerampel im Dorf, wo man sieht dass der einzig sichtbare Fußgänger von dieser weg geht, irgendwie ganz anders anmutet, als in der Kreuzung zweier sechsspuriger Straßen.

Aus der Erfahrung zweier Kollegen (zwar keine Kreuzungsunfälle, aber Unfälle bei Einsatzfahrten) entnehme ich, dass sich die Gerichtsverfahren dann über Jahre hinwegziehen können. In einem Fall haben sich nach drei Jahren (!) beide Parteien geeinigt, jeweils den eigenen Schaden zu beheben. Der Gesamtschaden betrug dabei keine 10.000€.

Ohne Martinshorn haben sie keine Sonderrechte. Mit Horn musst Du ihnen Vorrang gewähren. Der Verkehrsrichter wird sich anschauen, ob Du die Möglichkeit hattest, das fahrende Einsatzfahrzeug zu bemerken und im Rahmen Deiner Möglichkeiten Platz zu machen. Danach wird er entscheiden, ob Du schuld hast oder der andere.

Für die Behauptung, Du hättest das Einsatzfahrzeug trotz Blaulicht und Martinshorn nicht rechtzeitig bemerkt, wirst Du aber sehr gute Gründe brauchen. Tipp: dein laut gedrehtes Autoradio ist keiner.

Sonderrechte sind auch ohne Horn vorhanden, Wegerechte sind zwingend an Horn und Blaulicht gebunden.

Sonderrechte stehen in § 35 StVO, Blaulicht und Einsatzhorn in § 38. Beide §§ gelten völlig unabhängig voneinander. Dein erster Satz ist schon mal völlig falsch.

@Nomex64

Ich kann mich genau erinnern, von einem Gerichtsurteil gelesen zu haben, bei dem einem Einsatzfahrzeug in einem Konfliktfall gerichtlich die Sonderrechte abgesprochen worden sind, weil es nur Blaulicht und nicht auch das Martinshorn anhatte.

Überrascht auch nicht, den entsprechenden § 38 StVO hast Du ja selber genannt. Dieser macht deutlich, dass Blaulicht und Martinshorn zusammen einzuschalten sind und nur dann dazu verpflichten, dem Fahrzeug freie Bahn zu machen.

@Adolin1

Dann hast du das vermutlich falsch verstanden, Sonderrechte sind in § 35 StVO geregelt. Dort steht wer Sonderrechte hat. Als die Feuerwehr habe ich unter Umständen sogar Sonderrechte wenn ich bei einer Alarmierung mit meinem Privaten-PKW auf dem Weg zum Gerätehaus bin. Der hat natürlich keine SoSi-Anlage, brauche ich auch nicht weil sie in § 35 schlicht nicht vorkommt. Siehe hierzu auch: http://www.svr.nomos.de/fileadmin/svr/doc/Aufsatz_SVR_11_09.pdf

Blaulicht mit Einsatzhorn nach § 38 macht nichts anderes als den anderen Verkehrsteilnehmern zu sagen "Platz da!". Wenn nur die blauen Lampen an sind aber das Horn schweigt bedeutet das erst mal nix außer Vorsicht.

Der einzige Zusammenhang ist das wenn die Voraussetzungen für § 35 nicht gegeben sind, auch die für § 38 meist fehlen.

Man sollte auch nicht unbedingt davon ausgehen das Gerichte unfehlbar sind, da gibt es die tollsten Sachen. Oft fehlt den Angeklagten einfach das Geld oder auch die Nerven das Urteil vor einem höheren Gericht überprüfen zu lassen.

@Nomex64

Du reitest auf dem Begriff "Sonderrechte" herum. Mir war nicht bewusst, dass es sich dabei um einen Begriff handelt, der für andere Zwecke im Gesetzestext verwendet wird. Daher habe ich ihn umgangssprachlich benutzt und meinte damit die Berechtigung der Einsatzfahrzeuge, die anderen Verkehrsteilnehmer aus dem Weg zu scheuchen. Inhaltlich widersprechen wir uns also nicht.

@Adolin1

Naja, "Sonderrechte" fängt schon beim Einfahren in Anliegerstraßen, Parken im Parkverbot o.ä. an. Was übrigens auch manche Fahrzeuge dürfen, die gar kein Blaulicht besitzen, beispielsweise Straßendienste. Wäre irgendwie seltsam, wenn die Müllabfuhr mit Blaulicht und Sirene kommen müsste...

Es macht also durchaus Sinn, zwischen der Wahrnehmung von Sonderrechten und der Wahrnehmung des "Wegerechts" zu unterscheiden. Auch für den Laien.

Hallo bea17

Wenn sich Einsatzfahrzeuge mit Blaulicht und Martinshorn einer Kreuzung nähern und rot haben dann müssen sie sich langsam in die Kreuzung tasten und beobachten ob sie vom Querverkehr beachtet werden.

Wenn Autofahrer grün haben und bemerken dass sich ein Einsatzfahrzeug in die Kreuzung vortastet haben sie diesem Fahrzeug Vorfahrt zu gewähren

Gruß HobbyTfz