Was passiert mit Kindern, die schwarz fahren?

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Strafrechtlich kann das Kind ab 14 Jahren belangt werden, da es dann strafmündig ist.

Man kann darüber streiten, ob in diesem Fall auch ein zivilrechtlicher Anspruch auf die Vertragsstrafe in Höhe von 40 Euro besteht, da die Meinung vertreten wird, dass überhaupt kein wirksamer Vertrag zustandekommt, auf dem die Vertragsstrafe basieren kann, da die gesetzlichen Vertreter sicherlich nicht ihre Zustimmung zur Schwarzfahrt erteilt haben/erteilen werden. Die andere Meinung geht hier von einer Generaleinwilligung der Eltern aus und eine Ausnahme der Schwarzfahrt hiervon, würde gegen Treu und Glauben verstoßen, sodass ein Anspruch auf die 40 Euro bestehen würde.

glenivet 
Fragesteller
 07.10.2013, 22:01

Genau diese Grauzone meine ich!!

Gerade hat ja ein 12jähriger einen anderen niedergestochen, da haften ja auch nicht die Eltern, und man weiß nicht, wie man diese Tat bestrafen soll.

HH1887  07.10.2013, 22:44
@glenivet

Gerade hat ja ein 12jähriger einen anderen niedergestochen, da haften ja auch nicht die Eltern, und man weiß nicht, wie man diese Tat bestrafen soll.

Die von dir angesprochene Grauzone gibt es in dem Fall des 12jährigen, der einen anderen niedersticht, aber nicht. Unter 14 ist man nicht strafmündig. Davon gibt es auch keine Ausnahme, demnach keine Grauzone. Dein Beispiel ist mit dem Schwarzfahren (zivilrechtlicher Anspruch) in keinster Weise vergleichbar.

Das erhöhte Beförderungsentgelt ist zu entrichten, egal ob die beförderte Person ohne gültigen Fahrausweis strafmündig ist oder nicht.

Es handelt sich ja auch nicht um eine strafrechtliche Angelegenheit im Sinne des StGB.

Ich frage mich nur, ob die Eltern aus ihrem Vermögen das erhöhte Beförderungsentgelt entrichten oder vorstrecken müssen, oder ob die Verkehrsbetriebe das Geld direkt beim Kind eintreiben müssen.

Strafrechtlich ist das Kind nicht zu belangen, da erst mit 14 Strafmündig.

Seine finanziellen Verpflichtungen muss das Kind aber dennoch erfüllen und Schaden wieder gut machen.

Es muss das erhöhte Beförderungsentgelt auch bezahlen. Und zwar, weil dies nicht, wie hier fälschlicherweise ohne jede Rechtsgrundlage behauptet, auf einem privaten Vertrag beruht, sondern weil es durch Bundesverordnung (Allgemeine Beförderungsbedingungen) festgesetzt wird.

Die Argumentation mit dem Vertrag ist ungefähr so wie: "Mein Kind hat keinen Vertrag mit dem Bestohlenen, also muss es auch das Gestohlene nicht wieder hergeben".

Du kämst auch nicht auf die Idee, dass ein Kind alles irgendwie "mitnehmen" und das Mitgenommene dann behalten dürfte, oder?

Das erhöhte Beförderungsentgelt ist als eine Art Schadenersatz bzw. Herausgabe von rechtswidrig Angeeignetem (wenn auch mit eingebauter Straffunktion) gedacht. So ähnlich wie gestohlene Waren zurückgegeben werden müssen.

Nicht obwohl man keinen Vertrag darüber hat, sondern gerade deswegen!

derdorfbengel  07.10.2013, 22:38

PS: Aber nein: "Eltern haften für ihre Kinder" ist sicherlich ein beliebtes Baustellenschild. Aber auf Baustellen kann man alles Mögliche schreiben. Baustellenschilder stehen nicht über dem Gesetz. Und da fehlt es leider an jeglicher entsprechenden Bestimmung.

Eine solche Haftung könnte nur in besonderen Fällen bestehen. Wenn etwa eine Aufsichtspflicht verletzt wäre oder das Kind zum Rechtsbruch angewiesen worden wäre. Wenn Muttern also sagen würde: "Kind, fahr mit der Strassenbahn. Und eine Fahrkarte kauft man sich ja nicht. Wie Du weisst".

Ronox  07.10.2013, 22:53

Die BefBedV erschafft keine eigenständigen Anspruchsgrundlagen. Vielmehr werden die dort aufgeführten Beförderungsbedingungen Bestandteil des jeweiligen Beförderungsvertrages. Das erhöhte Beförderungsentgelt nach § 9 BefBedV ist daher als Vertragsstrafe anzusehen. Und ohne (wirksamen) Vertrag gibt es auch keine Vertragsstrafe.

jurafragen  07.10.2013, 23:36
@derdorfbengel

Wirklich? Woraus geht das hervor? Das finde ich nun sehr interessant.

Das ist in der Literatur und Rechtsprechung eigentlich ziemlich unumstritten, nachzulesen etwa bei Gregor in NZV 2006, 518 oder Weth in JuS 1998, 795. es handelt sich danach um Muster ein für allgemeine Beförderungsbedingungen, wobei der Beförderungsvertrag ein Werkvertrag ist und das erhöhte Beförderungsentgelt eine Art Vertragsstrafe.

HH1887  07.10.2013, 23:37
@derdorfbengel

Und könnte die BefBedV nicht etwa eine Konkretisierung von z.B. diesem sein: http://dejure.org/gesetze/BGB/812.html

Nein, kann es nicht, da aus § 812 BGB höchstens die 1,20 € für die Busfahrkarte kondiktioniert werden können.

Das erhöhte Beförderungsentgelt ist ein rein vertraglicher Anspruch und wenn nach § 104 ff. BGB der Beförderungsvertrag nicht wirksam geschlossen wurde, kann sich aus diesem eben auch kein Anspruch auf Zahlung des erhöhten Beförderungsentgeltes hergeleitet werden.

Ronox  07.10.2013, 23:42
@derdorfbengel

Das ist nun völlig abwegig. Durch eine Konkretisierung des § 812 BGB durch die BefBedV würde der Wert des vermögenswerten Vorteils pauschal mit 40 Euro beziffert werden, was das Bereicherungsrecht ad absurdum führen würde. Mit etwas gutem Willen könnte man in einigen Fällen einen Anspruch aus Eingriffskondiktion auf das reguläre Beförderungsentgelt sehen, aber keinenfalls auf das erhöhte.

derdorfbengel  07.10.2013, 23:49
@jurafragen

Das ist interessant. Da die Frage immer wieder kommt und ich niemandem gut zureden wollte, sinnlose Klagen anzufangen, die 10x so teuer würden wie das Beförderungsentgelt, habe ich immer wie oben argumentiert, da mich das bisher am ehesten überzeugte.

Aber angesichts Eurer Beiträge kann ich das ja ggf. überarbeiten.

Das bezieht sich auf Dich ebenso wie auf @Ronox.

Als 13-jähriger darf man glaube ich gar nicht erst mit der Bahn fahren ohne Begleitung - theoretisch. Ich denke, wenn man sich nicht ausweisen kann, würden manche Zugbegleiter auch die Polizei dazuholen.

Rolf42  07.10.2013, 21:59

Irrtum.

Eine Begleitung ist nur für Kinder unter vier Jahren vorgeschrieben. Tatsächlich fahren schon Kinder im Kindergarten- oder Grundschulalter ohne Begleitung mit der Bahn.