Warum werden Recht und Moral getrennt?

16 Antworten

Innerhalb der Rechtsphilosophie gibt es zwei gegensätzliche Hauptstömungen: Den Rechtspositivismus (bedeutet, dass sich das Recht aus den gesetzten, positivierten Normen ergibt) und das Naturrecht (bedeutet, dass es ein übergeordnetes immer geltendes Recht gibt, dass den positivierten Normen vorgelagert ist und immer gilt). Beide Strömungen berufen sich jeweils auf unterschiedliche Quellen.

Die Quelle des Rechtspositivismus ist die Macht, die das Recht setzt und mit Hilfe einer Rechtordnung (bestehend aus Gesetzen) das Recht mit (angedrohter und/oder realer) Sanktionierung durchsetzt. Es gibt kein Recht ohne Zwang und Sanktion. Das Recht kann nicht ohne die Macht bestehen, aber – und das ist jetzt der Punkt – es ist nicht identisch mit der Macht. Es gibt ungerechtes Recht. Die Zeit des Nationalsozialismus ist hier historisch relevant und erhellend. Im Grunde kann für den Rechtspositivismus das Recht jeglichen Inhalt (weil allein die Form gilt:„Gesetz ist Gesetz - Punkt“) annehmen, der immer zwingend verbindlich ist und durch Gewalt geltend gemacht wird. Über den Inhalt des Rechts befindet die Politik.

Die Quellen des Naturrechts oder des überpositiven Rechts können ganz unterschiedlich sein: Die Berufung auf Gott, oder göttliches Recht (frühere Aussagen das zu lauten, dass man von diesem Recht nur von Gott selbst entbunden werden könne), die Selbsterkenntnis, Selbstachtung, das Gewissen. Angewandtes Naturrecht (z.B. das Widerstandsrecht, Recht auf Gewissensfreiheit, als Gleicher unter Gleichen behandelt zu werden, Meinungsfreiheit) wird verstanden als ein ewig gleich bleibendes Recht, als das „gerechte Recht“. Dabei wird behauptet, dass es Rechtsgrundsätze gibt, die stärker sind als jegliche positive (tatsächliche) rechtliche Setzung. Für den Richter ergibt sich aus der Anwendung dieser Rechtsgrundsätze bei der Urteilsfindung die Möglichkeit eines Ermessensspielraums. Bei allen Beteiligten gibt es aber auch gleichzeitig eine Unsicherheit darüber ob und wie willkürlich geurteilt wird.

Ab nun halte ich mich mehr oder weniger an Kant.

Auch Kant macht in seinen Untersuchungen über das Menschenrecht zunächst eine Trennung zwischen positiven Gesetzen und dem was „recht“ ist bzw. „an sich recht“ ist (also Rechtspositivismus versus Naturrecht). Aber er gibt dem Naturrecht eine andere Bedeutung. Vernunftrecht erkennt keine außerhalb von ihr stehenden vorstaatlichen, naturrechtlichen Normen. Das Naturrecht muss durch Vernunftsrecht, das sich zwingend im Staat verwirklicht, ersetzt werden. Das Recht ist unmittelbar an eine vorhandene Staatlichkeit gebunden. Das gerechte Recht wird sich erst im Laufe der Zeit evolutionär einstellen, indem die Gesetze immer mehr dem Rechtsprinzip angenähert werden. Gerechtigkeit bleibt eine regulative Vernunftidee.

Jetzt komme ich endlich zur Frage: Wie unterscheidet Kant Recht und Moral? Der Unterschied liegt allein im Anspruch, der vom Standpunkt der praktischen Vernunft an den Menschen gestellt wird:

Im Bereich des Rechts geht es um personale Freiheit, um das äußere Verhältnis von Personen zueinander (der äußere Freiheitsgebrauch). Die Rechtsgesetze beruhen auf dem selbst gegebenen Gesetz praktischer Vernunft und fordern von mir, meine Willkür mit der Freiheit der Anderen nach einem allgemeinen Gesetz abzustimmen (bzw. im Sinne des kategorischen Imperativs zu handeln). Aber der Geltungsanspruch des Rechtsgesetzes hat gegenüber der Ethik einen geringeren Umfang: Aus welchen Motiven ich dem Gesetz folge, kann in rechtlicher Hinsicht nicht vorgeschrieben werden. Kant begründet die Gesetzgebung letztlich auch mit dem kategorischen Imperativ. Moralisch handeln tue ich andererseits nur dann, wenn ich das Gebotene tue, weil es mir der selbstgesetzte und selbstbestimmte Anspruch meiner Vernunft gebietet.

Bei einer juristischen Gesetzgebung ist nur eine bestimmte Handlung vorgeschrieben. Bei einer Moralischen, soll die Handlung aus Pflicht getan werden. Die Ethik stellt also zusätzlich Ansprüche an die Gesinnung des Menschen. Hier ist der Ort, an dem ich meine Gewissensfreiheit festmachen kann. Ich rechtfertige die Motive meines Handelns nur gegenüber dem selbstgesetzten Anspruch meiner und nur meiner Vernunft (Vernunftrecht als Naturrecht).

Das positive Recht betrifft die personale Freiheit aber nur als negative Freiheit (Zustand, der frei von Zwängen ist). Die positive Ausfüllung (die Möglichkeiten zur Freiheit werden tatsächlich genutzt) ist Teil der Ethik.

Ursprünglich sollte das Recht dazu dienen, die Moral aufrecht zu erhalten...

Paragraphenreiter legen Rechtsvorschriften vorsätzlich falsch aus, um andre zu betrügen.

Im Prinzip denkst Du richtig:

Das geschriebene Recht sollte immer der Moral dienen und nicht zu einem bürokratischen Popanz ausufern. Das sollte man Politikern (die die Rechtsgrundlagen schaffen) und Juristen (die sie nicht immer rechtschaffen benutzen) mal verdeutlichen!

www.psychotraining-mit-system.de

Ich verstehe was du meinst ,aber wir leben leider nicht in solch einer Gesellschaft ,wo Vorbilder die Eliten wären sondern ganz im Gegenteil werden wir von  Betrügern Verbrechern regiert .

Wie sollten solche Leute die Moral aufrecht erhalten ..wo sie doch selbst  keine haben ? 

@WALDFROSCH1

Tja, Politiker werden gewählt - von Leuten, die ...

  • sich entweder an der Nase herumführen lassen,
  •  oder den gleichen Charakter haben...

Die Gesellschaft ändern kann man nur durch moralische Erziehung von kleinauf - doch dazu fehlt es den meisten Eltern an den Grundlagen, das lernen Kidnergärtnerinnen nicht und Lehrer schauen lieber weg oder disziplinieren blindlings drauflos, anstatt sich ins Zeug zu legen.

Warum? Sie haben es selber nicht gelernt...

Recht ist ein klar umrissener Begriff und in Gesetzesbüchern genau definiert. Es wird natürlich ständig nachgebessert. Moral ist aber immer ein "weicher" Begriff unter dem jeder etwas anderes verstehen kann.

also sind Sie für eine Trennung zwischen Recht und Moral?

ich hab im Buch z.b. stehen "Anders als die persönliche Sittlichkeit (Moralität) regelt das Recht nur äußeres Verhalten und schreibt keine Gesinnungen, etwa die Gerechtigkeit, als Tugend vor".

also hab ich das richtig verstanden: wenn das Recht von der Moral beeinflusst werden würde, dann wär sie nicht mehr gerecht???

Recht und Moral, sind Begriffe aus einer Zeit, wo das Recht auf der Grundlage von Moral und Anstand entstanden ist. Die Grundsätze von Moral, haben im Verlauf der Jahrzehnte und Jahrhunderte erhebliche Veränderungen wahrgenommen, so auch das Rechtliche. Doch jede dieser Begriffe, hat unterschiedliche Veränderungen durchlaufen. Das Recht passte sich den rechtlichen Bedürfnissen an. Die Moral, wurde aufgeweicht und vom Inhalt immer Liberaler. Daher läßt sich in der heutigen Zeit, die Moral mit dem geltenden Recht und deren Rechtsauffassung nicht mehr verknüpfen; s. Abtreibung, Homosexualität u.v.a.. Was ursprünglich einmal als moralische Wertigkeit betrachtet wird, wird heute rechtlich anders gesehen. Dies ist auch gut so, denn nur wer sich an den gegebenen Dingen orientiert, besitzt die Flexibilität, Dinge zu ändern. Moral hingegen ist eine von Generation zu Generation oftmals verankerte Wertigkeit, die die Flexibilität und Loyalität nicht zu läßt; ganz im Gegensatz zum Recht.

In einem nicht instinktgesteuerten, seriösen Staat dienen Recht, und Gesetze der Gerechtigkeit. Gerechtigkeit, Recht, und Gesetz sind untrennbar. Gerechtigkeit ist kein subjektives Empfinden, sondern ein klar definierbarer Zustand. Der Idealzustand in dem alle möglichst gut, und möglichst gleich-gut leben. Demokraten meiden Gerechtigkeit, weil diese die Siegerei, die Auslese, und dadurch die Kampfstärkemaximierende Evolution behindert. Demokratische Gesetze dienen dem Sieg des Wirtschaftsstandortes, dem Sieg der Wirtschaftsnation, dem Sieg des Kapitalismus über gerechte Wirtschaftssysteme. Solche Siege sind ohne Sklavenhaltung nicht möglich. Demokraten prahlen damit, dass sie Ethik und Gesetze trennen. Sie sollten sich lieber schämen. Ethik ist die beste Moral. Sie ist nicht flexibel. Ethische Gesetze sind klar definiert. Die Staatsgesetze dürfen ethischen Gesetzen nicht widersprechen. Freche, siegesgierige Demokraten sehen das natürlich anders. Sie benutzen ihre Meinungsfreiheit um Meinungskorrektheit zu verhindern. Instinktgesteuerte Menschen benötigen viel ethische Bildung. Dann verlieren sie ihre Siegesgier, und die Lust auf Demokratie und Kapitalismus. Wenn Demokraten versuchen würden, allen Lebewesen gutes Leben herbeizuführen, dann würden sie nicht mehr behaupten, dass Strafen zulässig sind. Ein Strafrecht würde gar nicht existieren. Der Staat würde keine Rache üben. Sünder benötigen keine Rache, sondern zusätzliche ethische Bildung. Der instinktgesteuerte Rudelsiegstaat kann aber keinen Ethikunterricht geben, weil er sich dabei selbst entlarven würde.