Warum haben wir eine Schulpflicht?

6 Antworten

Schule ist in Deutschland eine Sache des Staates. Wer eine private Schule aufmachen will, muss mit großen Schwierigkeiten rechnen. Wer seine Kinder gar selbst unterrichtet oder zu einem Hauslehrer schickt, bekommt es mit der Polizei zu tun. Denn er begeht eine Ordnungswidrigkeit.

Rainer Hank Autor: Rainer Hank, Jahrgang 1953, verantwortlicher Redakteur für Wirtschaft und „Geld & Mehr“ der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. Folgen:

In Deutschland gilt absolute und strafbewehrte Schulpflicht. Das klingt für die meisten Menschen selbstverständlich. Und ist es doch nicht, weder historisch noch im europäischen oder gar internationalen Vergleich: Der deutsche Schulzwang ist, sieht man von einigen Diktaturen ab, die Ausnahme und nicht die Regel. In den meisten anderen Ländern gibt es stattdessen eine vom Staat überwachte Bildungspflicht. Ob die Kinder zur Schule gehen oder die von der Gesellschaft geforderten Standards anderswo erwerben, ist ihnen (und ihren Eltern und Erziehern) freigestellt.

Warum werden in keinem freien Land der Welt Eltern, die ihre Kinder selbst erziehen möchten, vergleichbar stark kriminalisiert wie hierzulande? Nach den Verbrechen des Nationalsozialismus sei es zu einem stillen Einvernehmen zwischen Eltern und Staat gekommen, dass Erziehung zur Demokratiefähigkeit für ein gelingendes Gemeinwesen unabdingbar sei und dass diese Erziehung nur durch den Staat organisiert werden könne, vermutet der Bonner Pädagoge Volker Ladenthin. Deutsche Eltern haben ein größeres Vertrauen in den Erzieher Staat als die Nachbarn in anderen Ländern.

Das ist ihr gutes Recht. Aber warum wird Eltern, die ihre Kinder selbst erziehen wollen, dieser Wunsch streitig gemacht? Wäre nicht eine gesetzliche Bildungspflicht dem staatlichen Schulzwang überlegen? Schon der deutsche Bildungsreformer Wilhelm von Humboldt (1767 bis 1835) hatte gegenüber dem Staat als Erzieher große Bedenken. „Soll die Erziehung nur, ohne Rücksicht auf bestimmte, den Menschen zu erteilende bürgerliche Formen, Menschen bilden, so bedarf es des Staates nicht.“ Öffentlicher Schulzwang führt nach Humboldts Auffassung dazu, dass die Eltern die Verantwortung für die Aufzucht der Kinder an den Staat delegieren und dafür einen hohen Preis zahlen müssen: Statt zu freien und gebildeten Menschen werden die Schüler von früh an zu Staatsbürgern gemacht, zu Untertanen also.

Monopol nicht gut begründet

Tatsächlich ist das staatliche Bildungsmonopol - wie die meisten Monopole - nicht gut begründet. Bildungsökonomisch ließe sich für die Schulen allenfalls ins Feld führen, dass es effizienter ist, Kinder in Klassen zusammen zu unterrichten, anstatt den Familien die Suche nach Hauslehrer und Gouvernante zuzumuten (für statistisch 1,3 Kinder) oder aber die Eltern von der Berufsausübung abzuhalten. Staatliche Lehrerbildung bürgt zudem für eine gewisse Professionalität bei der Erstellung des „Produkts“ Bildung.

Doch gegen die Qualität der staatsschulischen Leistung sprechen nicht nur die wiederholten Pisa-Befunde, sondern auch die zunehmende Abwanderung der Schüler in Privatschulen. Gäbe es die Möglichkeit, die Kinder zu Hause zu unterrichten, würden Eltern gewiss davon Gebrauch machen. Spätestens beim staatlich für alle vorgeschriebenen Bildungstest käme heraus, wo es die bessere Bildung gibt. In allen Ländern, welche die Ausbildung pluralisieren und dezentralisieren, stößt diese Freiheit auf Zustimmung, wenngleich der Anteil der häuslichen „Beschulung“ kaum über drei bis vier Prozent der Bevölkerung hinausgeht - freilich mit stark zunehmender Tendenz. Selbst in Österreich ist „Homeschooling“ neuerdings erlaubt. In Kanada erhalten Eltern, die ihre Kinder zu Hause unterrichten, sogar bis zu 1000 Dollar monatlich vom Staat. Das soll für Chancengleichheit mit der staatlichen Schule sorgen.

Was sollte Regel sein, was Ausnahme?

Ursprünglich war der Schulzwang nicht die Regel, sondern die Ausnahme. „Die Schulpflicht wurde eingeführt, weil die bildungsfernen Schichten ihre Kinder zu Hause behielten und zum Kartoffelausbuddeln und Getreideernten gebrauchten“, sagt der Pädagoge Ladenthin. Dadurch schädigten Eltern ihre Kinder. Das Gebot der Subsidiarität, das in Deutschland in Festreden immer hochgehalten wird, besagt: Der Staat braucht nur dann einzuschreiten, wenn die Privaten versagen. Er muss die Schüler vor ihren Eltern also auch nur dann schützen, wenn er befürchtet, ihnen werde Bildung vorenthalten oder aber sie würden auf gefährliche Weise indoktriniert. Damit ist ein gewichtiger Einwand gegen das Homeschooling vom Tisch. Viele Zeitgenossen befürchten nämlich, radikale oder religiöse Elterngruppen könnten den Hausunterricht dazu missbrauchen, ihre Kinder zu Gegnern der europäischen Werteordnung und aufgeklärten Rechtsstaatlichkeit zu erziehen. Die Angst vor Parallelwelten geht um, sie ist nicht von der Hand zu weisen.

http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/wirtschaftswissen/erklaer-mir-die-welt-73-warum-ist-die-staatliche-schulpflicht-unnoetig-149026

amyleeray  12.10.2014, 14:31

ich sehe das ehr kritisch, von wegen das Land der Dichter und Denker^^# mach dir selbst ein Bild. Es gibt viel Informatives, Ich finde als Eltern sollte man auswandern oder sich eine Private Schule suchen um richtige Bildung zu gewährleisten, WIR LERNEN NUR DAS WAS WIR WISSEN DÜRFEN UND NICHT DAS WAAS WIR WISSEN MÜSSEN!!!!!

MANIPULIERTE SCHULBÜCHER SIND AUCH INDEUTSCHLAND REALITÄT!!!!!

Das heutige Hauptargument für den Schulzwang, der sich vernebelnd Schulpflicht nennt, ist, dass man Kindern, die in den elterlichen aber auch anderen Betrieben arbeiteten, (Schul)Bildung ermöglichen wollte. Letztendlich wurde das Monopol der Eltern durch das Monopol des Staates ersetzt. Früher bestimmten die Eltern darüber , was die Kinder lernten, heute tut es der Staat. Auch der hatte und hat immer noch bestimmte Interessen. In erster Linie ökonomische. Deshalb hat die Wirtschaft auch sehr großen Einfluss auf das, was und wie in unseren Schulen gelernt wird.

Die Schulen waren zu keine Zeit Orte, an denen man sich frei, also selbstbestimmt bilden sollte. Gemessen daran, sind die Schulen ineffektiv. Aber gemessen an an dem, was die Mächtigen wollten, waren sie sehr effektiv. In Preußen wurde die Schulpflicht deshalb eingeführt, weil man so Generationen von Kindern auf den Militärdienst vorbereiten konnte. Man sollte immer lernen, was im Interesse des Staates war.

Du bist nicht verpflichtet in die Schule zu gehen, Du bist gesetzlich dazu gezwungen. Warum mache ich diese - auf den ersten Blick - kleine Unterscheidung: Weil nur Du selbst Dich zu etwas verpflichten kannst. Eine Pflicht lässt Dir aber immer die Wahl. Du entscheidest, ob Du Dich zu etwas verpflichtest. Wenn jemand anderes will, das Du auf jeden Fall in die Schule gehst, dann zwingt er Dich. Der Räuber, der mit vorgehaltener Waffe, die Herausgabe Deiner Wertgegenstände fordert, verpflichtet Dich nicht dazu; er zwingt Dich.

Deutschland ist eines der ganz, ganz wenigen Länder, in denen eine absoluter Schulzwang herrscht. In Europa ist es nur noch Schweden, wo die Schulgesetze ähnlich restriktiv sind. Auch wenn in den meisten entwickelten Ländern der überwiegende Teil der Bevölkerung die Schule besucht, ist dies nirgends zwingend vorgeschrieben.

Als Besonderheit kommt bei uns hinzu, dass es, neben dem staatlichen Bildungs-, auch einen staatlichen Erziehungsauftrag gibt; beides ist im Grundgesetz festgeschrieben. Die Eltern haben lediglich das Recht, über die Teilnahme ihrer Kinder am Religionsunterricht mitzubestimmen (Religionsfreiheit). Ich weiß nicht, ob es andere demokratische Länder gibt, die so massiv in die Rechte der Familie eingreifen.

Gruß Matti

japnet 
Fragesteller
 12.10.2014, 18:30

Gute Antwort, aber das mit "Schulpflicht" und "Bildungspflicht" habe ich im Sozialkundeunterricht gelernt. Bist du dir da sicher, dass diese Begriffe falsch verwendet werden (ich werde gerne korrigiert, da ich so wenigstens etwas lerne)?

Kuhlmann26  12.10.2014, 19:09
@japnet

Das Wort "Schulpflicht" wird, bezogen auf seinen ursprünglichen Sinn, nicht falsch verwendet. Es war ja eine Verpflichtung an die Eltern, ihren Kindern Bildung zu ermöglichen. Ohne ihnen jedoch vorzuschreiben, wie diese Bildung auszusehen hatte. Es war also eine Bildungspflicht gemeint und dagegen ist auch überhaupt nichts einzuwenden. In Österreich spricht man vom "häuslichen Unterricht", wenn man die Bildung außerhalb der Schule meint. Wenn Eltern oder andere Personen mit ihren Kindern ins Museum oder Theater, in den Wald oder eine Sternwarte gehen, ist das häuslicher Unterricht und es findet Bildung statt. Wir in DE meinen mit Unterricht etwas ganz anderes.

Das alle Kinder einen Schule besuchen sollten, war lange Zeit überhaupt kein Konsens. Darüber wurde gestritten und man wehrte sich vehement dagegen. Den Zwang gibt es in seiner heutigen Ausprägung erst seit 1937 oder 38, also seit der Nazizeit. Aber auch schon vorher war eine Freistellung vom Schulunterricht nur in Ausnahmefällen möglich; aber es gab sie.

Das man offiziell von "Schul-" bzw. "Bildungspflicht spricht, ist ja logisch. Es wäre absurd, wenn man vom Schulzwang spräche. Aber defacto ist es einer.

Aber noch einmal: mit "Schulpflicht" war ursprünglich etwas anderes gemeint, als wir heute darunter verstehen.

Mir gefällt die Definition vom Begriff "Schule", die ich auf folgender Internetseite fand und wie die alten Griechen sie definierten:

http://wertewirtschaft.org/

japnet 
Fragesteller
 12.10.2014, 19:40
@Kuhlmann26

Okay, so schlimm habe ich das nicht gemeint. "Massentierhaltung" ist schon ein etwas extremer Vergleich.

Ich wollte nur, dass beides grundsätzlich möglich ist.

Kuhlmann26  12.10.2014, 20:23
@japnet

Man bekommt erst mal einen Schreck, wenn man das Video sieht, weil sehr zugespitzt und drastisch formuliert wird. Im Prinzip ist es aber genau so.

Wesentlich sachlicher findest Du die Forderung nach Abschaffung der Schulpflicht hier formuliert:

http://kraetzae.de/schule/schulpflicht_bringt_unfreiheit/

Natürlich müsste beides möglich sein. Weltweit sind es im Durchschnitt 2% der schulpflichtigen Kinder und Jugendlichen, die sich außerhalb der Schule bilden. Natürlich auch deshalb, weil Eltern wenig wissen und das Berufsleben so organisiert ist, dass man "keine Zeit" hat, sich der Bildung der eigenen Kinder zu widmen. Fakt ist aber auch, das die Zahl der Freilerner auf der ganzen Welt steigt.

so kann man die kinder besser zu sklaven erziehen. wenn nur noch jeder täte was er will, wäre das schlechter zu kontrollieren.

japnet 
Fragesteller
 12.10.2014, 14:39

Weißt du eigentlich was es bedeutet, wenn man zuhause unterrichtet wird?

FitnessGirlCool  12.10.2014, 14:40
@japnet

wie ist die frage zu verstehen?

Wenn es keine Schulpflicht geben würde, dann wärest du nicht in der Lage, diesen Text zu schreiben bzw. Antworten zu lesen. Ganz einfach: Jeder soll eine Chance haben auf gute Bildung. Gute Bildung bedeutet nämlich, dass man seine Wunsch-Ausbildung machen kann und mal in Zukunft gutes Geld verdienen kann und für sich selber sorgen kann.

japnet 
Fragesteller
 12.10.2014, 14:28

Ich meine warum muss ich in die Schule gehen, obwohl man mich doch auch zuhause unterrichten kann?

bulbul94  12.10.2014, 14:33
@japnet

Privatunterricht ist auch eine Möglichkeit, leider aber eine sehr teure.

japnet 
Fragesteller
 12.10.2014, 14:35
@bulbul94

Kinder können sich auch selbst etwas beibringen, wenn sie unter Aufsicht stehen.

Ich brauche mindestens bis zur 8. Klasse keinen, an der Universität ausgebildeten, Mathelehrer für Mathe.

Anonym1024  12.10.2014, 14:29

Das finde ich eine sehr gute Antwort.

japnet 
Fragesteller
 12.10.2014, 14:33
@Anonym1024

Wieso? Er hat die Frage anscheinend nicht gelesen.

Anonym1024  12.10.2014, 14:31

Weil nicht jeder Kohle hat sich einen Privatlehrer zu gönnen

japnet 
Fragesteller
 12.10.2014, 14:33
@Anonym1024

Wieso Privatlehrer? Der Staat sagt, was mindestens in diesem Monat gelernt werden muss und dazu hole ich mir halt Bücher.

Zumindest das Grundschulwissen sollten schon alle, wirklich alle, Eltern vermitteln können, oder?

bulbul94  12.10.2014, 14:35
@japnet

Nein nicht unbedingt japnet. Deine Eltern haben zu ihrer Zeit bestimmt anders gelernt. Meine Mutter hat mir die ganzen Unterschiede erzählt und sagt, im Gegensatz zu damals, lernen wir heute nur die unwichtigen Dinge. Warum muss ich genau wissen, wie die Automobilindustrie aufgebaut ist? Wer da tätig ist? Wichtiger ist doch zum Beispiel das mechanische im Fach Physik.

Warum Bücher? Wer bringt dir denn zu aller erst das Lesen bei?

japnet 
Fragesteller
 12.10.2014, 14:38
@bulbul94

Der Staat gibt meinen Eltern die Themen vor, die ich in diesem Alter wissen muss und irgendwie muss ich mir selbst oder meine Eltern mir diese Themen vermitteln.

Ich will auch nicht, dass wirklich niemand für zur Schule geht. Aber bei so schlimmen Dingen wie Mobbing, etc. frage ich mich wirklich warum man den Schüler dann zwingt halt auf eine andere Schule zu gehen, statt es im zu erlauben sich allein das Wissen zu vermitteln. An der nächsten Schule kann das ganze ja wieder losgehen, da wirklich jeder heutzutage facebook und co. hat und so verbreiten sich dann auch die Lästereien.

bulbul94  12.10.2014, 14:38
@bulbul94

Aber allein dass du diese Frage stellst, heißt für mich, dass du während der Zeit, wo du dein Abitur gemacht hast, nicht viel dazu gelernt hast.

japnet 
Fragesteller
 12.10.2014, 14:41
@bulbul94

Dann erklär drauf los. Ich bin allen Argumente über offen.

Ich fordere, dass es keine Schulpflicht, sondern eine Bildungspflicht gibt, es also jedem freigestellt ist, wie er das Wissen, welches für das Abitur notwendig ist, vermittelt bekommt.

Was spricht dagegen?

japnet 
Fragesteller
 12.10.2014, 14:43
@bulbul94

Meine Eltern können lesen, also können sie mir auch das Lesen beibringen.

Was sind das für Fragen? Mein Cousin ist Lehrer an einer Grundschule und ich weiß, dass er keinen Kurs gemacht hat über die Vermittlung der Lesebefähigung. Also ist er genauso qualifiziert wie jeder Andere, der lesen kann.

Zumverzweifeln  16.10.2014, 23:27
@japnet

Moment: Etwas zu können heißt nun aber wirklich noch nicht, es auch vermitteln zu können! Dein Cousin hat Methodik und Didaktik gelernt - jedenfalls, wenn er in Deutschland an einer Grundschule unterrichtet. Deine Lernstrategien sind ganz interessant - aber du kannst nicht davon ausgehen, dass viele so lernen und schon lange kannst du nicht davon ausgehen, dass eine Bildungspflicht allgemein anerkannt und umgesetzt würde. Wie wolltest du das auch kontrollieren?

japnet 
Fragesteller
 17.10.2014, 07:57
@Zumverzweifeln

Mit verpflichtenden Prüfungen vielleicht???

Zumverzweifeln  17.10.2014, 19:29
@japnet

Prüfungen stellen immer nur das Ergebnis eines Lernprozesses fest (und die Tgesform, aber das hier eine zu vernachlässigende Größe) Du merkst: ich traue sehr vielen Eltern nicht zu, Ihren Kindern Wissen zu vermitteln und ich traue sehr vielen Kinder/Jugendlichen zu, schlicht kein Interesse an Bildung zu haben.

Weil man nicht als asozial nichtsuher der Leute überfällt enden soll.

japnet 
Fragesteller
 12.10.2014, 14:53

Das war mal eine schlechte Antwort. Lies die Frage bitte noch einmal durch, sieh den Unterschied zwischen Schul- und Bildungspflicht nach, lies dir die anderen Antworten durch und danach kannst du etwas SINNVOLLES schreiben.