Voller Urlaubsanspruch bei Kündigung zum 31.08. bei Rückkehr aus der Elternzeit Mitte April?

3 Antworten

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Das kommt darauf an, ob Dein Arbeitgeber von einer Bestimmung des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes BEEG Gebrauch gemacht hat:

Nach § 17 "Urlaub" Abs. 1 darf er nämlich (muss es aber nicht) den Urlaub um 1/12 für jeden vollen Kalendermonat der Elternzeit kürzen. Wenn er das tun will, muss er das aber in der Bewilligung zum Antrag auf Elternzeit mitteilen; hat er das nicht getan, darf der Urlaub nicht gekürzt werden.

Wenn Du also bis zum 17.04. in Elternzeit warst, durfte der Arbeitgeber den Urlaubsanspruch wegen 3 voller Elternzeitmonate in diesem Kalenderjahr um 3/12 kürzen.

Also:

Wenn es keine Kürzungsvereinbarung gibt, dann hast Du für 2017 trotz der Elternzeit Anspruch auf den vollen Jahresurlaub. Und wenn Du mit diesem Anspruch zum 31.08. kündigst, bleibt Dir dieser Anspruch auch erhalten!


Der Anspruch auf den vollen Jahresurlaub bei Kündigung - das siehst Du richtig! - ergibt sich aus dem Bundesurlaubsgesetz BUrlG § 4 "Wartezeit" in Verbindung mit entsprechender Anwendung des § 5 "Teilurlaub" Abs. 1 (Ausschluss der Bedingungen nach den Buchstaben a - c, nach denen nur ein anteiliger Anspruch auf den gesetzlichen Urlaub besteht), ist einheitliche Rechtsauffassung und durchgängige Rechtsprechung!
Zwar betrifft das zunächst nur den gesetzlichen Urlaub, gilt aber auch für den darüber hinaus gewährten, wenn es keine vertragliche Vereinbarung (im Arbeitsvertrag oder einem anzuwendenden Tarifvertrag) zu einer anteiligen Berechnung ("Zwölftelung") gibt oder in der Vereinbarung zum Urlaubsanspruch nicht zwischen gesetzlichem und zusätzlichem Urlaubsanspruch unterschieden wurde (z.B. "Zusätzlich zum gesetzlichen Urlaub wird ein weiterer Urlaub in Höhe von ... Tagen gewährt.").

Gibt es eine Vereinbarung zu einer anteiligen Berechnung, dann darf dabei aber der gesetzliche Mindesturlaub nicht unterschritten werden. Gibt es eine Formulierung in der Art, wie oben genannt, dann besteht Anspruch auf den vollen gesetzlichen Urlaub und zusätzlich auf den anteiligen darüber hinaus gewährten Urlaub.

Kann der Urlaub wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr genommen werden, dann muss er ausgezahlt werden (BUrlG § 7 "Zeitpunkt, Übertragbarkeit und Abgeltung des Urlaubs" Abs. 4).

Wenn du diesen Anspruch wahrnimmst - ob in natura oder als Abgeltung - hast Du gegen einen neuen Arbeitgeber aber keinen Urlaubsanspruch mehr, es sei denn, er wäre bei ihm höher als beim jetzigen.

Familiengerd  27.07.2017, 18:10

Ergänzung:

Ist aber eine Kürzung des Jahresurlaubs um 1/12 für jeden vollen Kalendermonat der Elternzeit vereinbart - in Deinem Fall also um 3/12 für 3 volle Elternzeitmonate -, dann hast Du Anspruch auf den gesamten übrigen Urlaub von 9/12.

Stefferle 
Fragesteller
 28.07.2017, 13:32
@Familiengerd

Vielen Dank für die schnelle und ausführliche Antwort, das hilft mir sehr!
Es wurde nichts gesondert vereinbart bzgl. der Aufteilung des Urlaubs. Jetzt bin ich mal gespannt, wie mein Arbeitgeber argumentiert und entscheidet! Zumindest weiß ich jetzt, dass es sich lohnt zur Not zum Anwalt zu gehen. Danke!


Familiengerd  28.07.2017, 13:59
@Stefferle

Es wurde nichts gesondert vereinbart bzgl. der Aufteilung des Urlaubs.

Auch wenn es keine Vereinbarung zu einer anteiligen Urlaubsberechnung bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor dem Jahresende gibt:

Überprüfe, ob der Arbeitgeber in der Bewilligung der Elternzeit eine Urlaubskürzung (wie gesagt: 1/12 des Jahresurlaubs für jeden vollen Kalendermonat der Elternzeit, also insgesamt 3/12 für 2017) vorgenommen hat: wenn ja hast Du nur Anspruch auf den gesamten Resturlaub, also 9/12 für 2017.

Viel Erfolg bei der "Auseinandersetzung"!

Kein Urlaubsanspruch nach Sonderurlaub oder Elternzeit

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19. März 2019 - 9 AZR 315/17 -

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19. März 2019 - 9 AZR 362/18 -

Zitat

Für die Berechnung der Urlaubstage müssen Arbeitgeber nur die Zeit zugrunde legen, die ein Arbeitnehmer tatsächlich gearbeitet hat. Elternzeit oder unbezahlter Sonderurlaub zählen nicht zwangsläufig dazu. Das hat das Bundesarbeitsgericht am Dienstag in Erfurt in zwei unterschiedlichen Verfahren entschieden.

Im ersten Fall ging es um eine Mitarbeiterin, die vom 1. September 2013 bis zum 31. August 2015 mit Einverständnis ihres Arbeitgebers unbezahlten Sonderurlaub genommen hatte. Als dieser Urlaub zu Ende war, verlangte die Klägerin von ihrem Chef, er solle ihr den gesetzlichen Mindesturlaubsanspruch für das Jahr 2014 gewähren: 20 Tage.

Das Bundesarbeitsgericht entschied nun entgegen der Vorinstanz, dass die Klägerin für das Jahr 2014 keinen Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub habe.

Die "Arbeitsvertragsparteien haben ihre Hauptleistungspflichten durch die Vereinbarung von Sonderurlaub vorübergehend ausgesetzt", hieß es zur Begründung in einer Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts. Einem Arbeitnehmer stünden für ein Kalenderjahr, in dem er sich durchgehend im unbezahlten Sonderurlaub befinde, mangels einer Arbeitspflicht kein Anspruch auf Erholungsurlaub zu.

Berechnung des Urlaubsanspruchs in der Elternzeit

Der zweite Fall ist etwas komplizierter: Die Klägerin befand sich vom 1. Januar 2013 bis zum 15. Dezember 2015 durchgehend in Elternzeit. Schließlich kündigte sie 2016 und beantragte, ihr für die dreimonatige Kündigungsfrist Urlaub zu gewähren. Dafür machte sie unter anderem die Urlaubsansprüche aus der Elternzeit geltend.

Der Arbeitgeber wies ihre Forderung ab - zu recht, wie das Bundesarbeitsgericht nun entschied. Auch die Vorinstanzen hatten den Urlaubsanspruch aus der Elternzeit bereits negiert. Der gesetzliche Urlaubsanspruch bestehe zwar grundsätzlich auch für den Zeitraum der Elternzeit, urteilten die Erfurter Richter. Er könne jedoch vom Arbeitgeber gekürzt werden, hieß es in einer Mitteilung.

Die Richter verwiesen zur Begründung auf das Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG). Demnach kann der Arbeitgeber den Erholungsurlaub für jeden vollen Kalendermonat der Elternzeit um ein Zwölftel kürzen. Dafür müsse er nur eine entsprechende Erklärung abgeben, was der Arbeitgeber im vorliegenden Fall ausreichend getan habe.

quelle

https://www.spiegel.de/karriere/bundesarbeitsgericht-kein-urlaubsanspruch-nach-sonderurlaub-oder-elternzeit-a-1258675.html

Woher ich das weiß:Recherche

in der elternzeit erwirbst du keinen urlaubsanspruch, das ist anders als bei langfristiger krankheit.  für dieses jahr wird ab mai jeweils 1/12 des jahresanspruchs berechnet; april fällt flach, da es weniger als einen halben monat tätigkeit war.  hättest du schon bis heute alles genommen, darf der arbeitgeber das nicht anrechnen. hast du hingegen noch nichts oder nur wenige tage bekommen, wird wieder nach der 1/12 regelung berechnet, also urlaubsanspruch für 4 kalendermonate = 1/3 des jahresanspruchs..

Familiengerd  27.07.2017, 18:00

Die Antwort ist in allen Punkten sachlich falsch!

Siehe dazu meine eigene Antwort.