Verwirkung von titulierten Forderungen?
Hallo an alle geneigten Leser dieses Beitrags.
Die Sache ist sehr Komplex, deshalb (versuche) ich mich auf das wesentliche zu beschränken.
1994 - Ehemalige Lebensgefährtin bestellt, ohne meine Kenntnis oder Zustimmung, bei einem Versandhandel Waren und zahlt die Rechnung nicht.
1994 - Lebensgefährtin fängt Zustellungsurkunde von Mahn- und Vollstreckungsbescheid ab.
1994 - Gerichtsvollzieher meldet sich bei mir.
1994 - Schuld wird restlos von mir an Gerichtsvollzieher überwiesen
1995 - 2011 Nichts!
2011 - Inkassounternehmen stellt Forderung an mich
2011 - Besuch Gerichtsvollzieher, der nach meiner Erklärung nicht gegen mich vollstreckt.
2011 - Mein Schreiben an Inkasso, das die Forderung bereits bezahlt ist. Belege Quittungen sind nach dieser langen Zeit (17 Jahre) nicht mehr vorhanden.
Der Versandhandel war Bestandteil des Mutterkonzerns - ich nenne es mal Qualle. Im Zusammenhang mit der Insolvenz der Fa. XXX wurde das Versandunternehmen Qualle aufgelöst und in Teilen verkauft.
Das Inkassounternehmen würde ich mal als „Einauge“ bezeichnen. Dabei denke ich an griechische Mythologie.
Ich habe nun einen Anwalt eingeschaltet der Vollinhaltlich mein Schreiben an „Einauge“ aus dem Jahre 2011 (Verwirkung) bestätigt. „Einauge“ allerdings, besteht weiterhin auf die Forderung.
Mein Anwalt rät mir, die Forderung zu bezahlen und keine Vollstreckungsgegenklage zu erheben.
Meine Fragen:
Kann es denn wirklich sein, das nach 17 Jahren Untätigkeit seitens dem Gläubiger (unabhängig davon, ob ich die Zahlung nachweisen könnte), die Forderung nicht verwirkt ist?
Wenn das nicht zutrifft, darf Einauge weitere Kosten als die ursprüngliche Forderung geltend machen?
Vielen Dank für Eure Antworten.
7 Antworten
Frage doch mal bei deinem Amtsgericht nach bzw. dem, wo du 1994 gewohnt hattest. Ob die diesbezüglich noch Akten haben oder ob der damalige Gerichtsvollzieher noch etwas hat.
Mit etwas Glück gibt es die Akten noch. Dass du an den GV überwiesen hast, könnte dazu führen, dass es irgendwo noch einen beleg in einem Archiv gibt.
Ich drücke dir die Daumen.
Ansonsten ein zweiter Tipp: Verlangt vom Inkasso eine Vollmacht des Insolvenzverwalters von "Qualle". Wenn das Unternehmen dahinter steckt, was du hier andeutest, dann kriegen Inkassos regelmäßig Probleme, diese Vollmacht vorzulegen. Und damit ist ein Patt entstanden, denn ohne Vollmacht können die auch normalerweise nicht pfänden.
Ich weiss dass, solche Sachen ein Verjaehrungsfrist bis zu 30 Jahre haben, aber KA in deinem Fall.
Bei meiner Bank, und ich schatze auch bei deiner kann man alte Kontoauszuege aus dem Archiv anfordern, kostet allerdings eine Gebuehr. Vielleicht koennte dir das helfen?
Oh.
Kann es denn wirklich sein, das nach 17 Jahren Untätigkeit seitens dem Gläubiger (unabhängig davon, ob ich die Zahlung nachweisen könnte), die Forderung nicht verwirkt ist?
Allein durch Zeitablauf entsteht die Verwirkung nicht.
Es muss immer auch ein Umstandsmoment dazukommen. Das wäre z.B. der Fall, wenn du trotz dieser Forderung weiterhin Geschäftsbeziehungen zu besagter Firma hättest. Dann würde die Argumentation ggf. funktionieren.
Bitte nicht ohne Anwalt versuchen!
Wenn das nicht zutrifft, darf Einauge weitere Kosten als die ursprüngliche Forderung geltend machen?
Alles was nicht tituliert ist, sowie Zinsen der letzten drei Kalenderjahre ist gegenstandslos.
Nach einer abschließenden Zahlung solltest du immer den entwerten Schuldtitel im Original anfordern und das mit Nachdruck!
Es muss immer auch ein Umstandsmoment dazukommen
Eventuell ist ein Umstandsmoment, dass die Firma, die der TE andeutet, in Insolvenz war. Die gibt es nicht mehr und auch die Insolvenz ist längst abgeschlossen. Wenn dann trotzdem noch Jahre gewartet wurde seit Ende der Insolvenz, könnte dies zur Verwirkung führen.
Es ist tatsächlich so, dass ich mit "Qualle" im Jahre 2006 eine Geschäftsbeziehungen hatte.
Ich möchte mich hier eigentlich nicht zuviel aus meinem Leben preisgeben, allerdings kommen jetzt (wahrscheinlich) einige Fakten, die sich positiv für mich auswirken könnten.
Im Jahr 2006 bestellte ich etwas bei Qualle. Ich weiss gar nicht mehr, was es gewesen ist. Die Summe belief sich auf ca. 120 €.
Aufgrund persönl. Umstände konnte ich die Summe damals nicht zahlen. (Ehe-Aus und Geschäftsaufgabe) Es kam, wie es kommen musste.
Mahnbescheid - Vollstreckungsbescheid - Gerichtsvollzieher
Jetzt zum positiven: Ich habe den erledigten Titel, sowie das Erledigungsschreiben des Anwalts von Qualle vor mir liegen. Datiert ist beides auf Juli 2009.
Könnte das ausreichen?
Jetzt zum positiven: Ich habe den erledigten Titel, sowie das Erledigungsschreiben des Anwalts von Qualle vor mir liegen. Datiert ist beides auf Juli 2009.
Sehr gut. Sogar, dass es damals über einen GV ging. Gehe nochmals zu deinem Anwalt und lege ihm das vor. Das sollte ein klassischer Grund für eine Verwirkung sein, also ein zusätzlicher Umstand, weswegen du nach "Treu und Glauben" davon ausgehen durftest, dass natürlich auch niemand mehr die damalige Schuld nochmals vollstrecken will. Neben deiner Geschichte (wobei die halt auch angezweifelt werden kann), dass du genau weißt, es damals über einen GV bezahlt zu haben.
Damit umgehst du ggf. das Beweisproblem. Ich würde trotzdem nochmal das Gericht von damals anschreiben und um Prüfung bitten, ob zu dem Vorgang bei Gericht oder beim damaligen Gerichtsvollzieher noch Akten verfügbar sind, insbesondere die Bestätigung deiner damaligen Zahlung. Sicher ist sicher, denn wenn die Vollstreckungsabwehrklage in die falsche Richtung läuft, kann man das vielleicht noch einwerfen.
Vielen Dank an Kevin1905 und mepeisen für Eure Mühe. Vielleicht könnte euch dies
http://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php?47690-Kaufhaus-GmbH
interessieren. Für einen ungeübten Schreiber und Rechtslaien wie mich, ist es kaum in Worte zu fassen, was mit der Insolvenz des "Kaufhauses" für ein Schindluder getrieben wurde.
Wahrscheinlich verfügt Einauge nichtmal über die nötige
Abtretungserklärung. Was in ähnlichen Fällen vorgelegt wird, ist ein
fragwürdiges Dokument, von einem Notar aus Essen - ohne Datum!
Aufgrund der großen Anzahl der Abtretungen (nicht nur
Einauge möchte von dem Kuchen etwas abhaben) erkennen einige Gerichte dieses Dokument nicht an und fordern (mehrere Beschlüsse durch LG und OLG) eine Rechtsachfolgeklausel.
Aber einige erkennen es an. Dein Anwalt sollte herausfinden können, ob dein LG/OLG es anerkennt oder nicht. Das mit der Vollmacht ist risikoreich. Auf jeden Fall würde ich aber die Karte mit der Verwirkung und der bereits gezahlten Leistung spielen.
Die Hintergrundinfos sind aber wichtig in Bezug darauf, gegen wen die Vollstreckungsabwehrklage gerichtet werden sollte. Denn die müsste dann gemäß den Infos gegen das Inkasso selbst gerichtet sein bzw. zumindest sollte man darüber das Inkasso mit in die Haftung nehmen.
Das wäre ein guter Ansatzpunkt
Hast du dir damals den entwerteten Titel aushändigen lassen?
Nein, leider nicht. Mir ist allerdings der Name des Gerichtsvollziehers eingefallen. Siehe da, den gibt es noch :-)
Spreche ihn an, am besten via Einschreibebrief, ob er dazu noch die Unterlagen hat und dir bestätigen kann, dass du damals gezahlt hast.
Nein, dieses ist verjährt, vielleicht geht es noch um was Anderes.
Nein, es geht um nichts anderes! Erkläre mir doch mal, was "verjährt" ist. Ein "Titel" verjährt nach 30 Jahren.
Danke für die Antwort. Die Bank existiert leider nicht mehr.