Undichte Fenster angeblich dicht?

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Was hat man denn in dem Altbau saniert? Nur die Fenster? Kamen neue Heizkörper rein? Klingt schon fast nach "totsaniert". :-(

Der Altbau hat sorptive (wasseraufnahmefähige) Wände. Der Dämmwert der Wand hängt sehr stark mit der Wandfeuchte zusammen. J.S. Cammerer hat das schon vor Jahrzehnten untersucht und seine Ergebnisse  (Balkendiagramm) kann man schnell mit der Bildersuche ergoogeln.

Hier kann man nun erkennen, dass es nicht nur wichtig ist, dass die Wände für gute Dämmwerte trocken sind - sie sollten für beste Dämmwerte knochentrocken sein.

Sind die Wände feucht, muss es noch nicht schimmeln, aber der Dämmwert kann miserabel sein und man heizt sich quasi tot. Kalte Wandoberflächen lassen sich leicht mit einem Infrarotthermometer ermitteln. Die Dinger gibts schon für unter 20,-EUR bei Amazon oder Ebay.

Nun kann man auch mit dem Infrarotthermometer ermitteln, ob man viel oder wenig Warmluft im Raum hat. Warmluft steigt zur Zimmerdecke. Der Altbau hat meist sehr hohe Zimmerdecken, da kann die Decke schon mal 28-30°C haben und der Fußboden ist 16°C kalt.

Je größer die Temperaturdifferenz, um so höher ist der Warnluftantel im Raum, der maßgeblich vom Heizkörper bestimmt wird. Diese Temperaturunterschiede im Raum sind auch der Motor für die Luftbewegungen und Zuglufterscheinungen. Das Fenster kann trotzdem dicht sein. Mit der Kerzenflamme des Stabfeuerzeuges kann man das Fenster am Rahmen mal mit etwas Abstand "abfahren". Wo die Flamme zittert, strömt Luft ein oder aus. Dabei möglichst nicht die Gardienen anzünden. ;-)

Luft kühlt sich am Fensterglas ab und sinkt - da schwerer werdend - nach unten. Bei der Auskühlung am Fensterglas steigt aber auch noch die relative Luftfeuchte an, so dass sich unten an der  Fensterscheibe Kondensat sammeln kann. Die ausgekühlte Luft sammelt sich am Fußboden und wird erst wieder ab der Unterkante des Heizkörpers "angesaugt" und erwärmt wieder nach oben befördert. Direkt auf dem Fußboden bleibt eine kalte Luftschicht liegen und sorgt für kalte Füße. In Erdgeschoßwohnungen ist das besonders ein Problem.

Da wo sich die Luft auskühlt - am Fenster und an der Aussenwandoberfläche - steigt wie beschrieben die rel. Luftfeuchte im Oberflächenkontakt an. Gibt es am Fenster schon Kondensat, so liegt es nahe, dass die Wandoberfläche auch Feuchte ab bekommt. Je weiter die Luft an der Wand auskühlt, um so feuchter wird sie.

Daher fängt es meist an der Scheuerleiste und den Laibungsflächen unten an der Balkontüre oder den bodentiefen Fenstern an zu schimmeln. Weiteres Problem bei Balkontüren ist, dass die Heizkörper oft daneben montiert sind und nicht, wie beim normalen Fenster darunter, um die herabfallende Kaltluft "abzufangen". Von der Balkontür aus fällt die abgekühlte Raumluft direkt auf den Fußboden und verursacht Zuglufterscheinungen.

Auch wenn die Couch vor der Aussenwand steht oder ein großer Schrank, sollte man drauf achten und mit dem IR-Thermometer mal messen, wie kalt die Wandoberfläche dort ist. Schnell kommt es hier mal unbemerkt zur Schimmelbildung, wegen zu kalter Oberflächen.

Mit den Daten der allgemeinen Raumluftfeuchte, der allgemeinen Raumlufttemperatur (beides an einem Ort am besten in der Raummitte gemessen) und der mit dem IR-Thermometer gemessenen Oberflächentemperatur der Wandoberfläche lässt sich im Mollier-h-x-Diagramm (mal googeln) die Luftfeuchte im Wandoberflächenkontakt ermitteln. Ab 70% rF (relative Feuchte) besteht Schimmelgefahr, ab 80% rF ist mit Schimmelwuchs an einer nährstoffhaltigen Oberfläche zu rechnen.

Früher besaßen die Altbauten oft Einzelöfen in Form großer Kachelöfen. Diese "Ungetüme", oft gegenüber der Aussenwand stehend, sorgten für einen hohen Anteil an Wärmestrahlung und beim Heizen wurde immer Raumluft durch den Ofen nach draußen befördert, was für eine gute Fechteabfuhr sorgte. Die Wärmestrahlung setzte sich vom Ofen ausgehend mit Lichtgeschwindigkeit durch den Raum fort und erwärmte direkt Oberflächen und ließ die Raumluft kalt. Die Raumluft erwärmte sich nachfolgend an der wärmeren Oberfläche.

Da wo sich Luft an einer Oberfläche erwärmt, bekommt diese Luft ein größeres Wasserdampfaufnahmevermögen, die rel. Luftfeuchte sinkt. Diese nun trockenere Luft kann Feuchte von der Oberfläche aufnehmen und die Oberfläche damit trocknen. Nachfolgend wird bei einem sorptiven Wandaufbau die gesamte Wand trockener. Profis trocknen Wände auch mit Wärmestrahlung. Früher tat das der Ofen im Altbau (die ofenbeheizten Wohnungen waren daher oftmals trockener und leichter warm zu bekommen).

Mit der Modernisierung wurden überwiegend warmlufterzeugende Heizkörper (oft Typ 21, 22 oder auch Typ 33) in die Räume eingebaut und die Befeuchtung der Aussenwände begann von unten her langsam, schleichend aber stetig. Irgendwann ist dann der Dämmwert der Wand so weit gesunken, dass man die Räume mit dem vorhandenen Heizkörper nicht mehr warm bekommt. Diesen Prozeß der Auffeuchtung kann man mit der Nachtabsenkung aber auch noch beschleunigen. ;-) Gleichmässiges Durchheizen ist das Beste für den Altbau.

Sperrt man die Fassade zudem noch gegen Feuchte ab, durch einen Kunstharzputz oder ein Wärmedämmverbundsystem auf der aufgefeuchteten Wand, so kann die Wand ihre Feuchte nachfolgend nur nach innen abgeben. Nach Fassadendämmungen werden die Mieter daher zu einem besseren Lüften aufgefordert. Die Räume werden bei unverändertem Lüftungsverhalten feuchter und die Gefahr der Schimmelbildung steigt.

Hier würde ein etwas undichtes Fenster für eine "Grundlüftung zur Feuchteabfuhr" sorgen, was über eine geringere Raumluftfeuchte nachfolgend eine gewisse Wandtrocknung zur Folge hat. Daher ist das luftdichte Fenster im Altbau unsinnig und wirkt eher heizkostensteigernd wegen dem dadurch schlechteren Dämmwert der Aussenwände.

Eine gute und regelmässige Stoßlüftung (nur ein einmaliger Raumluftaustausch ist hier pro Lüftungsvorgang notwendig) wirkt hohen Wandfeuchten entgegen. Überlanges Lüften wirkt wandauskühlend und ist damit wieder kontraproduktiv.

Eine gute Erwärmung der Aussenwände von unten her, sollte geschaffen werden. Hierzu eignen sich ganz einfache Heizrohrschleifen, die unten am Wandsockel der Aussenwände entlang geführt werden und hier für mehr Wärme an der inneren Wandoberfläche sorgt.

Das Beste wäre natürlich die Heizleiste, die unten die gesamte Aussenwand abdeckt. Es ist quasi ein langgestreckter Heizkörper, der durch die aufsteigende Warmluft vor der Aussenwandoberfläche der herabfallenden Kaltluft entgegen wirkt. Es gibt dadurch quasi keine "Kaltfuftquelle" mehr und die Raumluft wird beruhigt und nahezu zugfrei.

Heizleisten erzeugen auch über den Umweg mit dem aufsteigenden Warmluftschleier eine sehr gutes Wärmestrahlungsklima im Raum, da die erwärmte Wandoberfläche Wärmestrahlung aussendet. Die Heizleiste hält das Bauwerk trocken, den Dämmwert der Wand oben und spart dadurch Heizkosten ein.

Kondensat am Fenster kann auch durch viel Wärmestrahlung im Raum vermieden werden (eigene Erfahrungen), da entstehende Wassertröpchen gleich zum verdunsten angeregt werden.

Änderungen der Heizanlage sind aber Vermietersache, jedoch schützt diese Investition auch zukünftig vor Schimmelschäden und sorgt für Zufriedenheit der Mieter, weil die Räume gleichmässig warm sind und auch der Fußboden warm ist.

Ich habe Heizleisten in meinem alten, ungedämmten Einfamilienhaus. Im Wohnzimmer steht auch noch der alte Kachelofen "für den Notfall". Heute kam Besuch und der griff instiktiv erst mal zum ungeheizten Kachelofen, ob dieser warm ist, weil im Raum durch die Heizleisten so ein angenehmes Wärmeklima herrschte. ;-)

Meine Ausführungen hier beruhen also nicht auf gehörtes oder gelerntes blabla, sondern auf eigenen Erfahrungen in mehreren Mietwohnungen und im eigenem Haus.

Grüße Onki73

Top

Also im Altbau muss man immer mehr heizen als in einem Neubau. Das ist einfach so. Schon allein die höheren Decken...das ist ein Luftvolumen das man erstmal warm bekommen muss.

Ob es wirklich zieht oder nicht, kann man ganz leicht mit einer Kerze austesten.

Da liegt der Fehler. Man muss das Luftvolumen nicht warm bekommen. Es reicht völlig aus, die Auskühlflächen zu erwärmen (in der Regel die Aussenwand), dann bleibt der Raum warm.

Hierfür ist Wärmestrahlung wichtig und notwendig und kein Quatsch mit der Warmluft.

Warmluft versaut nur das Raumklima, sorgt für Staub in der Atemluft durch Luftumwälzung, kalte Füße und erhöhte Schimmelgefahr an den unteren, da kühleren Wandbereichen.

Mit einem Anemometer kann man die Luftgeschwindigkeit messen. Mehrmals messen, fotografieren und dem Vermieter mitteilen. Nicht dem Verwalter, das sind meistens irgendwelche Kasper, die von nix eine Ahnung haben.

Die Dinger gibt's schon für ein paar Euros.

https://www.ebay.de/itm/Mini-Digital-Wind-Speed-Gauge-Meter-Anemometer-Thermometer-NTC-C-F-LCD-Display/253114503126?hash=item3aeecccfd6:g:0CQAAOSwDehZoAio

Cooles Teil. ;-)

Was aber, wenn der Vermieter fest stellt, dass die Fenster trotzdem dicht sind und die Luftbewegungen auf Grund der Raumluftauskühlung an der kalten Fensterscheibe zu stande kommt.

Mein letzter 3,6m hoher Altbau (Mietwohnung) hatte sehr hohe Fenster, wo sich viel Luft trotz "moderner" Thermoverglasung (Fenster waren Bj. 2000) abkühlen konnte.

Kalte Luft fällt nun mal physikalisch bedingt nach unten.

@Onki73

Junge! Aber doch nicht so dass sich das Anemometer dreht!

@pharao1961

Aha. Also lässt sich der unangenehme Luftzug damit auch nicht finden. :-(

@Onki73

Wenn die Fenster dicht sind, ist es kein Luftzug, sondern Kältestrahlung. 

Alle Heizkörper komplett (unten und oben, rechts und links) gleich warm?

Mit einer Kerze in der Hand die Fensterrahmen "langfahren". Am Flackern erkennt man undichte / zugige Stellen. 

Ständig Kondenswasser deutet eher auf falsches Lüften oder Zuviel Luftfeuchtigkeit hin. Zweites wurde ausgeschlossen, 51 Prozent sind super. 

Bei kaltem Wetter ausschließlich Stoßlüften mit komplett geöffneten Fenstern und Türen, für wenige Minuten. 

Irgendwie ist das etwas widersprüchlich. Normalerweise hat man Kondenswasser an den Fenstern, wenn diese zu dicht sind.

Wenn es eine vernünftige Zirkulation im Raum gibt und vernünftig geheizt wird, kann das eigentlich nicht passieren.

Wie lüftet Ihr denn? Macht Ihr die Fenster komplett auf? Läuft die Heizung den gesamten Tag?

Stoßlüften 2-4xtgl. alle Fenster richtig auf, Türen mit Türstopper festgemacht das die bei Wind nicht knallen und dann solange lüften, bis die Fester - die ja beim Öffnen außen beschlagen - nicht mehr beschlagen sind. Räume sind ganztägig beheizt. Wohnzimmer, Küche Büro tags 22 nachts 20 Grad. Bad tags und nachts 23 Grad, Schlafzimmer tags und nachts 19 Grad, Kinderzimmer (wird momentan nur zum Stillen, wickeln, baden des Babys genutzt) ganztägig 22 Grad.

@Lomedala

Die Temperaturen sind absolut in Ordnung und im Normbereich. Nachts 20 Grad ist sogar eher zu viel als zu wenig.

Warum Sie dabei frieren, will sich mir nicht erschließen.

Sind Sie der Jahreszeit angepasst gekleidet oder in der Wohnung im T-Shirt?

4x täglich lüften ist zu viel. Zu viel des Guten ist auch nicht gut.

Türen zu Feuchträumen sollten immer geschlossen bleiben, da sonst die Feuchtigkeit in die gesamte Wohnung zieht und in den kühleren Räumen Kondenswasser bilden.