Umzug nicht anerkannt in Steuerbescheid: Ist beim Einspruch eine detaillierte Arbeitswegbeschreibung sinnvoll?
Hallo liebe Steuerexperten,
mein Umzug innerhalb Münchens im letzten Jahr wurde vom Finanzamt nicht als beruflich bedingt anerkannt. Ich spare mir dadurch jedoch erheblichen Arbeitsweg ein. Ist es üblich bzw. ratsam, bei meinem Einspruch eine kurze Erläuterung meines Arbeitsweges einzufügen? Zum Beispiel so:
Der Umzug war beruflich veranlasst, da sich durch den Umzug meine tägliche Fahrzeit zur Arbeitsstelle erheblich verkürzt hat. Vor dem Umzug war eine Anreise mit den öffentlichen Verkehrsmitteln notwendig, die durch fast tägliche Verspätungen der SBahn und/oder meines Busses durchschnittlich 45 Minuten in Anspruch nahm, im Winter meist bis zu einer Stunde. Nach dem Umzug erreiche ich nun täglich – auch im Winter und bei Regen – meine Arbeitsstelle innerhalb von 10 Minuten mit dem Fahrrad. Dies ergibt bei Hin- und Rückweg eine Einsparung von mehr als einer Stunde pro Tag. Wir bitten Sie, die Aufwendungen zu berücksichtigen und den Steuerbescheid entsprechend zu berichtigen.
Ohne die Erläuterung könnte man vermuten, dass ich nicht mindestens eine Stunde Arbeitsweg einspare. Schaut man zum Beispiel bei Googlemaps nach, wird natürlich ein bisheriger Anreiseweg mit den Öffis mit 30 bis 33 Minuten angezeigt. Da fehlen aber noch die ganzen Verspätungen. Vor allem im Winter war das immer sehr viel, da ich auf die Münchner Stammstrecke (und noch dazu eine Haltestelle am A der Welt) angewiesen war, die ja gerne und häufig ausfällt. Und auch, dass ich nun mit dem Fahrrad quasi zur Arbeit düse, weiß der Finanzbeamte ohne Erläuterung nicht unbedingt.
Was meint ihr? Kann man das so in den Einspruch reinschreiben? Ich freue mich sehr über jede Antwort. :-)
4 Antworten
Verkürzung von 30 auf 10 Minuten ist für mich keine entsprechend gültige Verkürzung
Beruflich veranlasst ist jeder Umzug, der die Entfernung zwischen
Wohnung und Arbeitsstätte erheblich verkürzt.
Das ist typischerweise der Fall, wenn sich die Dauer der täglichen Hin- und Rückfahrt insgesamt wenigstens zeitweise um mindestens eine Stunde ermäßigt (H 9.9 Erhebliche Fahrzeitverkürzung LStH 2015), auch wenn daneben noch private Gründe vorliegen (BFH-Urteil vom 23.3.2001, VI R 189/97, BStBl. 2002 II S. 56; BFH-Urteil vom 23.3.2001, VI R 175/99, BStBl. 2001 II S. 585).
Maßgeblich ist das Verkehrsmittel, das Sie nach dem Umzug tatsächlich benutzen. Dessen Fahrzeit wird dann verglichen mit der (ggf. fiktiven) Fahrzeit dieses Verkehrsmittels vor dem Umzug.
ABER
Dem Abstellen auf eine Fahrzeitersparnis von mindestens einer Stunde liegt die Überlegung zugrunde, dass die Aussicht auf eine mindestens einstündige Fahrzeitersparnis nach der Lebenserfahrung für viele Arbeitnehmer so bedeutsam ist, dass sie einen Umzug näher an den
Arbeitsplatz ernsthaft in Erwägung ziehen.
Hierbei ist der Regel- bzw. Standardfall in den Blick genommen, in dem aufgrund häufiger Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsplatz durch die regelmäßig tägliche Wegezeitverkürzung insgesamt eine hohe Zeitersparnis entsteht.
Das ist also nicht pauschal anzuwenden, sondern einzelfallbezogen zu betrachten.
Ein Umzug kann nach dem Urteil des FG München (FG München 12.8.08, 3 K 4289/06) aber auch dann beruflich veranlasst sein, wenn die Fahrt oder der Gang zur Arbeit hierdurch wesentlich verbessert wird; und zwar wenn
durch ein Umsteigen auf öffentliche Verkehrsmittel Zeit gespart wird
oder
ein Fußweg ermöglicht wird.
Daher ist hier der Einzelfall zu prüfen:
Du kannst die Arbeitsstätte nunmehr zu Fuß erreichen - das, i. V. m. einer erheblichen Zeitersparnis, rechtfertigt die Berücksichtigung der Umzugskosten als Werbungskosten, wenn keine erheblichen privaten Motive noch eine Rolle spielen sollten:
(BFH-Urteile vom 10. September 1982 VI R 95/81, BStBl II 1983, 16; vom 22. November 1991 VI R 77/89, BStBl II 1992, 494; BFH-Beschluss vom 2. Februar 2000 X B 80/99; BFH/NV 2000, 945; Schmidt/Drenseck, EStG, 27. Aufl. 2008, § 19 Rz. 60, Stichwort Umzugskosten, m.w.N.).
In Deinem Einspruch solltest Du unbedingt auf den jetzigen Fußweg hinweisen und die entsprechenden Urteile anführen.
Sollte der Einspruch abgelehnt werden, sollte Klage eingereicht werden.
Man könnte im Einspruch auch noch erwähnen, daß in Deinem Fall eine pauschale Beurteilung (welche das FA wahrscheinlich schematisch vorgenommen hat) aus den oben genannten Gründen nicht angebracht ist, sondern das, in diesem besonderen Fall, der Einzelfall geprüft werden muß.
Ich würde sagen, du solltest es versuchen und genau den Zeitaufwand beschreiben. Schaden kann es ja eh nicht, vielleicht stimmst du aber das Finanzamt um mit deiner Darstellung.
Die Mühe kannst du dir sparen. Du müsstest schon pro Weg mindestens eine ganze Stunde weniger Fahrzeit haben.
Hallo HerrRaabe,
danke für die Antwort. Ich bin bisher aber davon ausgegangen, dass sich die Zeitersparnis von mindestens einer Stunde auf den gesamten Tag bezieht, also bei Hin- und Rückweg schon eine halbe Stunde jeweils ausreichend sind. So habe ich es immer wieder in verschiedenen Ratgebern gelesen, zum Beispiel hier:
"Der Arbeitnehmer verkürzt seine Fahrtzeit vom Wohnort zur Arbeitsstätte und zurück um wenigstens eine Stunde pro Tag, also ca. 30 Minuten pro Fahrt."
pro Weg --> das ist falsch; zudem spielt der Zeitfaktor nicht die alleinige Rolle.
10 Min. mit dem Fahrrad...
Hier würde auch m. E. greifen, daß auf jeden Fall der Weg zur Arbeit wesentlich erleichtert wird - der Fußweg wäre eine zusätzlich Alternative - man ist verkehrsmittelunabhängig und die Zeitersparnis ist zudem in beiden Fällen auch hoch.
Du hast schon richtig in Deinem Einspruch angemerkt, daß aufgrund hohen Verkehrsaufkommens und im Winter die Fahrzeiten erheblich länger sind, als nach den Fahrplänen vorgesehen; daher kann die reine Fahrzeit des Fahrplans nicht berücksichtigt werden.
Das "Gesamtpaket" spricht eindeutig für eine Anerkennung als Werbungskosten.