Überstunden in der ambulanten Pflege

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Ja, Du kannst Du weigern, zumindest je nach Situation - und vielleicht auch nur theoretisch!

Das Problem einmal nur von der rein rechtlichen Seite betrachtet und ohne Berücksichtigung des allgemeinen Problems des Personalmangels im Pflegebereich:

Kein Arbeitnehmer ist verpflichtet, länger als vertraglich vereinbart zu arbeiten, wenn es nicht dringende betriebliche Notwendigkeiten gibt, die die Anordnung von Mehrarbeit/Überstunden (und die Verpflichtung der Arbeitnehmer, sie zu leisten) rechtfertigen!!

Zu den "dringenden betrieblichen Notwendigkeiten" gehören nicht schon alleine organisatorische Probleme des Arbeitgebers oder personelle Engpässe bei Urlaub oder Krankheit (oder überhaupt), sondern es muss sich um "Notfälle" handeln: - ein Lager mit empfindlichen Lebensmitteln muss wegen ausgefallener Kühlung umgeräumt werden; - ein für den Betrieb überlebenswichtiger Auftrag kann nur mit Überstunden erledigt werden; - ohne Überstunden geraten Pflegepatienten in Gefahr (was aber nicht alleine mit der Begründung "zu wenig Kräfte" erklärt werden darf) usw.

Nur unter diesen Voraussetzungen und bei dringenden betrieblichen Bedürfnissen (gibt es einen Betriebsrat: nur wenn er zugestimmt hat) ist der Arbeitgeber zur Anordnung von Überstunden berechtigt, die allerdings rechtszeitig - im allgemeinen wird von 4 Tagen Vorlauf gesprochen - angekündigt werden müssen (was für aktuelle Notfälle natürlich nicht gilt); dann sind sie vom Arbeitnehmer bei entsprechender arbeitsvertraglicher Vereinbarung aber auch zwingend zu leisten.

Da es bei euch einen Betriebsrat gibt, muss er jeder Verlängerung der Arbeitszeit zustimmen; tut er das, ist die Mehrarbeit verpflichtend (seine Aussage mit den 10 Stunden und den 4 Tagen ist übrigens Unsinn: Das Arbeitszeitgesetz ArbZG erlaubt eine Verlängerung der maximalen werktäglichen Arbeitszeit von 8 Stunden auf 10 Stunden, verlangt aber einen Ausgleich auf durchschnittlich 8 Stunden innerhalb eines Zeitraums von 6 Monaten/24 Wochen).

Aber auch dabei muss der Arbeitgeber immer die berechtigten privaten Interessen der Arbeitnehmer berücksichtigen und mit den betrieblichen Interessen abzuwägen (Anordnung von Überstunden "nach billigem Ermessen"); die Berufung alleine auf sein Direktionsrecht ist keine ausreichende Legitimation.

Das gilt insbesondere für Teilzeitkräfte, die schließlich ausdrücklich nur einen bestimmten Teil ihrer allgemein verfügbaren Arbeitskraft und Arbeitszeit ihrem Arbeitgeber zur Verfügung stellen wollen; das Verlangen nach Überstunden ist aus rein rechtlicher Sicht nicht berechtigt (von den beispielsweise genannten Notfällen und dringenden betrieblichen Notwendigkeiten abgesehen)!

Also kurz gesagt: Du bist ohne dringende betriebliche Notwendigkeit nicht zur Ableistung der Überstunden verpflichtet - und "zu wenig Personal" begründet ganz sicher keine "betriebliche Notwendigkeit"!

Inwieweit Du Dich damit gegenüber Deinem Arbeitgeber durchsetzen kannst, ist natürlich eine ganz andere Sache: "Recht haben" und "Recht bekommen" .... Am besten sprichst Du ihn an auf diese Diskrepanz zwischen Deinen Arbeitszeitvorstellungen, die ja ihren Niederschlag in Deinem Teilzeit-Arbeitsvertrag gefunden haben, und seinen ständigen Überstundenanforderungen.

Viele Informationen zum Thema "Überstunden" findest Du auch hier: http://www.hensche.de/Ueberstunden_Arbeitsrecht_Ueberstunden.html#tocitem3 oder sonst im Internet, wenn Du die Begriffe "Überstunden/Mehrarbeit" und "Teilzeit" z.B. bei Google eingibst.

An deiner Stelle würde ich mich krankschreiben lassen und die Zeit nutzen, mich rechtlich beraten zu lassen. Du hast hoffentlich eine Arbeitsrechtsschutzversicherung? Du könntest auch überlegen, in die Gewerkschaft einzutreten, dann hast du automatisch einen Rechtsbeistand. Such dir am besten einen neuen Arbeitgeber!

Viel Glück!

@ Allyathome:

Und wie lautet jetzt die Antwort auf die eigentliche Frage: "Kann ich micht weigern?"?

Sehr "hilfreiche" Antwort, mit der die Frage nun wahrhaftig nicht beantwortet wurde! :-(

Such Dir einen anderen Arbeitgeber . Pflegekräfte werden überall gesucht.

Weglaufen ist aber auch keine Lösung ,das Team ist o.k. Das ist alles erst seit wir einen neuen Geschäftsführer haben .Gibt es keine rechtliche Grundlagen? Die können doch mit einem nicht machen was sie wollen!

@javene

Weglaufen ist aber auch keine Lösung

So ist es!

Das ist alles erst seit wir einen neuen Geschäftsführer haben.

Das heißt, dass es diese Probleme erst unter dem neuen Geschäftsführer gibt und dass es unter der alten Geschäftsführung anders lief?

Wenn das wirklich so ist, stützt das um so mehr die Erklärungen in meiner Antwort, dass es sich nicht um "Notfälle" und "betriebliche Notwendigkeiten" handelt, sondern um um ein Missmanagement in der Geschäftsführung und der Zeit- und Personalplanung!

Ich habe außerdem den sehr starken Eindruck, dass euer Betriebsrat absolut inkompetent ist und völlig versagt!

@Familiengerd

Vielen Dank für eine kompetente Antwort.Die Probleme bestehen seit dem neuen GF,weil der alte GF Minus eingefahren hat. Auf unsere Kosten soll nun alles bereinigt werden (Wirtschaftsprüfung).Viele Kollegen haben die Brocken schon geschmissen, dafür wurden keine neuen eingestellt,Auch eine lukrative Art Kosten zu sparen! Der BR wurde schnell aus dem Boden gestampft ,hat wenig Ahnung ,hast du richtig erkannt.

@javene

Es kommt jetzt offensichtich ganz auf Dich alleine an, ob und wie Du etwas an Deiner Situation in diesem Betrieb änderst.

Und weil Du das Recht, das Du "hast", nicht alleine auch schon deswegen "bekommst", ist es eine Frage des "Standings" gegenüber Deinem Arbeitgeber, ob Du Dich ihm gegenüber - zur Durchsetzung Deines Rechts - physisch und psychisch-mental durchsetzen kannst: das erfordert Kraft und starke Nerven - und ich wünsche Dir viel davon!

Was ich ansonsten immer wieder nur raten kann, aber vielzuviele Arbeitnehmer leider ignorieren: Die Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft (hier Verdi) kostet nicht "die Welt" - aber man steht dann nicht alleine da und hat Rechtsschutz!

@ Lady67:

Und wie lautet jetzt die Antwort auf die eigentliche Frage: "Kann ich micht weigern?"?

Sehr "hilfreiche" Antwort, mit der die Frage nun wahrhaftig nicht beantwortet wurde! :-(