Überstunden bei betrieblicher Notwendigkeit

4 Antworten

Kein Arbeitnehmer ist verpflichtet, länger als vertraglich vereinbart zu arbeiten, wenn es nicht dringende betriebliche Notwendigkeiten gibt, die die Anordnung von Mehrarbeit/Überstunden (und die Verpflichtung der Arbeitnehmer, sie zu leisten) rechtfertigen!!

Zu den "dringenden betrieblichen Notwendigkeiten" gehören nicht schon alleine organisatorische Probleme des Arbeitgebers oder personelle Engpässe bei Urlaub oder Krankheit (oder überhaupt), sondern es muss sich um "Notfälle" handeln: - ein Lager mit empfindlichen Lebensmitteln muss wegen ausgefallener Kühlung umgeräumt werden; - ein für den Betrieb überlebenswichtiger Auftrag kann nur mit Überstunden erledigt werden; - die notwendige Versorgung von zu betreuenden Kindern ist ohne Überstunden nicht gewährleistet usw.

Gibt es einen Betriebsrat, dann gilt, dass der Arbeitgeber Überstunden nur mit dessen Genehmigung anordnen darf - die dann für die Arbeitnehmer aber zwingend verbindlich sind.

Nur unter diesen Voraussetzungen und bei dringenden betrieblichen Bedürfnissen ist der Arbeitgeber zur Anordnung von Überstunden berechtigt - die der Arbeitnehmer bei entsprechender arbeitsvertraglicher Vereinbarung dann aber auch zwingend zu leisten hat.

Aber auch dabei muss der Arbeitgeber immer die berechtigten privaten Interessen der Arbeitnehmer zu berücksichtigen und mit den betrieblichen Interessen abzuwägen (Anordnung von Überstunden "nach billigem Ermessen"); die Berufung alleine auf sein Direktionsrecht ist keine ausreichende Legitimation.

Das gilt insbesondere für Teilzeitkräfte, die schließlich ausdrücklich nur einen bestimmten Teil ihrer allgemein verfügbaren Arbeitskraft und Arbeitszeit ihrem Arbeitgeber zur Verfügung stellen wollen; das Verlangen nach Überstunden ist hier absolut unberechtigt (von den beispielsweise genannten Notfällen und betrieblichen Notwendigkeiten abgesehen)!

Also kurz gesagt: Du bis nicht zur Ableistung der Überstunden verpflichtet!

So weit die rechtliche Situation, wann Überstunden zu leisten sind und wann nicht. Es gibt dazu keine spezielle Gesetzgebung, sondern diese "Bestimmungen" beruhen auf der Praktizierung von Richterrecht, also der Rechtsprechung. Inwieweit Du Dich damit gegenüber Deinem Arbeitgeber durchsetzen kannst, ist natürlich eine ganz andere Sache: "Recht haben" und "Recht bekommen ...".

Viel Informationen zum Thema "Überstunden" findest Du auch hier: http://www.hensche.de/Ueberstunden_Arbeitsrecht_Ueberstunden.html#tocitem3

Vielen Dank für die erleichternde Nachricht! Kann man das irgendwo nachlesen bzw ausdrucken (Gesetzt oder sowas) das ich das meiner Leitung mal beweiskräftig unter die Nase halten kann oder sind das deine eigenen Worte, die so gut klingen?

@emilyandy

Leider sind das nur meine eigenen "gut klingenden" Worte und nicht das als "Eigenes" ausgegebene Zitat aus einer Schrift.

Es gibt dazu keine dezidierten Gesetz speziell zu dieser Problematik, sondern "lediglich" Richterrecht, also Rechtspraxis aufgrund von Rechtsprechung.

In der Broschüre des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales "TEILZEIT – ALLES WAS RECHT IST. Rechtliche Rahmenbedingungen für Arbeitnehmer und Arbeitgeber" heißt es auf Seite 34:

Überstunden - Teilzeit wird von Mitarbeitern oft mit dem Ziel vereinbart, mehr freie Zeit zu gewinnen. Die so gewonnene freie Zeit nutzen sie zumeist für Familienarbeit. Sie ist dann für die Berufsarbeit nicht mehr frei verfügbar. Im Regelfall darf der Arbeitgeber deshalb Überstunden außerhalb der fest geplanten Arbeitszeiten nicht einseitig anordnen. Eine solche Befugnis muss vielmehr ausdrücklich im Arbeitsvertrag festgelegt sein. Etwas anderes gilt in Notfällen oder wenn dem Betrieb ein schwerer Schaden droht; dann müssen alle aufgrund ihrer Treuepflicht Überstunden leisten. Soweit der betroffene Arbeitnehmer aber einverstanden ist, kann die Arbeitszeit auch ohne eine solche allgemeine Vertragsbestimmung im Einzelfall vorübergehend heraufgesetzt oder umverteilt werden. Wenn der Arbeitgeber bei der Umverteilung von Arbeitszeit die Wünsche der Arbeitskräfte einbezieht, dann sind diese auch seinen berechtigten Wünschen gegenüber aufgeschlossen. Die Praxis zeigt, dass dies der richtige Weg zu funktionierender Teilzeit ist. Auch hier gilt der Rahmen des Arbeitszeitgesetzes.

( http://www.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/PDF-Publikationen/a263-teilzeit-alles-was-recht-ist.pdf?__blob=publicationFile )

Auf der Seite des D.A.S. Rechtsschutzes steht:

Mehrarbeit bei Teilzeitbeschäftigung - Überstunden sind durch Ihre Teilzeitbeschäftigung für Sie eigentlich passé. Schließlich haben Sie Ihre Arbeitszeit nicht reduziert, um mehr Zeit für mehr Arbeit zu haben. Überstunden können daher für Sie nur angeordnet werden, wenn sie im Arbeits- oder Tarifvertrag ausdrücklich vorgesehen sind.

( das.de/de/rechtsportal/arbeitsrecht/arbeitsverhaeltnisse/teilzeit.aspx )

... usw. usw. Im Internet gibt es viele Seiten bei Eingabe der Suchbegriffe und Kominationen "Überstunden", Mehrarbeit", "Teilzeit" (hier kann und darf leider nur ein vollständiger Link eingegeben werden).

Ruf bei der GEW an (wenn du noch nicht Mitglied bist -> eintreten) und kläre das konkret mit denen. Das hängt von so vielen Faktoren und Umständen ab, dass man das so pauschal nicht beantworten kann.

betriebliche notwendigkeit bedeutet in sehr vielen betrieben jede woche ueberstunden.

Es ist aber nur die Frage, was eine "betriebliche Notwendigkeit" überhaupt sein soll, um damit Überstunden zwingend verlangen zu können!

@Familiengerd

die notwendigkeit besteht in einer chronischen unterbesetzung, ganz einfach.

@howelljenkins

Eben nicht!

Eine chronische personelle Unterbesetzung alleine zählt noch längst nicht zu den betrieblichen Notwendigkeiten, die die Anordnung von Überstunden (und die Verpflichtung für den Arbeitnehmer, sie zu leisten) durch den Arbeitgeber rechtfertigen.

Wenn das IMMER so ist, dann ist das nicht in Ordnung.