Trunkenheit am Steuer, wann Freiheitsstrafe?

4 Antworten

Hier treffen die §§ 316 und 315c StGB zu.

Beide haben gemeinsam, dass der Führer eines Kraftfahrzeuges infolge von Genuss alkoholischer Getränke nicht im Stande war sein Kraftfahrzeug sicher zu führen.

Jedoch gibt es im § 315c StGB einen großen Unterschied. Hier kommt der wichtige Absatz:

"und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren oder mit Geldstrafe bestraft." 

Im § 316 StGB ist die Maximalstrafe 1 Jahr Freiheitsentzug oder Geldstrafe. 

Der Unterschied von der Möglichkeit der milderen Bestrafung aus § 316 StGB und der Möglichkeit der viel härteren Bestrafung aus § 315c StGB liegt nun darin, ob durch die Trunkenheit des Kfz Führers eine Gefährdung eines anderen Menschen oder eine Gefährdung von fremden Sachen vorgelegen hat.

Lag diese Gefährdung gerade nicht vor, so darf nur das mildere Strafgesetz aus § 316 StGB angewandt werden.

Ich gehe jetzt mal davon aus das dein Cousin nicht vorbestraft ist. Vor allem nicht wegen Verkehrsdelikten. 1,9 Promille ist schon relativ viel. Auch unter der Voraussetzung eines Geständnis deines Cousin denke ich, dass hier eine Freiheitsstrafe von 6 Monaten, ausgesetzt zur Bewährung - Bewährungszeit 2 Jahre - , tat- und schuldangemessen wäre.

Wenn jetzt eine schriftliche Polizei Vorladung an deinen Cousin ergeht, dann soll dieser nicht zur Polizei gehen. Das ist trotz Vorladung keine Pflicht. Er bekommt dadurch keinen Haftbefehl, keinen Besuch der Polizei und auch sonst keinen Ärger.

Als Beschuldigter sollte man niemals bei der Polizei aussagen. Die Polizei handelt nie so neutral, wie es ein Gericht handhabt. Aussagen bei der Polizei können vor Gericht immer gegen einen verwendet werden. Vor allem dann, wenn sich die Aussagen vor Gericht mit denen von der Polizei widersprechen.

Also bitte nicht bei der Polizei aussagen. Auch vor Gericht selbst müssen nur Angaben nach § 111 OwiG gemacht werden. Zur Sache selbst darf man immer schweigen oder nur äußern, was man möchte. Ein schweigen stellt im Strafrecht niemals ein Schuldeingeständnis dar.

Da der Cousin hier wohl aber offensichtlich nach seinen Unfall polizeilich registriert wurde, wäre ein Geständnis ratsam.

Wenn die Anklage der Staatsanwaltschaft auf § 315c StGB lautet, sollte sich dein Cousin einen Rechtsanwalt suchen. Hat er nicht die Mittel für einen Rechtsanwalt, dann wird ihm einer gestellt. Zumindest dann, wenn das Gericht von einer Freiheitsstrafe ( auch zur Bewährung ) von mindestens einem Jahr sowie von Mittellosigkeit ausgeht.

Die Anklage stellt nur einen Richtwert dar. Nur weil zum Beispiel § 315c StGB angeklagt wird, bedeutet dies noch lange nicht das dein Cousin auch nach § 315c StGB verurteilt wird. Er kann auch wesentlich milder ( eben nach § 316 StGB ) verurteilt werden.

Jedoch kann es sein, dass eine Straftat nach § 315c StGB angeklagt wird und sodann vorm Amtsgericht - Schöffengericht - verhandelt wird. Schöffengericht bedeutet:  Verhandlung vor dem Strafrichter und 2 Schöffen mit einer Straferwartung von mindestens 2 Jahren Freiheitsstrafe.

Eine Verhandlung vor dem Strafrichter als Einzelrichter bedeutet dagegen, dass eine Maximalstrafe von 2 Jahren Freiheitsentzug ausgesprochen werden kann. Alle Freiheitsstrafen über 2 Jahre können nicht mehr zur Bewährung ausgesetzt werden.

Gefällt deinem Cousin das Urteil nicht, kann er das Rechtsmittel der Berufung einlegen. Dann wird vor dem Landgericht noch mal das Ganze erneut verhandelt. Das Urteil kann dann genauso oder milder ausfallen.

Die Staatsanwaltschaft kann auch Berufung einlegen. Zu Gunsten des Angeklagten oder zu dessen Ungunsten. Legt sie letzteres ein, kann das Urteil auch schlechter als beim Amtsgericht ausfallen.

Legt nur der Cousin Berufung ein, aber nicht die Staatsanwaltschaft, dann darf das Urteil des Landgericht nicht schlechter gegenüber dem des Amtsgericht ausfallen. 

Danke für diese ausführliche und kompetent anmutende Antwort!Es wurden keine Personen beschädigt, allerdings hat die Schranke des Sparkassen Parkplatzes etwas abbekommen. Greift nun evtl. doch der gravierendere Paragraph, bzw. droht nun das Absitzen der Freiheitsstrafe anstelle der Bewährung?

Darf ich fragen, woher Sie die Kenntnisse haben, sind Sie Jurist?

Muss er mit einer Freiheitsstrafe rechnen, kennt sich da jemand aus?

§§ 315 ff StGB.

Ab 1,1% liegt grundsätzlich eine vollständige Fahrunfähigkeit und damit eine Straftat vor.

Er sucht am Montag umgehend einen Strafverteidiger auf (ca. 800,- € mitnehmen).

Langsam. Hier trifft wahrscheinlich § 316 StGB zu. Denn offensichtlich wurde kein Mensch und keine fremde Sache gefährdet.

Und nicht jeder hat mal eben 800 € übrig. ( wobei die genannte Summe an sich nicht unrealistisch ist. )

@MoralRechtRat

Hier trifft wahrscheinlich § 316 StGB zu.

Seh ich auch so. Anhand der Sachverhaltsdarstellung des Fragestellers, die jetzt nicht gerade umfangreich ist.

Und nicht jeder hat mal eben 800 € übrig. ( wobei die genannte Summe an sich nicht unrealistisch ist. )

P-TK-Pauschale, Termins- und Verfahrensgebühr etc. ohne Erhöhung oder Verminderung sind 700 und ein paar Zerquetschte.

@kevin1905

Ich weiß. Hat mir auch ein erfahrener Rechtsanwalt im Mai 2014 erst bestätigt.

Gefängnis ist bei einem Ersttäter, der nur Sachschaden verursacht hat, auf keinen Fall zu erwarten.

Allerdings dürfte eine Geldstrafe in Höhe von 30-45 Tagessätzen sowie ein Entzug der Fahrerlaubnis anstehen. Die Fahrerlaubnis kann er nach der Sperrfrist und einer bestandenen MPU neu beantragen.


Ab 1,1 kann schon eine Gefängnisstrafe bis zu 5 Jahren in Betracht gezogen werden

Gefährdung anderer liegt hier nicht vor, daher wohl ehr 1 bis 2 Jahre.

SFDLS:  Das hat weniger etwas mit dem Promillewert, als vielmehr mit der Gefährdung Dritter oder Sachen zu tun. § 316 StGB im Vergleich zu § 315c StGB .