Strafrecht: Beihilfe zu Auslandstat - Klausuraufbau?
Angenommen ein Täter begeht im Ausland eine Straftat auf die nach den §§ 3ff StGB das deutsche Strafrecht keine Anwendung findet. Zur Strafbarkeit im Ausland ist nichts bekannt, dies soll auch nicht geprüft werden.
In der Klausur scheitert die Prüfung dann schon an der prozessualen Frage der Anwendbarkeit des deutschen Strafrechts, also noch bevor der Tatbestand geprüft wurde.
Wenn nun anschließend die Strafbarkeit eines Gehilfen geprüft wird, der von Deutschland aus dem Haupttäter geholfen hat, so erfordert dies ja eine vorsätzliche, rechtswidrige Haupttat.
Deren Tatbestand habe ich aber beim Haupttäter noch gar nicht geprüft, eine Verweisung nach oben ist also nicht möglich.
Muss dann an dieser Stelle inzident der Tatbestand der Haupttat nach deutschem Recht geprüft werden (obwohl dieses wie oben festgestellt auf die Haupttat keine Anwendung findet)?
2 Antworten
Ohne die Aufgabenstellung jetzt genau zu kennen (und daher ohne zu wissen, was nach dem Bearbeitervermerk zu prüfen ist und was nicht), vermute ich stark, dass im Rahmen der Prüfung des Teilnehmers die vorsätzliche, rechtswidrige Haupttat inzident geprüft werden muss.
Die Vorschrift, die dafür maßgeblich ist, ist § 9 Abs. 2 S. 2 StGB:
"Hat der Teilnehmer an einer Auslandstat im Inland gehandelt, so gilt für die Teilnahme das deutsche Strafrecht, auch wenn die Tat nach dem Recht des Tatorts nicht mit Strafe bedroht ist."
Sofern nach deutschem Recht ein entsprechender Straftatbestand existiert, wird die vorsätzliche rechtswidrige Haupttat nach dieser Vorschrift fingiert, sodass ein Teilnehmer zu dieser (fingierten) Haupttat Beihilfe leisten und dafür nach deutschem Recht bestraft werden kann.
Zunächst einmal solltest Du sichergehen, dass die Tat des Haupttäters wirklich nicht nach deutschem Recht strafbar ist. Die Erfahrung zeigt, dass es in Klausuren und Hausarbeiten gerne Konstellationen gibt, in denen doch von der Anwendbarkeit des StGB auszugehen ist. Falls du einen konkreten Sachverhalt vor Augen hast, kannst du den ja gerne hier hochladen.
Darüber hinaus gelten die Vorschriften des StGB AT gem. Art. 1 Abs. 1 EGStGB für das gesamte Bundesrecht. Eine Beteiligung nach §§ 26, 27 StGB an einer Straftat nach ausländischem Recht ist daher nicht möglich. Eine inzidente Prüfung kann es daher nicht geben.
My bad. Den § 9 Abs. 2 S. 2 StGB habe ich übersehen. Dann müsstest du in der Tat die Haupttat inzident prüfen und dabei die Anwendbarkeit deutschen Strafrechts unterstellen.
In dem Fall geht es um eine von einem Amerikaner in den USA auf dortigen Servern veröffentlichte Holocaustleugnung, für die ein Deutscher in Deutschland eine Grafik angefertigt hat.
Es geht also primär um §130 StGB und die Beihilfe dazu. Handlungsort der Haupttat ist offensichtlich das Ausland
Die Volksverhetzung ist ein abstrakt-konkretes Gefährdungsdelikt, bei der die Frage nach dem Erfolgsort strittig ist. Nach der neueren Rechtsprechung (entgegen der alten BGH Rspr. im „Auschwitz-Lügen Fall“) liegt in der Eignung zur Störung des öffentlichen Friedens in Deutschland jedoch kein Erfolg im Inland, deutsches Strafrecht ist also nicht über §9 StGB anwendbar.
Was den Gehilfen betrifft sagt §9 II 2 StGB aber dennoch „Hat der Teilnehmer an einer Auslandstat im Inland gehandelt, so gilt für die Teilnahme das deutsche Strafrecht [...]“
Der Gehilfe hat ja im Inland gehandelt, daher müsste die Beihilfe schon nach deutschem Strafrecht zu ahnden sein