Sind Filmparodien legal?

4 Antworten

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Hallo MovieRoad,

das ist eine ziemlich komplizierte Frage.

Fangen wir mal mit dem Urheberrecht an. Einfach Filmmaterial auf Youtube verwenden ist natürlich urheberrechtswidrig, selbst wenn man sie in eine eigenes, neues Werk einbindet:

https://youtube.com/watch?v=IVWz5Tb5OeI

Nun gibt es jedoch einige Ausnahmen vom Urheberrecht. Eine davon ist die "Freie Benutzung".

§24 UrhG

(1) Ein selbständiges Werk, das in freier Benutzung des Werkes eines
anderen geschaffen worden ist, darf ohne Zustimmung des Urhebers des
benutzten Werkes veröffentlicht und verwertet werden.

Dieser Paragraph hat normalerweise nur sehr eingeschränkte Bedeutung für die praktische Rechtslage. Denn Richter sehen eine "freie Benutzung" regelmäßig erst dann als gegeben, wenn der benutzte Inhalt so weit "verblasst" ist, dass er gar nicht mehr im neuen Werk erkennbar ist.

Glücklicherweise ist selbst dem Bundesgerichtshof irgendwann klar geworden, dass man etwas nicht parodieren kann, ohne dass man es erkennt. Deswegen urteilte er im Jahre 1971:

Bildet den Gegenstand einer Parodie ein unter Urheberschutz stehendes
Werk, so darf die Parodie nur dann ohne Genehmigung des Urhebers des
parodierten Werkes vervielfältigt und verbreitet werden, wenn sie ein
selbständiges Werk darstellt, das in freier Benutzung des parodierten
Werkes geschaffen worden ist. Ob und inwieweit urheberrechtlich
geschützte Teile des parodierten Werkes unverändert oder mit
unwesentlichen Änderungen in die Parodie übernommen werden dürfen, hängt u. a. davon ab, inwieweit die Entlehnung erforderlich ist, um die
parodistische Wirkung zu erreichen.

Urheberrechtlich geschütztes Material zu benutzen ist für Parodien also erlaubt, wenn dieses Material unbedingt für die Parodie notwendig war.

Das war jetzt die rechtliche Komponente der Sache. Das Problem: Es gibt auch eine technische.

Copyright-Claims werden bei Youtube durch die Youtube-Content-ID ausgelöst. Das ist eine Software, die alle hochgeladenen Videos auf urheberrechtlich geschütztes Material überprüft. Was die Youtube-Content-Id in der Datenbank hat, wird sofort gesperrt.

Das Problem: Die Content-Id ist ja nur ein dummes Programm. Sie bemerkt nicht zu welchem Zweck Video-Material verwendet wird, sondern nur, dass es da ist.

Wenn dir also ein Video gesperrt wird, von dem du aber der festen Überzeugung bist, dass es eine legale Parodie ist, bleibt dir nichts übrig, außer den Copyright-Claim anzufrechten. Wie das geht zeigt Hank Green in diesem Video:

https://youtube.com/watch?v=ZM9Z9us-urI

Die Anfechtung solltest du auf deutsch und englisch schreiben. Und du solltest schreiben, dass deine Parodie sowohl nach der amerikanischen Fair use Regelung als auch nach der deutschen "freien Benutzung" erlaubt ist.

So. Ich hoffe ich konnte dir helfen. (Und ich hoffe du hast diesen Monstertext überhaupt gelesen)

Danke und ja, ich hab den Text gelesen. Danke für so eine ausführliche Antwort.

Wenn ich also einen komplett neuen Ton nehme und ein paar Filter über das Video mache sowie den Film witziger mache (also die Handlung verändere) ist das ganze legal? Oder reicht es schon, sagen zu können das die Clips, die ich aus dem Film kopiert habe, notwendig für Handlung und Wirkung der Parodie sind?

@MovieRoad

Hmmm vielleicht wird es klarer, wenn ich nochmal ein Zitat aus dem Urteil von oben bringe:

Das Kennzeichen einer Parodie ist in der Regel die antithematische Behandlung (BGHZ 26, 57 1 ). Richtet sie sich gegen die in einem bestimmten einzelnen Werk oder gegen die im gesamten Schaffen eines Schriftstellers oder Künstlers zum Ausdruck gelangten Eigenheiten der Formgebung oder des Inhalts, so behält sie zumeist Stil und Manier des Vorbilds bei, schiebt diesen aber einen nicht mehr entsprechenden Inhalt unter, wodurch die angegriffenen Eigenschaften ins Komische oder Satirische gezogen werden.

Die Parodien, die du verlinkst hast, waren eigentlich ganz gute Beispiele: Die haben zum Beispiel die Szene mit Gandalf genommen, wo er die Kerze anschaut und haben einen völlig belanglosen Text darunter gelegt. Das macht die Sache komisch.

Genauso: Die Szene aus Star Wars, wo die sich im Jedi-Rat plötzlich über das Sitzungsprotokoll der letzten Sitzung unterhalten. Und Obi Wan plötzlich geschockt ist, weil er es vergessen hat.

Die beiden Beispiele sind lustig, weil der neue Text dem Bewegtbild einen völlig neuen Sinn gibt, dem Zuschauer aber klar ist, dass das nicht der Original-Sinn ist. Deswegen ist das eine gelungene Parodie.

Genau so etwas musst du eben auch machen.

@ThomasMorus

Okay, verstanden. Danke für die Antwort.

In einer zulässigen Parodie werden Inhalte und Stilmittel des parodierten Originals verwendet - und eben parodiert, also überspitzt oder verfremdet.

Dazu kann ich einen Text verballhornen, oder ein Bild überspitzt nachäffen. Und ich muss dazu eine Message haben, die sich mit dem Original auseinandersetzt - am besten anti-thetisch, sonst wäre es ja keine Parodie, sondern nur ein kindisches Mimikri, ein belangloses (und daher gesetzlich nicht zulässiges) Nachäffen.

Zulässig ist es also unter Umständen, das Werk eines anderen Urhebers zu parodieren, um diesen zu kritisieren, zu decouvrieren, zu entlarven. Etwa durch die Veränderung eines Textes oder durch das Nachmalen eines Bildes.

Oder durch das Nachverfilmen eines Filmes. Aber es ist kein Grund ersichtlich, warum das Verwenden des Original-Filmes dazu nötig und zulässig sein sollte!

Denn damit wird vielleich das Werk des Drehbuchautors veralbert, aber gleichzeitig wird auch das Werk und die künstlerische Ausübung vieler Dutzend weiterer Künstler unentgeltlich verwendet. Und dafür ist keine rechtliche Grundlage zu erkennen!

Warum sollten Komponisten und Film-Musiker auf ihr Honorar verzichten, nur weil ein Urheber den Drehbuchschreiber parodieren möchte? Ganz zu schweigen vom Kameramann und von den Schauspielern?

Also drehe selbst eine Parodie auf Star Wars, mit eigener Musik, mit eigenen Bildern, dann wird im Streitfall ein Gericht darüber urteilen, ob es eine gelungene und damit zulässige und geschützte UrhG § 24 Freie Benutzung ist oder eine unzulässige Bearbeitung des fremden Werkes nach UrhG § 23. Siehe dazu bitte http://www.schmunzelkunst.de/saq.htm#freinutz

Wenn du aber fremdes Bildmaterial benutzt, dann müsstest du schon eine Art von Collage erstellen, bei der das Original nur noch Spielmaterial ist für dein eigenes Werk. Ein paar Filter nützen da gar nichts!

Gruß aus Berlin, Gerd

Okay, also besser alles selbst machen. Was meinst du mit "Eine Art von Collage"?

Und irgendwie widerspricht deine Antwort leicht der von ThomasMorus. Wenn ich jetzt so etwas wie in dem Link, den ich oben mit eingefügt habe, mache ist das dann okay, teileweise okay oder verboten?

@MovieRoad

Hallo Gerd,

das hier ist mal wieder einer der seltenen Fälle, wo wir uns nicht einig sind. Eine Neusynchronisation ist doch ein Paradebeispiel für eine "antithematische Benutzung" eines urheberrechtlich geschützten Inhalts.

Das bestehende Laufbild wird durch den neuen Ton in einen völlig neuen Kontext gestellt und dadurch entsteht die Komik. Sie entsteht auch nur, durch den Kontrast zwischen den Original-Bildern und dem neuen Text, der sie in einen neuen Kontext setzt. Wenn man den Film nachfilmen würde, würden genau diese komischen Elemente nicht mehr funktionieren.

Zudem wird durch die Synchronisation ja das Gesamtwerk und nicht nur ein Teil des Films parodiert. Drehbuschschreiber, Darsteller, Regisseur etc. sind ja gemeinschaftliche Urheber des Filmwerks. Es wird aber nicht ausschließlich das Drehbuch parodiert, wenn man einen Film neu synchronisiert, sondern das Gesamtwerk. Die Komik funktioniert in jeder Szene ja nur, weil der Zuschauer den gesamten Film schon kennt, und die Unterschiede in jeder Szene bemerken kann.

Ich glaube aber die juristische Bewertung dieses Falls hängt ein bisschen davon ab, was für einen Humor man hat ;)

PS: Gerd ich weiß nicht, ob du meinen neuen Rechtsblog schon gesehen hast: Hättest du da vielleicht Lust mal einen Gastbeitrag zu schreiben? http://thomas-hat-recht.de/

@ThomasMorus

Hallo Thomas,

was ist denn eine Parodie?

Wenn ich einen Film im Stil von Star Wars mache, und den Stil übertreibe, dann ist das eine Stil-Parodie: Der Zuschauer erkennt durch meine Übertreibung der Wesens-Elemente, mit welchen Mitteln George Lucas arbeitet, und wird deshalb künftig nicht mehr so leicht von diesen Mitteln vereinnahmt - oder findet sie gar lächerlich.

Es ist aber keine Parodie von Star Wars, wenn ich den Ton ändere, und ein Held furzt oder ruft "Wo bleibt meine Cola!" statt "Du bist die dunkle Seite der Macht!"

Das ist Verarschung. Das ist reine Blödelei. Vor allem ist da kein eigenes Werk zu erkennen, das das Orginal-Werk verblassen lässt.

Und dann gibt es noch Pseudo-Parodien, die lediglich vom Ruhm des Originals zehren möchten.

Ein genau passendes Urteil kenne ich nicht, ich verweise aber mal auf ähnliche Urteile:

http://www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/rk20000629_1bvr082598.html zu Heiner Müller und Brechts Erben.

http://www.heise.de/tp/artikel/31/31384/1.html zu angeblichen Asterix-Parodien.

Gruß aus Berlin, Gerd

Kleiner Scherz, den ich heute eben las bei Friedrich Torberg, Die Erben der Tante Jolesch:

Der Schauspieler Hans Moser war auf einer Faschingsparty, verkleidet, und der Gastgeber rief einen Hans-Moser-Parodie-Wettbewerb aus. Moser nahm unerkannt ebenfalls daran teil, und erreichte von drei Leuten den dritten Platz. Lehre: Die anderen beiden haben Moser nicht nur nachgeahmt, imitiert, sondern parodiert: Also ihn ponitiert übertrieben!

@MovieRoad

In dem Video https://www.youtube.com/watch?v=dEMSmh0_hGo&feature=youtu.be ist keine Parodie zu erkennen. Wer, glaubst du , parodiert hier was? Und mit welchem Ziel?

Zu einer Parodie gehört eine Imitiation von Inhalten oder von Stilmitteln oder von beidem. Zudem nötig ist noch eine Aussage des Parodiesten über das Parodierte. Üblicherweise wird der Parodierte oder dessen Werk durch Überspitzung der Lächerlichkeit preisgegeben.

Eine Veralberung ist aber keine Parodie. Zumindest keine im Sinne der Gerichte. "Ich sei, gewährt mir die Bitte, in eurer Skatrunde der Dritte" ist keine Parodie auf Schillers Bürgschaft, sondern eine Veralberung des - insbesondere des todernst gemeinten - Werkes.

Dadurch grenzt es wiederum fast an eine zulässige Parodie: Es wird möglicherweise der übertriebene Ernst des Orginals kritisiert. Ob man dazu den Text des Originals bzw. dessen Bearbeitung und Umgestaltung benötigt, wäre die Frage, die ein Gericht im Streitfall klären müsste.

Bei dem Video oben gibt es nichts zu klären: Die darin vorgetragenen Gags haben mit dem verwendeten Original-Material überhaupt nichts zu tun! Also ist keine Notwendigket zu erkennen, warum das Original-Material für die beabsichtigte Aussage verwendet werden muss.

Also lässt man es eben! Weil es nur ein Abkupfern ist, ein Missbrauch, eine dieser unzulässigen UrhG § 23 Bearbeitungen und Umgestaltungen: http://www.gesetze-im-internet.de/urhg/__23.html

Gruß aus Berlin, Gerd

Parodien sind grundsätzlich legal, solange kein Filmmaterial übernommen wird.

Es ist zwar richtig, dass Parodien gestattet sind. Das hat aber nichts damit zu tun, ob Filmmaterial darin verwendet wird.

Wenn du zum Beispiel den Film Herr der Ringe 1 zu 1 nachspielst ohne Material des Originalfilms zu verwenden, dann ist das trotzdem eine Urheberrechtsverletzung. Nicht nur am Buch, sondern auch am Film.

Es ist nur erlaubt, weil Film-Parodien eben erlaubt sind.

Ich weiß, ich meinte ja auch nur Parodien. Davon, dass man das Originale nachspielt, war nicht die Rede

Es ist illegal, aber meist sehen die Firmen das als Werbung und zeigen es nicht an