Sind 4 Stunden Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln zumutbar?

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Da aus der Frage nicht hervor geht, welche Leistungen die Bekannte bezieht - Alg 1 oder Alg2 - schauen wir in die fachlichen Hinweise zu § 10 SGB II, da die die Zumutbarkeit etwas weiter fassen.

Bei der Beurteilung der zumutbaren Pendelzeiten ist in der Regel die Entfernung zumutbar, die in der Region bei vergleichbaren Arbeitnehmern üblicherweise zwischen Wohnort und Arbeitstelle anfallen. Üblich sind Pendelzeiten, wenn sie nicht nur vereinzelt, sondern in größerem Umfang anfallen.
Als Vergleichswerte anzusetzen sind:
• bei einer täglichen Arbeitszeit von 6 Stunden: 2,5 Stunden Pendelzeit,
• bei einer tägliche Arbeitszeit von mehr als 6 Stunden: 3 Stunden Pendelzeit.
Soweit z. B. in ländlichen oder strukturschwachen Gebieten oder in Ballungsgebieten längere Pendelzeiten üblich sind, sollen diese zugrunde gelegt werden.

Grundsätzlich bedeutet Pendelzeit, die Zeit von Tür zu Tür, also incl. Fußweg.
Und da dürften 4h + Fußweg bei Teilzeitjob selbst in strukturschwachen Gebieten unzumutbar sein, wobei es möglicherweise noch darauf ankommt, wie sich die Arbeitszeit zusammensetzt.

http://www.arbeitsagentur.de/zentraler-Content/A01-Allgemein-Info/A015-Oeffentlichkeitsarbeit/Publikation/pdf/Gesetzestext-10-SGB-II-Zumutbarkeit.pdf

achso sie bekommt hartz4 und sie einer großen Stadt mit ca 200.000 Einwohnern. Das Jobangebot wäre aber ca 60 km weit weg

Kann das Sozialamt denn keinen Umzug bezahlen?

Manchmal muss man eben auch eine bittere Pille schlucken, um wieder ins Arbeitsleben zu kommen. Gerade nach "längerer Auszeit" sollte man froh sein, wieder einen Job zu haben und den Lebenslauf wieder besser aussehen zu lassen. Ich würde diese Stelle als Investition betrachten und die Fahrtzeiten in Kauf nehmen.

Ziel sollte es aber sein, nach ein paar Monaten länger arbeiten zu können, oder näher an die Arbeitsstelle zu ziehen.

Die Stelle ist auf ca ein Jahr befristet, deweiteren hat sie auch Familie, d.h ihr Mann müsste dann bei einem Umzug 4 Stunden Fahrt in Kauf nehmen...

Hallo PhysioFliege ,

Die Zumutbarkeit des Arbeitsweges bei Arbeitslosengeld I- Empfängern ist in § 121 IV S.2 SGB III geregelt. Danach ist eine Pendelzeit (Zeit für den Arbeitsweg) zumutbar, wenn sie bei einer Arbeitszeit von 6 Stunden insgesamt nicht mehr als zweieinhalb Stunden beträgt. Wenn in einer Region unter vergleichbaren Arbeitnehmern längere Pendelzeiten üblich sind, bilden diese den Maßstab.

Bei ALG II-Empfängern ist die Zumutbarkeit aus § 10 SGB II herzuleiten und kann je nach Fall bis zu 3 Stunden betragen. Voraussetzung ist dabei, dass die Ausübung der Arbeit die Erziehung des eigenen Kindes oder des Kindes der Partnerin oder ihres Partners nicht gefährdet wird. Dies ist dann nicht der Fall, wenn Betreuungsplätze in einer Tageseinrichtung sichergestellt sind.

Zusammenfassend,... 2 Stunden sind bei nur 20std. ggf. nicht zumutbar .

Das ist sicher zutreffend, sofern es sich um eine zwingende Maßnahme handelt.

Mir ist hier nur nicht ganz klar, ob es sich dabei um eine zwingende Maßnahme des Jobcenters handelt:

Eine gute Bekannte von mir möchte nach langer Auszeit wieder ins Berufsleben einsteigen.<

Im Sachverhalt sehe ich keine zwingende Maßnahme.

Sie hat vom Amt ein Angebot...<

Auf freiwilliger Basis kann die Arbeitsstelle auch in Tokio sein. Da greift das SGB nicht. Für meine dritte Arbeitsstelle z. B. (ca. 50 km einf. Entfernung) hätte ich unter Nutzung des ÖPNV jeweils einmal übernachten müssen.

Die "Zumutbarkeit" eines Arbeitsweges oder auch eines Schulweges setzt zunächst einmal die Pflicht voraus, daran teilzunehmen. Und die sehe ich aufgrund der Schilderung hier nicht.

Ich würde sagen: nein.

Schau mal:

"Als unverhältnismäßig lang sind im Regelfall Pendelzeiten von insgesamt mehr als zweieinhalb Stunden bei einer Arbeitszeit von mehr als sechs Stunden und Pendelzeiten von mehr als zwei Stunden bei einer Arbeitszeit von sechs Stunden und weniger anzusehen. Sind in einer Region unter vergleichbaren Arbeitnehmern längere Pendelzeiten üblich, bilden diese den Maßstab. "

http://www.sozialgesetzbuch.de/gesetze/03/index.php?norm_ID=0312100

Dieser Zeit- und Geldaufwand ist nicht zumutbar. Das Einkommen für 20 Stunden Arbeit steht in keinem vernünftigen Verhältnis zu den Fahrtkosten.

Aber in einer Stadt mit 200.000 Einwohner sollte doch eine entsprechende Arbeitsstelle zu finden sein.