Selbständiger Versicherungsagent - ein guter Job?

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Ich mache das Geschäft seit ca. 35 Jahren und hasse es!! Obwohl ich einen guten Kundenstamm habe, stehe ich permanent unter Druck. Krank werden oder mehr als 14 Tage Urlaub sind kaum drin, denn jeder Tag den ich nicht arbeite bedeutet fehlende Abschlüsse. Der Wettbewerb mit den Internetgesellschaften ist gewaltig. Da ich kein Drückertyp bin, will ich auch niemandem was aufschwätzen, was er nicht braucht oder nicht will. Das must du aber dauerhaft können, wenn du gut davon leben willst. Da kein Arbeitgeber sich an deiner Altersversorgung oder Krankenversichererung beteiligt, dir auch keine Lohnfortzahlung bei Krankheit zusteht und es kein Arbeitslosengeld gibt fall du aussteigen möchtest musst du 50% mehr verdienen (nach Betriebskosten) wie ein vergleichbarer Arbeitnehmer. Bei 60.0000,- € Provisionen, gehen ca. 12.000,- für Betriebskosten (Miete, Strom, Telefon, Porto,EdV,, Kfz, Gwerbesteuer, IHK-Gebühren,. Steurberater, Werbung etc.) und, wenn du das nötigste für Krankheit und Alter vorsorgst nochmal 16.000,- € für Versicherungen drauf. Dafür hast du eine 60 Studenwoche und weniger Freunde. Die Versicherung sitzt dir dauernd im Nacken weil du nicht genug produzierst und macht dich zum Depp. Vorsicht vor einem Fixum. Da werden dir Provisionen ausgezahlt, die du gar nicht verdient hast und auch nie verdienen wirst. Irgenwann kommt der Knall, die Zahlungen werden kräftig reduziert und du sitzt mit einem Berg Schulden da und wirst zum Leibeigenen der Versicherung. In ein Anstellungsverhältnis zurück kommst auch du nicht mehr. Einen "abgehalfterten Selbstständigen will keiner haben. Ich freue mich drauf wenn ich den Krempel in ca. 10 Jahren (mit 67 !) hinschmeißen kann, um dann sparsam und geizig mit meinen Spargroschen mein Alter zu finanzieren.

@f6cc4 -

wenn Sie es nach 35 Jahren nicht geschafft haben aus dem Bestand und den Folgeprovisionen zu leben, dann werden es noch harte 10Jahre.
Bei dieser Zeitspanne müssten Sie eigentlich schon die nächste Generation Ihrer Kunden aktiv betreuen können. Wenn nicht und wenn Sie immer wieder Ihre Kunden an die Konkurrenz verlieren, dann liegt das durchaus an Ihnen und Ihrer Betreuung. Denn zufriedene Kunden, zu denen man den persönlichen Kontakt halbwegs regelmässig pflegt, springen nicht so leicht ab.

Ihre Version ist aber auch deshalb nicht beispielhaft, denn wenn Sie mit den Versicherungen gut verhandeln ist auch eine Prämie für Bestandspflege/Erhaltung, Bonifikation in verschiedenen Sparten , Bürobeteiligungskosten etc. durchaus drinnen.

Nach dieser langen Berufszeit sollten Sie bei einigen Versicherern schon einen schönen Bestand haben und das ist die Grundlage für ein gutes Leben. Für Krankheit, Alter und Ruhestand muss jeder andere auch vorsorgen, das kann nicht das Problem sein.

Wenn Ihnen die Versicherungen "dauernd im Nacken sitzen bezüglich Produktion" , dann sind Sie nach so vielen Jahren wahrscheinlich immer noch in der falschen Branche. Kein Wunder, dass Sie diese Wahl inzwischen hassen.

Ich möchte damit nur anmerken, dass Erfolg im Verkauf - und das ist in allen Bereichen so - nur mit viel persönlichem Einsatz und vor allem der Freude im Umgang mit Kunden , möglich ist. Ihren Hass spürt der Kunde wahrscheinlich schneller, als Sie ihm die Hand geben können . LG

@baraba

Wahrscheinlich kommt es auch in großem Maße auf das Produkt drauf an. Man kann noch so nett sein, wenn das Produkt nix taugt, dann kommt man nicht vorwärts.

@ lenari - fast alle Finanzprodukte werden mit dem gleichen Wasser gekocht. Sie unterliegen gesetzlichen Vorgaben und werden verschieden gestaltet. Ich gebe Ihnen aber Recht, dass man von einem Produkt auch überzeugt sein muss, um es verkaufen zu können. Wie kommen Sie gerade auf Versicherungen ? Sind Sie aus der Branche ?

Und nett sein genügt absolut nicht, um im Verkauf erfolgreich zu sein. Es ist das Fachwissen und das wird weit unterschätzt.

Danke für deine Anwort. Mir ist schon klar, dass ich eine gute Ausbildung machen muss. Aber der Markt ist wohl hart umkämpft und nur für einen Minijob werde ich mich nicht weiterbilden, soviel steht schon mal fest.

@Lenari

Darf ich fragen, was Sie ursprünglich gelernt haben bzw. welche Schulausbildung ?

Einen Minijob würde ich auch nicht machen.

@baraba

Fachkauffrau Marketing.

Hallo, laut dem DIHK, wo sich alle registrieren lassen müssen, gab es offiziell im letzten Jahr 211.856 Versicherungsvertreter, 44.864 Versicherungsmakler und 203 Versicherungsberater in Deutschland. Der Markt wird aufgrund von Regulierungen immer enger und die Haftungsfallen immer größer.

Dazu kam in 2007 die Einführung der Versicherungs-Vermittler-Verordnung (VersVermV), die bestimmt, dass derjenige, der "einfach so" ein Büro eröffnen will, sich zuvor einer, wenn auch nicht besonders anspruchsvollen, Prüfung (Mindestqualifizierung) unterziehen muss. Erst nach bestandener Mindestqualifizierung zum "geprüften Versicherungsfachmann" darf man ein Büro eröffnen. Und dann musst Du als Vertreter eine Gesellschaft finden, die Dich als solchen beschäftigen will. Als Versicherungsmakler musst Du Dich, ohne Anbindung an Versicherungsgesellschaften, auf dem Markt erst einmal etablieren. In beiden Fällen musst Du Dir einen eigenen Kundenstamm über Jahre hinweg aufbauen, bei der Konkurrenz. Versicherer erwarten von Dir einen gewissen Jahresumsatz, sonst bist Du schneller draußen als Dir lieb ist. Die Kosten eines Büros sind nicht unerheblich, und wie die finanziert werden ist sehr unterschiedlich geregelt. Auch dieses ist zu klären.

Erkundige erst einmal danach und schau in Deiner Umgebung, welche Strukturen es da bereits gibt (Vertreter/Makler). Vllt. klärt das schon einige Deiner Überlegungen.

Hallo Lenari, es stellt sich für Dich die Frage, inwieweit Du schon in dieser Branche Erfahrung hast. Das ist nämlich - neben einer fundierten Ausbildung - das A und O.

Dann musst Du sehr genau kalkulieren, denn Büro etc. kostet erstmal . Die meisten fangen daher mit einem home-office an.

Deine Vorstellung, dass Leute zu Dir kommen um Versicherungen abzuschliessen ist eine Wunschvorstellung. Und wenn, dann maximal damit Du ihnen Ordnung in die Versicherungsmappe bringst und vielleicht den einen oder anderen Vertrag günstiger anbietest. Das ist aber kein Geschäft für Dich !!!! , nur Service.

Fast jeder hat "seinen " Versicherungsmenschen und Du musst auf jeden Fall persönlich an die Menschen herantreten, um sie für Dich zu gewinnen. Mit Klinkenputzen hat das aber nichts zu tun, ein ordentlicher Verkäufer arbeitet auf Empfehlungsbasis. Und wenn er gut arbeitet, wird er auch gerne weiterempfohlen !

Und eines noch : Je schlechter die Zeiten werden, umso eher versichern sich die Leute . Und nicht das Gegenteil ist der Fall. Allerdings schauen die Menschen umso mehr, eine günstige Prämie bei guten Leistungen zu bekommen. Da hat ein unabhängiger Versicherungsmakler oder - Agent auf jeden Fall den besseren Einstieg beim Kunden.

Jetzt ist noch die gewerbliche Seite zu berücksichtigen : Selbstständigkeit, Steuererklärung, Gewerbeanmeldung , einfache Buchhaltung , selber versichern, keine Arbeitslose bei Misserfolg , etc.

Solltest Du aber mit Agentur eine Generalvertretung eines Konzerns oder eines Strukturvertriebes meinen, dann geht Dein Plan finanziell so nicht mehr auf. Denn dann bist Du an Vorgaben gebunden und trägst mit den Kosten das Risiko Deines Erfolges trotzdem alleine. Die Provisionen teilst Du ausserdem mit anderen und angefangen von Seminaren etc. wird Dir alles in Rechnung gestellt.

Ich kann aus jahrzehntelanger Erfahrung sagen, dass es sehr gute Agenturen gibt, deren Chef aber auch noch nach Jahren selber immer wieder Kundenbesuche macht, um sein Geschäft auch so zu erhalten. Man muss einen Kunden mit der Schadenerledigung etc. andauernd aktiv betreuen und das bekommt man mit Provisionen nicht abgegolten. Du musst Dir also einen Kundenstamm aufbauen, den Du betreust und nebenher immer wieder Neukunden gewinnen, die die ordentlichen Provisionen bringen.

Kundenbesuche sind übrigens etwas sehr positives, wenn man immer korrekt gearbeitet hat , denn dann ist man auch immer willkommen. Hat also mit Klinkenputzen NULL zu tun.

Man kann auch nicht sagen, es gibt schon soundsoviele Versicherungsmenschen, denn man sagt ja auch nicht : es gibt schon soviele Autofahrer, da kauft keiner mehr ein Auto. Das sind eher die Argumente der loser in der Branche.

Wenn ich Dir raten darf, dann beantworte Dir selber ganz ehrlich meine erste Frage und dann weisst Du, ob Du eine Chance hast. Stürze Dich auf keinen Fall gleich am Anfang in Fixkosten, das kannst Du bei gutem Erfolg immer noch machen. Und sei bereit jahrelang zu jeder Tageszeit für Deine Kunden dazusein und Dich ständig fachlich fortzubilden. Dann hast Du gute Chancen. LG

jepp - wenn Du dir zutraust alleine ohne fremde Hilfe einen Kundenstamm aufzubauen und diesen zu halten. Die Kenntnisse besitzt deine Kunden rund um zu beraten und immer (das heißt zu jeder Zeit) bereit bist ihnen mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Wenn Du auf Freizeiten verzichten kannst, auch am Wochenende für deine Kunden da zu sein. Es dich nicht stört, wenn abends um 10 noch ein Anruf kommt. Dann könntest Du dafür geeignet sein.

Nur so einfach eine Versicherungsagentur zu eröffnen geht heute nicht mehr. Sinnvoll wäre zuerst eine Ausbildung zum Versicherungskaufmann zu machen, danach eine Weiterbildung zum Versicherungsfachmann.

Entscheidend ist noch auf welchen Bereich im Versicherungsaußendienst Du dich spezialisierst.

Privatkunden - ist das einfachste. Öffentlicher Dienst - dann darfst Du dich mit Gesetzen rumschlagen (Beamtenrecht, Tarifrecht - TVÖD, TVL, BAT) Ärzte - musst dir Kenntnisse über das Versorgungswerk der Ärzte aneignen. Gewerbe - musst Kenntnisse über das Handwerk haben. Industrie - musst dich mit Garantien, Gewährleistungen rumschlagen.

Dann sind noch Fachkenntnisse gefragt für den Krankenversicherungsbeich (Beihilferecht, SGB V), Betriebliche Altersversorgung (EStG usw.) Dann natürlich noch das VVG, BGB, StVO, FZV usw. und die vielen Versicherungsbedingungen.

Dann solltest Du Mitarbeiter ausbilden können und natürlich auch führen.

Sagen wir einmal nach so ca. 4 Jahren Einarbeitung im Außendienst solltest Du eine Provision von mindestens ca. 75.000 € p.a. verdienen um einigermaßen leben zu können.

Bitte beachten, alle Unkosten wie Werbematerial, Schreibmaterial, Büroeinrichtung, Auto, Versicherungen zahlst Du aus dem eigenen Säckel. (So ungefähr 20.000 € pro Jahr).

Wenn Du dies alles beherrscht und erreichst, dann ist deine Zukunft gesichert.

Was das wichtige aber noch ist: es sollte Spass machen diese Tätigkeit zu verrichten und auch deinen Kunden zu helfen.

Gruß Kematef