Nacharbeit bei Arbeitsausfall?

3 Antworten

Nein, das musst Du nicht.

Du wolltest arbeiten und durftest nicht. Damit befindet sich der Arbeitgeber nach Paragraf 615 BGB in Annahmeverzug. Er muss Dich jetzt so bezahlen als haettes Du gearbeitet.

Es können keine Minusstunden entstehen und es muss auch nicht nachgearbeitet werden.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung
Muss ich nun die angefallenen Fehlstunden nacharbeiten?

Nein!

Es gehört, neben der Bezahlung des Entgelts, zu den arbeitsvertraglichen Hauptpflichten des Arbeitgebers, den Arbeitnehmer für die vereinbarten Arbeitsstunden zu beschäftigen; das gilt selbstverständlich auch, wenn Du aufgrund eines Dienstplans oder einer sonstigen Anordnung des Arbeitgeber zur Arbeit eingeteilt warst.

Beschäftigt er den Arbeitnehmer nämlich nicht ausreichend oder nicht wie vereinbart/angeordnet - gleichgültig, aus welchen Gründen (ob er nicht kann oder nicht will, spielt keine Rolle, und auf ein "Verschulden" seinerseits kommt es nicht an) -, fallen die Konsequenzen aus der Minderbeschäftigung ihm zur Last; wenn also nicht genug Arbeit vorhanden ist, weil es an Aufträgen fehlt oder ein Kunde einen Auftrag storniert hat oder Du nicht arbeiten kannst, weil ein Kollege, auf den Du dafür angewiesen wärst, nicht zur Arbeit erscheint - das ist ja Dein Fall -, ist das das Risiko des Arbeitgebers, das er nicht auf den Arbeitnehmer abwälzen darf!

Der Arbeitnehmer ist also trotzdem so zu bezahlen, als hätte er die vereinbarten, tatsächlich aber nicht gearbeiteten Stunden doch geleistet, und muss die Minusstunden auch nicht nacharbeiten oder mit seinen Ansprüchen (Entgelt, Urlaub usw.) verrechnen lassen.

Geregelt ist das im Bürgerliche Gesetzbuch BGB § 615 "Vergütung bei Annahmeverzug und bei Betriebsrisiko":

Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. [...] [Das gilt] entsprechend in den Fällen, in denen der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt.

Aber:

Voraussetzung ist (eigentlich), dass der Arbeitnehmer diesen Zustand (dass er nicht für die vereinbarte Zeit beschäftigt wird) nicht widerspruchs- oder kommentarlos hinnimmt, sondern seine Arbeitskraft auch anbietet (!

Auch das ist gesetzlich festgelegt im BGB § 293 "Annahmeverzug":

Der Gläubiger kommt in Verzug, wenn er die ihm angebotene Leistung nicht annimmt.

in Verbindung mit § 294 "Tatsächliches Angebot":

Die Leistung muss dem Gläubiger so, wie sie zu bewirken ist, tatsächlich angeboten werden.

Du solltest also - möglichst - Deinem Arbeitgeber erklärt haben, dass Du mit der Nicht- oder Minderbeschäftigung (und wenn er Dich nachhause schickt) nicht einverstanden bist; aber vielleicht ist ihm diese Voraussetzung auch nicht bekannt.

Unter diesen Voraussetzungen bist Du also für die vereinbarten Arbeitsstunden der Spätschicht nach dem Dienstplan zu bezahlen, auch wenn Du sie tatsächlich - aber eben in der Verantwortung des Arbeitgebers (auch wenn der "Auslöser" der nicht erschienene Kollege ist) - nicht geleistet hast!

Diese Verpflichtung des Arbeitgebers entfällt nur dann, wenn dadurch seine wirtschaftliche Existenz tatsächlich, konkret und akut (beweisbar) bedroht würde, was hier ja wohl nicht anzunehmen ist.

Ein guter Arbeitgeber schenkt dir die Stunden, ein anderer lässt dich nachholen und ein Weiterer trägt da einfach Urlaub ein. Am besten du fragst Mal nach.

Lg

Ein guter Arbeitgeber schenkt dir die Stunden

Die Minusstunden werden dem Arbeitnehmer nicht "geschenkt", sondern fallen dem Arbeitgeber zur Last aufgrund der Bestimmungen nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch BGB § 615 "Vergütung bei Annahmeverzug und bei Betriebsrisiko".

ein anderer lässt dich nachholen

Das kann der Arbeitgeber nach dieser Bestimmung nicht wirksam verlangen.

ein Weiterer trägt da einfach Urlaub ein

Und das danach auch nicht; eine Verrechnung von Minusstunden mit Urlaub ist ohnehin nicht erlaubt.

was man darf und was wirklich passiert, sind 2 komplett verschiedene Dinge

@rtcsniper

Nicht immer, aber oft ...

Und das ist mir selbstverständlich bewusst - in der Regel (hier leider nicht) ergänze ich meine Antworten in solchen Fällen mit der Bemerkung, dass "Recht haben" und "Recht bekommen" leider viel zu oft zwei sehr verschiedene Dinge seien.

Trotzdem muss immer erst einmal die "Recht haben"-Seite geklärt und erklärt werden, denn nur dann ist der Arbeitnehmer in der Lage, sich Gedanken über seine möglichen Handlungsalternativen zu machen und zu entscheiden, ob und gegebenenfalls wie er vorgehen soll!