Mehr Stunden als vereinbart: Überstunden/Zeitausleich?

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Das ist ein übler Trick von so manchem Arbeitgeber - der Hintergrund:

Sie vereinbaren Teilzeitarbeitsverhältnisse und lassen die Arbeitnehmer aber wie Vollzeitarbeitskräfte arbeiten, um dann im Falle von Urlaub und Krankheit das entsprechende Entgelt auf der Grundlage der Teilzeitstunden zu berechnen und nicht nach der tatsächlich geleisteten höheren Stundenzahl. Damit glauben sie, gegenüber der Bezahlung von vertraglichen Vollzeitarbeitskräften Geld zu sparen. Das ist aber bei dauerhaft geleisteter Mehrarbeit rechtswidrig.

Zu den Überstunden:

Als Teilzeitkraft bist Du nicht verpflichtet, Überstunden zu leisten!

Davon gibt es eigentlich nur zwei Ausnahmen, die sich aus der besonderen Treuepflicht des Arbeitnehmers gegenüber dem Arbeitgeber ergeben: wenn Überstunden zur Abwendung oder Milderung einer konkreten Notsituation zwingend erforderlich werden und wenn ohne Überstunden der Betrieb nicht aufrecht erhalten werden kann

Ohne diese Voraussetzung darfst Du nach Recht und Gesetz die Leistung der Überstunden ablehnen.

Ob Du dieses Dein Recht allerdings gegenüber Deinem Arbeitgeber durchsetzen kannst oder willst, ist noch eine andere Frage: denn leider sind viel zu oft "Recht haben" und "Recht bekommen" zwei sehr verschiedene Dinge!

Im Übrigen ist eine Konsequenz von regelmäßig und dauerhaft geleisteten Überstunden, dass der Arbeitsvertrag sich stillschweigend (und wenn Du darauf bestehst) im Punkt "vereinbarte Wochenarbeitszeit" den tatsächlich (durchschnittlich) geleisteten Arbeitszeiten anpasst.

Was den Ausgleich von Überstunden betrifft, so ist er zunächst in Freizeit zu leisten, wenn es keine vertragliche Vereinbarung dazu gibt. Im Übrigen kommt es darauf an, wie man sich mit dem Arbeitgeber einigt.

Zum Urlaubsanspruch:

Bei einer 5-Tage-Woche beträgt der gesetzliche Urlaubsanspruch 20 Arbeitstage; gibt es im Betrieb allgemein einen höheren Urlaubsanspruch, gilt der auch für Dich.

Die Entgeltung bei Urlaub richtet sich nach den vereinbarten Arbeitsstunden, wobei Überstunden nicht mitberechnet werden - da haben wir den "Knackpunkt"!! Das gilt aber nicht für Überstunden, die regelmäßig und dauerhaft geleistet werden: sie sind ebenfalls zu berücksichtigen!

Erst Mal vielen Dank für die ausführliche Antwort. 

Zu "wenn Überstunden zur Abwendung oder Milderung einer konkreten Notsituation zwingend erforderlich werden und wenn ohne Überstunden der Betrieb nicht aufrecht erhalten werden kann" : Ich arbeite in einem Kino beim Popcornverkauf etc., kann da der Betriebsleiter sagen, ich muss Überstunden machen, wenn sonst kein anderer oder nur 1 - 2 Mitarbeiter dort wären?

Und zum Urlaub; Die 20 Tage sind auf das ganze Jahr bezogen, oder?

@amabel2

Ich arbeite in einem Kino beim Popcornverkauf etc., kann da der Betriebsleiter sagen, ich muss Überstunden machen, wenn sonst kein anderer oder nur 1 - 2 Mitarbeiter dort wären?

Nein!

Die Argumente "zu wenige Mitarbeiter" oder "sonst kein Mitarbeiter da" sind Ergebnis verfehlter Personalplanung - jedenfalls aber kein den Arbeitgeber berechtigender Grund, eine Teilzeitkraft zu Überstunden zu verpflichten!

Wenn Dein Fehlen im Popkornverkauf die Existenz des Betriebs akut gefährden würde, dann wäre das etwas Anderes - aber davon ist ja wohl kaum auszugehen!

Die 20 Tage sind auf das ganze Jahr bezogen, oder?

Richtig!

Du hast Anspruch auf 1/12 des Jahresurlaubs für jeden vollen Monat (nicht Kalendermonat, sondern Zeitraum) der Beschäftigung. Wenn das Arbeitsverhältnis bei Beendigung länger als 6 Monate bestanden hat und in der 2. Jahreshälfte endet, hast Du Anspruch auf den gesamten Jahresurlaub.

@Familiengerd

Okay, vielen Dank. Eine Frage noch: Meine Chefin hat mir heute zurückgeschrieben, dass "in diversen Wochen natürlich Überstunden anfallen und dafür in anderen Wochen diese wieder abgebaut werden" und gerade in der Einschulungsphase Mehrstunden anfallen, aber danach "versucht wird, konstant (abgesehen von starken Wochen) nicht übermäßig über die 30 Stunden zu kommen". Klingt das für Dich glaubwürdig bzw. durchführbar (bzw. was heißt "nicht übermäßig" darüberzukommen?)?

@amabel2

danach "versucht wird, konstant (abgesehen von starken Wochen) nicht übermäßig über die 30 Stunden zu kommen"

Das ist für mich schwer nachvollziehbar!

Wenn die Arbeit so geartet ist, dass sie einen zeitlich deutlich flexiblen Arbeitseinsatz erfordert, dann sollte das vertraglich auch so vereinbart werden, nicht aber mit einem festen 30-Stunden-Vertrag, der de facto und damit letztlich auch rechtlich auf einen wesentlich höhere Vertrag hinaus läuft.

Natürlich kann man sich auch als Teilzeitkraft darauf einlassen, während bestimmter Wochen mit höherem Arbeitsanfall länger, während anderer Wochen dann weniger zu arbeiten, so dass man im Durchschnitt auf seine vertraglich vereinbarte Stundenzahl kommt.

So eine Formulierung wie "konstant [..] nicht übermäßig über die 30 Stunden zu kommen" ist aber nach meiner Meinung bei einem Teilzeitvertrag inakzeptabel, weil sie beinhaltet, dass regelmäßig (!!) mehr als die vereinbarten 30 Stunden gearbeitet werden soll.

Wenn es darauf hinaus läuft, Du Dich auch darauf einlassen willst, um den Job zu behalten, dann solltest Du aber (nach der Probezeit) darauf bestehen, dass der Vertrag an die dauerhaft längere Arbeitszeit angepasst wird, um zu verhindern, dass der Arbeitgeber sich dieses von mir beschriebenen rechtswidrigen "Tricks" bedient (wie Vollzeit arbeiten lassen, bei Urlaub und Krankheit aber nur wie Teilzeit bezahlen).

Was "nicht übermäßig" konkret heißen soll, wird wahrscheinlich auch nicht einmal Deine Chefin wissen; es ist eine Floskel, und im Endeffekt ändert sich dann nichts an den bisher schon praktizierten arbeitszeitlichen Ansprüchen, die der Arbeitgeber an Dich stellt.

das alles steht in deinem Vertrag

Wer sagt das??

Da sind 30 Stunden vereinbart, über die eine Teilzeitkraft nicht hinausgehen muss (von ganz besonderen Umständen abgesehen)!

Was steht denn im Arbeitsvertrag zu Überstunden, flexibler Arbeitszeit usw.?

Ich denke, ihm ist es egal, wieviele Stunden du im Vertrag hast, er teilt dich ein, wie er meint, dich zu brauchen... Rede mit ihm und teile ihm mit, dass du nicht regelmäßig Überstunden machen willst und kannst. Sonst hättest du ja gleich eine Vollzeitstelle nehmen können. Überstunden muss der AG anweisen und sie dann auch bezahlen, wenn du sie nicht abbummeln kannst. Das Arbeitszeitgesetz solltest du dir auch nochmal anschauen. Auf wieviele Arbeitstage sind denn z.B. die 48 Stunden in der Woche verteilt? Hast du genug Pausen? Ist die Ruhezeit von 11 Stunden zwischen Ende der Arbeit und Beginn am anderen Tag sichergestellt?

Hi, erst mal vielen Dank. Ja, es irritiert mich eben noch zusätzlich, weil sie von vornherein keine Vollzeitstellen ausgeschrieben haben und auch nicht einstellen wollten. Ich arbeite 5 Tage in der Woche - laut Dienstplan zwischen 3 und 10,75 Stunden pro Tag. Ab 6 Stunden können wir eine halbe Stunde Pause machen, da ich davon ausgegangen bin, dass ich jeden Tag 6 Stunden arbeiten würde, habe ich nicht nachgefragt, wie es bei mehr Stunden ist.

@amabel2

Das sieht mir eher so aus, dass sie eigentlich eine Vollzeitstelle brauchen, aber es nicht bezahlen wollen und daher einen 30-Stunden-Vertrag gemacht haben. Das Ganze wird wahrscheinlich in der Hoffnung gemacht, dass der AN dann unentgeltlich Überstunden und nicht den Mund aufmacht.

Rede also mit dem AG - wenn das ein vorübergehender Zustand ist, z.B. weil jemand im Urlaub ist, und die Stunden bezahlt werden, würde ich es erstmal machen. Wenn nicht, dann nicht. Lass dich nicht ausbeuten.

grundsätzlich gilt die Stundenanzahl in deinem Arbeitsvertrag !

Danach wirst du ja auch bezahlt .... und überstunden müssen mit dem AG

abgesprochen werden !

Also meinst du, dass ich den AG fragen muss, wie das gehandhabt wird?