Kann man zur Pflichtfeuerwehr einberufen werden, trotzdem man in einer anderen Hilfsorganisationen ist?

5 Antworten

Schwierig...

Die meisten anderen HiOrg sind private Einrichtungen ohne öffentlich-rechtlichen Charakter; die Feuerwehren sind öffentlich-rechtliche Einrichtungen.

Sollte eine Gemeinde also eine Pflichtfeuerwehr einberufen, dann dürfte die Mitgliedschaft in einer sonstigen HiOrg nicht vor der Einberufung schützen.

Faktisch dürfte aber keine Gemeinde so jemand einziehen, da man ja auf ein funktionierende Pflichtfeuerwehr wert legt und wenn man andere HiOrg Mitglieder einzieht, wird es immer Kollisionen geben und das ist ja nicht Sinn der Sache.

Hallo reserveclaas,

Grundlage für das Feuerwehrwesen sind die jeweiligen Landesgesetze. In sofern weichen die Regelungen da von Bundesland zu Bundesland etwas ab.

Beispielsweise besagt in Schleswig-Holstein der §16 des Brandschutzgesetzes:

[...]
(3) Alle Bürgerinnen und Bürger vom vollendeten 18. bis vollendeten 50. Lebensjahr sind verpflichtet, Dienst in der Pflichtfeuerwehr als ehrenamtliche Tätigkeit für die Gemeinde zu übernehmen und auszuüben, sofern sie nicht nachweisen, daß sie den gesundheitlichen Anforderungen des Feuerwehrdienstes nicht gewachsen sind. § 20 der Gemeindeordnung für Schleswig-Holstein gilt entsprechend.
[...]

Nach Absatz 3 können also theoretisch alle Bürger/innen im Alter von 18 bis 50 "eingezogen" werden, sofern sie gesundheitlich dazu in der Lage sind.

Allerdings steht dort auch, dass der §20 GO entsprechend gilt. Und dieser besagt:

(1) Bürgerinnen und Bürger können die Übernahme eines Ehrenamts oder einer ehrenamtlichen Tätigkeit ablehnen oder ihre Abberufung verlangen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Ob ein wichtiger Grund vorliegt, entscheidet die Gemeindevertretung; sie kann die Entscheidung übertragen.
(2) Als wichtiger Grund im Sinne des Absatzes 1 gilt besonders, wenn die Bürgerin oder der Bürger
1. bereits mehrere öffentliche Ehrenämter innehat,
2. ein geistliches Amt verwaltet,
3. ein öffentliches Amt verwaltet, soweit die Anstellungsbehörde feststellt, dass das Ehrenamt oder die ehrenamtliche Tätigkeit mit ihren oder seinen Dienstpflichten nicht vereinbar ist,
4. schon sechs Jahre als Mitglied der Gemeindevertretung tätig war oder ein öffentliches Ehrenamt ausgeübt hat,
5. bereits mehrere Vormundschaften; Pflegschaften oder Betreuungen führt,
6. häufig oder langdauernd von der Gemeinde geschäftlich abwesend ist,
7. anhaltend krank ist,
8. mindestens 60 Jahre alt ist,
9. durch die Ausübung des Ehrenamts oder der ehrenamtlichen Tätigkeit in der Fürsorge für den Haushalt der Familie besonders belastet wird.

So gesehen könnte man bei einer Einberufung zur Pflichtfeuerwehr mit einem der in der GO genannten Gründe Einspruch einlegen. Ob die Gemeindevertretung diesem Einspruch dann zustimmt oder ihn ablehnt, bleibt allerdings ihr überlassen (siehe "Ob ein wichtiger Grund vorliegt, entscheidet die Gemeindevertretung").
In der Vergangenheit kam es ja bereits mehrfach zur Einberufung einer Pflichtfeuerwehr. Und eben dort wird, zumindest in der ersten Einberufungswelle, gerne auf bereits ausgebildete Feuerwehrleute zurückgegriffen. Denn die Ausbildung neuer Feuerwehrleute dauert Monate bis Jahre, die Wehr muss aber schnellstmöglich wieder einsatzbereit sein. Die bereits ausgebildeten Feuerwehrleute haben dabei oftmals schon viele Dienstjahre hinter sich. Sie hätten also nach §20 GO die Möglichkeit, Einspruch gegen die Verpflichtung einzulegen. Doch der würde wahrscheinlich (mangels Alternativen) vom Gemeinderat abgelehnt werden.

Und um auf Deine Ausgangsfrage zurückzukommen: Da könnte Absatz 2, 1 in Frage kommen. Allerdings kommt es da auch darauf an, was Du bislang getan hast bzw. in welchen Organisationen/Einheiten Du tätig bist. Denn hier ist ganz klar von einem "öffentlichen Ehrenamt" die Rede. Der ehrenamtliche Fußballtrainer oder Vereinsvorsitzende des Schützenvereins nimmt beispielsweise kein öffentliches Ehrenamt wahr, da es sich hier um (privates) Vereinswesen handelt. Als Einsatzkraft des THW als Bundesanstalt oder der kommunalen freiwilligen Feuerwehr übernimmt man hingegen ein öffentliches Ehrenamt.
Bei den Hilfsorganisationen wie DRK, DLRG etc. ist das dann immer so eine Frage... denn das sind primär erst einmal "nur" Vereine, welche eine große Bandbreite von Aufgaben übernehmen und abdecken (Altenpflege, Kindergärten, Blutspendedienst, Besuchsdienst... aber eben auch Sanitätsdienst, Betreuungsdienst usw.).
Da kann man sagen: In dem Moment, wo die HiOrg bzw. deren Teileinheit in den Katastrophenschutz mit eingebunden ist (z.B. im Bereich der Wasserrettung oder des erweiterten Rettungsdienstes, Betreuung von Evakuierten usw.), handelt es sich definitiv um ein öffentliches Ehrenamt.
Ob das dann "ausreicht", um gegen eine Einberufung zur Pflichtfeuerwehr erfolgreich vorzugehen, das ist dann natürlich wieder eine Frage dessen, wie der Gemeinderat entscheidet.

Aber wie gesagt: Dies zeigt jetzt die Situation in Schleswig-Holstein auf. In anderen Bundesländern kann das anders aussehen.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

Also ganz sicher bin ich mir hier zwar nicht, aber der THW-Dienst sollte auf jeden Fall zählen. (ist bei der Wehrpflicht glaube ich auch so) DRK, DLRG zählt wohl nicht offiziell, kann aber sicher dazu führen das man frei gestellt wird. Müsste man dann aber mit dem Träger besprechen.

Droht bei euch eine Pflichtfeuerwehr integriert zu werden??

Woher ich das weiß:Hobby
reserveclaas 
Fragesteller
 07.08.2018, 12:51

Momentan bei uns Gott sei Dank nicht, aber weil ich vor ein paar Wochen das mit den Pflichtfeuerwehren gesehn hab, hat es mich halt interessirrt, und weil ich bis jetzt keine sinnvolle Antwort im Internet gefunden habe.

Das kommt dann auf die Gemeindeverordnung an. Dort ist oftmals angegeben dass man nicht einberufen werden kann wenn man bereits Ehrenämter ausübt

Das wird in der Praxis nicht passieren...

Jannis8745  07.08.2018, 07:22

Doch, in Norddeutschland öfters mal..

112Andre18  07.08.2018, 08:51

Direkt bei uns vor der Tür in u.a. Friedrichstadt gibt es eine Pflichtfeuerwehr

26Sammy112  07.08.2018, 09:53

Doch. Es ist bereits passiert und wird in Zukunft noch öfter passieren.
Warum? Städte und Gemeinden sind gesetzlich verpflichtet, den Brandschutz und die techn. Hilfeleistung sicherzustellen. Und dort, wo sich nicht (mehr) genügend freiwillige finden (und die Entfernungen zu anderen Wehren zu groß sind), ist die Kommune dann gezwungen, eine Pflichtfeuerwehr einzurichten.

Aktuell gibt es Pflichtfeuerwehren in List auf Sylt (SH), Friedrichstadt (SH), Burg/Dithm. (SH) und Altwarp (MV).
In Malchow (MV), Kusel (RP) und Pietzpuhl (SA) gab es zwischenzeitlich Pflichtfeuerwehren, die inzwischen wieder in freiwillige Feuerwehren umgewandelt werden konnten.

Die Gründe, wie es zur PF gekommen ist, sind vielfältig. Gerade in List auf Sylt ist es so, dass der Großteil der Grundbesitzer dort lediglich ihren Zweitwohnsitz oder ihr Feriendomizil auf Sylt haben. Und unter den (wenigen) wirklich einheimischen haben sich dann irgendwann nicht mehr genügend freiwillige gefunden.
Andernorts ist ein Großteil der Mitglieder aus Protestgründen aus der Wehr ausgetreten, weil die Kommune dieses oder jenes nicht genehmigen wollte, die Ausrüstung veraltet und unsicher war oder was auch immer.